Eurovision-Entscheid der SRGNur Basel und Genf bleiben im Rennen – was das bedeutet
Im Gerangel um den ESC 2025 sind Zürich und Bern ausgeschieden. Damit wird der Event in der Basler St.-Jakobs-Halle oder im Genfer Zentrum Palexpo stattfinden. Wer wie punktet.
Es geht um viel Prestige, Geld und internationale Aufmerksamkeit. All dies winkt jener Stadt, die im kommenden Mai den Eurovision Song Contest (ESC) austragen darf. Über 150 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer dürften das Spektakel auf ihren Bildschirmen verfolgen. Ihnen kann sich Basel oder Genf im besten Licht zeigen. Ein Traum für Touristikerinnen und Touristiker.
Bereits die Austragung selbst birgt ein grosses ökonomisches Potenzial. Zehntausende werden wegen des ESC in die Schweiz reisen und hier übernachten, essen und konsumieren. Es winkt also ein Riesengeschäft für Hotels, Restaurants und Gewerbe. Sie dürften weit mehr Geld verdienen, als der Austragungsort für den ESC ausgeben muss.
Entsprechend gross ist das Interesse unter den Städten, den Eurovision Song Contest 2025 bei sich austragen zu dürfen. Nachdem Nemo den Anlass mit seinem Sieg im schwedischen Malmö in die Schweiz geholt hat, sind gleich vier Bewerbungen bei der SRG eingegangen – aus Zürich, Genf, Basel und Bern/Biel.
Nun hat der Steuerungsausschuss unter der Leitung von SRG-Generaldirektor Gilles Marchand entschieden: Von den vier Städten bleiben nur noch Basel und Genf übrig. Sie ziehen gewissermassen ins Finale ein, in dem definitiv ausgemacht wird, wer das Spektakel veranstalten darf. Zürich und Bern sind ausgeschieden.
Die Basler Zurückhaltung zeigt Erfolg
Damit scheint sich das Versteckspiel für die Basler ausbezahlt zu haben. Sie haben bis zum Vorentscheid der SRG nicht öffentlich gemacht, wie viel Geld sie zu investieren bereit sind. Die Basler Regierung sprach lediglich von einem «zweistelligen Millionenbetrag». Entsprechend hat das Parlament auch noch keinen Kredit gesprochen, wodurch auch noch kein Referendum ergriffen werden konnte.
Der SRG haben die Basler aber sehr wohl einen Betrag versprochen. 30 bis 35 Millionen Franken sollen für Infrastruktur, Sicherheit, Rahmenveranstaltungen, Transporte und Destinationsmarketing fliessen, wie der Basler Regierungsrat erst am Freitag mitgeteilt hat. Er freue sich sehr, dass die Bewerbung von Basel bei der SRG Anklang gefunden habe.
Die ESC-Liveshows sollen in der St.-Jakobs-Halle ausgetragen werden. Wer dort kein Ticket ergattern kann, kann das Spektakel allenfalls im Fussballstadion Joggeli verfolgen. Das Public Viewing in dieser «Arena Plus» würde Platz für 20’000 Fans bieten. Hinzu kommt die «Eurovision Street» in der Ausgehmeile Steinenvorstadt und eine Bühne für lokale Bands auf dem Barfüsserplatz.
Die Basler Bewerbung steht unter dem Motto «Crossing Borders» (Grenzen überschreiten) und kommt am Rheinknie selbst bei der SVP gut an. Während der schweizerische Präsident Marcel Dettling von einem «peinlichen Regenbogen-Anlass» sprach, hat sich der Präsident der SVP Basel-Stadt für den ESC starkgemacht. Seine Partei will denn auch kein Referendum ergreifen.
Die EDU hingegen will auch in Basel Unterschriften sammeln, wie Kantonalpräsident Luzian Messina bestätigt. Dafür braucht es aber einen Parlamentsbeschluss. Und der soll erst erfolgen, wenn Basel den Zuschlag definitiv erhalten hat.
