«Es ist zentral, dass der Flugbetrieb aufrechterhalten wird»
Vom Corona-Grounding der Passagierflugzeuge ist auch die Luftfracht betroffen. Nun könnten Maschinen umfunktioniert werden.
In der Corona-Krise legen Fluggesellschaften weltweit ihre Flotten still, der Passagierverkehr beschränkt sich praktisch auf Touristen, die in ihre Herkunftsländer zurückreisen. Davon betroffen ist die Luftfracht, die in Passagiermaschinen mitfliegt. Knapp die Hälfte der Luftfracht weltweit erreicht den Zielort auf diese Weise, als «Bellyfracht». In der Schweiz transportieren die Schweizer Gesellschaften rund 70 Prozent dieser Waren, doch auch deren Flugzeuge sind mittlerweile zum grössten Teil parkiert.
Der Engpass trifft Schweizer Betriebe und KMU hart, wie die Switzerland Global Enterprise schreibt, welches das Exportgeschäft im Auftrag des Seco fördert. Die Preise für die Luftfracht hätten sich verzehnfacht, Lieferketten seien unterbrochen. Die Betriebe hätten akute Probleme, weil die Lagerbestände oftmals niedrig seien – bisher war ja immer alles schnell verfügbar. Doch auch gut vorbereitete Firmen leiden, denn sie können ihre Güter nicht versenden und somit nicht an wartende Kunden ausliefern.
Swiss will Nur-Frachtflüge durchführen
Die Lufthansa-Gruppe arbeitet an Szenarien zur Warenversorgung trotz der weitgehenden Stilllegung der Passagierfliegerei. «Lufthansa wird alles dafür tun, um die Lieferketten für die Versorgung der Bevölkerung aus der Luft aufrechtzuerhalten», sagte gestern Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Man arbeite mit Hochdruck an einer Luftbrücke für Deutschland, beispielsweise mit Jumbos, die für Frachtflüge eingesetzt werden könnten.
Auch bei der Swiss sind solche Szenarien in Diskussion, denn das meiste Luftfrachtgut kommt mit Passagierflugzeugen in die Schweiz, es gibt nur wenige spezielle Frachtflüge. Die Option bestehe, dass Swiss WorldCargo mehrere Nur-Frachtflüge durchführe, erklärt Mediensprecher Florian Flämig auf Anfrage. Ein Entscheid wurde aber noch nicht getroffen.
Flughafen will Betrieb aufrechterhalten
Solche Flüge unterstützen würde der Flughafen Zürich. Mediensprecherin Raffaela Stelzer sagt, dass die Nachfrage nach Luftfracht wegen der stark gesunkenen Kapazitäten in Passagierflugzeugen gestiegen sei. «Aus unserer Sicht ist für die Schweiz zentral, dass der Flugbetrieb weiterhin aufrechterhalten werden kann – auch für die Luftfracht.»
Cassis: Schweizer sollen zurückkommen
Der Flughafen Zürich geht davon aus, dass die Strassenfracht zwischen Flughäfen – diese macht derzeit rund ein Viertel der Luftfracht aus – zunehmen werde. Möglich sei auch ein Einsatz von Passagierflugzeugen ausschliesslich für den Frachttransport.
Der Flughafen Zürich geht derzeit jedoch nicht davon aus, dass es schon in den kommenden Tagen zu einem vermehrten Einsatz von reinen Frachtflugzeugen kommt. Auch eine Anpassung der Betriebszeiten wie in Deutschland, wo die Flughäfen die Nachtflugeinschränkungen gelockert haben, zeichne sich nicht ab.
Sonderflüge von Logistikunternehmen
Bereits gehandelt hat das Logistikunternehmen Ceva mit Hauptsitz in Baar, welches kurzfristig 86 Frachtflugzeuge gechartert hat, um Lieferketten in der Auto-, Luftfahrt- Computer- und Hightechbranche versorgen zu können. 58 Flüge wurden bereits durchgeführt, die meisten zwischen asiatischen und amerikanischen Metropolen sowie zwischen Asien und Amsterdam oder Brüssel.
Flüge in die Schweiz gab es gemäss Ceva nicht. Hier macht die Luftfracht am Gesamtanteil der Importe und Exporte jeweils weniger als ein Prozent aus – gewichtsmässig. Am Flughafen Zürich sind es täglich knapp 1000 Tonnen geflogene Fracht. Der Wertanteil liegt dagegen bei rund 15 Prozent (Importe) bis 30 Prozent (Exporte), weil viele hochspezialisierte Güter oder Luxusprodukte via Luftfracht verschickt werden, beispielsweise Uhren.
Lebensmittel kaum betroffen
Lebensmittel kommen dagegen praktisch ausschliesslich über Land oder per Schiff in die Schweiz, ihr Anteil an der Luftfracht beträgt weniger als 10 Prozent.
Und mit Lebensmitteln ist die Versorgung ohnehin sichergestellt, wie das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung schreibt. Selbst im Notfall hätte es in Pflichtlagern noch Vorräte für 3-4 Monate. Auch Medikamente sind dort gelagert. Derzeit gebe es auf dem Schiffsweg aber eher mehr freie Kapazität als sonst, weil aus Fernost weniger Ware eintreffe. Nun rollt die Produktion in China aber bereits wieder an (selbst in Wuhan, wie unser Korrespondent hier berichtet).
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