Kein ESC in Zürich«Überrascht», «Zero Points!», «Nichts begriffen» – Die Reaktionen zum Zürcher ESC-Aus
Die SRG wirft Zürich aus dem ESC-Rennen. Das weckt Emotionen.
Um 9.14 Uhr traf die E-Mail mit dem schriftlichen SRG-Entscheid bei der Stadt Zürich ein: Der Eurovision Song Contest (ESC) wird im kommenden Jahr definitiv nicht in Zürich stattfinden. Nur Basel und Genf bleiben im Rennen, Bern/Biel ist ebenfalls ausgeschieden.
Damit hat in Zürich kaum jemand gerechnet.
Die Stadt ist vom Entscheid überrascht. Die Stadtpräsidentin Corine Mauch schreibt in einer Medienmitteilung: «Zürich und der ESC – das hätte einfach gepasst. Wir sind entsprechend enttäuscht über den Entscheid der SRG.» Ganz viele Personen hätten in den letzten Wochen «viel Energie und Herzblut in eine starke Kandidatur gesteckt».
Auch der Präsident der Stadtzürcher FDP, Përparim Avdili, ist aufgebracht. «Ich habe selbstverständlich damit gerechnet, dass Zürich mindestens in die engere Auswahl kommt.» Zürich hätte alles mitgebracht, die Erfahrung, die Infrastruktur – rational ergebe der Entscheid überhaupt keinen Sinn, sagt er. Aber offensichtlich wolle die SRG den Event in der Romandie, also in Genf. Denn: «Die Basler Kandidatur ist aussichtslos, die haben die Hallen dazu schlicht nicht.»
Marco Denoth von der SP hat eine andere These als Avdili. Er glaubt, Genf sei nur noch «Alibikandidatin». Da der ESC früher bereits in der Romandie und im Tessin stattgefunden habe, sei jetzt Basel Topkandidatin. Was Basel aber besser als Zürich qualifiziere, kann sich der enttäuschte Gemeinderat nicht erklären: «Vielleicht hat Basel einfach besser lobbyiert.»
FDP stand hinter ESC in Zürich
Im Zürcher Gemeinderat waren sich alle Parteien weitgehend einig: Zürich soll sich für den ESC bewerben. Einziger Streitpunkt: die Art und Weise und mit welchem Geld.
Die FDP stand von Anfang an hinter der Zürcher ESC-Kandidatur und sprach sich für die Steuermillionen für den Event aus. «Wer sich in Zürich dagegen wehrte und sich nun über den Negativentscheid freut, hat nichts begriffen», sagt Avdili. Steuergelder würden sowieso ausgegeben, nur die Wertschöpfung sei jetzt abgewandert. Zum Teil sogar ins Ausland: «In den Grenzregionen Basel und Genf werden vor allem auch unsere Nachbarländer wirtschaftlich profitieren.»
Die SVP war lautstärkste Kritikerin im Gemeinderat: Die Stadt dürfe nicht 20 Millionen Steuergelder in einen Grossevent investieren, ohne zumindest die Stimmbevölkerung zu befragen. Dennoch bedauert SVP-Gemeinderat Sebastian Zopfi den Entscheid. «Es ist schade, es wäre ein Event mit grosser Wertschöpfung gewesen, wenn er durch private Investoren finanziert worden wäre.»
«Züri isch ESC» sagt: «Zero Points!»
Die EDU, die Junge SVP und der Bund der Steuerzahler ergriffen kürzlich das Referendum gegen die ESC-Gelder in Zürich. Dass dieses Referendum auf den SRG-Entscheid gegen Zürich eine Auswirkung gehabt habe, glaubt SVP-Gemeinderat Sebastian Zopfi nicht. «Die Referendumsdrohung hat es auch in anderen Städten gegeben», sagt er. Nun sei er erleichtert, dass «wir den administrativen Aufwand nicht haben, in kürzester Zeit ein Referendum ergreifen zu müssen, und sich das Problem von allein gelöst hat».
Für Thomas Lamprecht, Zürcher Kantonsrat und Vizepräsident der EDU Schweiz, ist nun «für Zürich das Ziel erreicht». Den Widerstand in den anderen Städten erhält die EDU weiterhin aufrecht.
Das Komitee «Züri isch ESC», das seit einigen Tagen mit Prominenten sowie Personen aus Wirtschaft und Politik für einen ESC in Zürich warb, kommentierte den Entscheid nüchtern mit: «Zero Points!»
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Zwei Gründe gegen Zürich
Wieso sich die SRG gegen Zürich entschieden hat, wurde aus der Mitteilung der SRG nicht klar ersichtlich.
In einem Videocall am Freitagmorgen konnte die Stadt Zürich Fragen zum Entscheid stellen. Zwei Punkte hätten gegen die Kandidatur von Zürich gesprochen, sagt Lukas Wigger, Sprecher des Präsidialdepartements. Erstens hätten andere Städte der SRG ein Angebot gemacht, das diese finanziell stärker entlaste. Zweitens schätze die SRG das Referendumsrisiko in Zürich höher ein als andernorts.
Wigger sagt dazu: «Die Stadt Zürich hat ihren finanziellen Spielraum mit dem Rahmenkredit über 20 Millionen Franken ausgereizt.» Ansonsten hätte es zwingend eine Volksabstimmung geben müssen. Der Stadtrat sei zudem überzeugt, dass eine Mehrheit der Zürcher Stimmberechtigten hinter dem ESC in Zürich gestanden wäre.
Basel hielt sich bedeckt
Bei der ESC-Austragung geht es für die Standorte um viel. Viel internationale Aufmerksamkeit, viel Geld und viele Besucherinnen und Besucher. Über 150 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer dürften das Spektakel auf ihren Bildschirmen verfolgen.
Entsprechend preschte die Politik in fast allen Städten mit Millionenversprechen vor. Einzig die Basler hielten sich bedeckt. Sie haben bis zum Vorentscheid der SRG nicht öffentlich gemacht, wie viel Geld sie zu investieren bereit sind. Die Basler Regierung sprach lediglich von einem «zweistelligen Millionenbetrag». Es konnte entsprechend auch kein Referendum gegen einen Kredit ergriffen werden. Das Versteckspiel scheint bislang aufgegangen zu sein.
Wo der Eurovision Song Contest definitiv stattfinden wird, wird Ende August entschieden.
Fehler gefunden?Jetzt melden.