Doch kein «match» für Zürich
Ein ganz anderes Tempo haben die Zürcher angeschlagen. Bereits Anfang Juli hat das Stadtparlament einen Kredit von 20 Millionen Franken gesprochen. Dagegen haben die EDU, die Junge SVP und der «Bund der Steuerzahler» das Referendum ergriffen. Gut möglich, dass dies Zürich nun zum Verhängnis geworden ist.
Bei ihrem Auftritt vor dem Parlament sagte Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) noch: «It’s a match!» Der ESC passe zu Zürich. Offensichtlich sieht das die SRG etwas kritischer.
Der Zürcher Stadtrat bedauert den Entscheid der SRG, wie er mitteilt. «Ganz viele Zürcherinnen und Zürcher – ausserhalb und innerhalb der Stadtverwaltung – haben in den letzten Wochen enorm viel Energie und Herzblut in eine starke Kandidatur gesteckt», sagt Stadtpräsidentin Mauch. Man werde nun die Gründe für den negativen Entscheid der SRG genau analysieren.
Genf wirbt als «internationalste Stadt der Schweiz»
Jubeln darf dagegen neben Basel auch Genf. Hier stehen die Chancen sogar noch etwas besser als am Rheinknie, weil die SRG in Genf bereits eine grosse Fernsehinfrastruktur hat. Das spart Transport- und Übernachtungskosten.
Die Stadt möchte den ESC auf dem Palexpo-Messegelände gleich neben dem Flughafen durchführen. Mit Letzterem werben die Genfer Behörden denn auch – ebenso wie mit dem breiten Hotelangebot. Die UNO-Stadt verweist überdies auf ihre «Weltoffenheit» und preist sich als «internationalste Stadt der Schweiz» an.
In Genf befindet sich auch der Sitz der Europäischen Rundfunkunion (EBU), die den ESC ins Leben gerufen hat und den Anlass noch heute mitveranstaltet. 2025 feiert die EBU ihr 75-Jahr-Jubiläum. Gewissermassen als Geburtstagsgeschenk will Genf nur wenige Hundert Meter vom EBU-Sitz entfernt den Eurovision Song Contest austragen.
Bürgermeisterin Christina Kitsos freut sich sehr über den Entscheid der SRG. Als «Knotenpunkt der Ideen, der Kulturen und des Friedens» sei Genf «am besten geeignet, um diesen Grossanlass zu veranstalten».
Die Stadt und der Kanton sind bereit, sich mit 30 Millionen Franken an der Organisation zu beteiligen. Noch haben die Parlamentarier das Geld aber nicht gesprochen. Entsprechend konnte auch noch kein Referendum ergriffen werden. Die EDU will allerdings auch in Genf Unterschriften sammeln, obwohl sie dort nur schwach vertreten ist. Möglicherweise helfen auch einzelne Vertreter der SVP mit. Die Volkspartei selbst will das Referendum in Genf jedoch nicht ergreifen, wie ihr Kantonalpräsident Lionel Dugerdil sagt.
Nemos Wunsch geht nicht in Erfüllung
Bis sich klärt, ob in Genf ein Referendum zustande kommt, dürfte die SRG längst entschieden haben, wo der Eurovision Song Contest stattfinden soll. Der Steuerungsausschuss will nämlich bis Ende August beschliessen, wer als Sieger aus dem Finale hervorgeht. Basel oder Genf.
Nemos Wunsch hingegen, den ESC 2025 wenigstens teilweise zu sich nach Biel zu holen, geht nicht in Erfüllung. Der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried kann die Begründung der SRG nachvollziehen. Diese hat nämlich gleich ein doppeltes Risiko moniert.
Zum einen hätte der ESC als allererste Veranstaltung in der erst nächstes Jahr fertiggestellten Festhalle von Bernexpo stattfinden sollen. Zum anderen erachtete die SRG das Referendumsrisiko in Bern als zu hoch. Graffenried ist zwar enttäuscht, sagt aber auch: «Unabhängig davon, ob der Song Contest in Basel oder Genf stattfindet, wird auch die Stadt und Region Bern von zusätzlichen Touristen und Touristinnen profitieren.»
Auch Nemo kann sich damit trösten, dass Biel nicht weit von Basel und Genf entfernt ist. Beide Städte sind mit dem Zug in weniger als 100 Minuten erreichbar.
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