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Gleichstellung aus Sicht der UNO
«Es gibt nicht zu leugnende Rückschritte im Leben von Frauen»

Sima Bahous, Vorsitzende der UNO-Frauenorganisation UN Women.
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Sima Bahous hat viele Zahlen zu präsentieren. Zahlen, die für sich sprechen: So ist nur eines von vier Parlamentsmitgliedern weltweit weiblich und weniger als zehn Prozent der Staats- und Regierungschefs. Mehr als 100 Länder hatten noch nie eine weibliche Führung, und im Jahr 2020 waren nur vier Prozent der Rednerinnen und Redner während der UNO-Generalversammlung Frauen.

Wenn das in diesem Tempo weitergehe, so die Vorsitzende der UNO-Frauenorganisation UN Women, dann werden Frauen und Mädchen in den nächsten 300 Jahren keine vollständige Gleichstellung mit Männern und Jungen erreichen. «Ich glaube nicht, dass irgendjemand von uns 300 Jahre warten möchte», sagt Bahous im Rahmen der UNO-Vollversammlung in New York diese Woche.

«Unsere Daten zeigen, dass es nicht zu leugnende Rückschritte im Leben von Frauen gibt», sagte Sima Bahous. Verschlimmert hätten ihre Lage die weltweiten Krisen bei Einkommen, Sicherheit, Erziehung und Gesundheit.

Deshalb ist es nun offenbar Zeit für einen neuen Zusammenschluss weiblicher Regierungschefinnen. Die «UNGA Platform of Women Leaders» entsteht in unruhigen Zeiten – mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, der weltweiten Klima- und Energiekrise und – gerade ganz aktuell – dem Freiheitskampf iranischer Frauen nach dem gewaltsamen Tod von Mahsa Amini.

Verfechterin von Mädchen- und Frauenrechten

Eine Reaktion darauf sei der neue Verband nicht, geplant war er schon länger, sagt Bahous. «Wir wissen, dass Länder, die von Frauen geführt werden, besser auf Corona reagiert haben. Wir wissen, dass Frieden früher erlangt wird und länger anhält, wenn Frauen eine führende Stimme im Streben nach Frieden haben.» Letztlich würden alle davon profitieren, wenn mehr Frauen Führung übernähmen, im politischen wie im privaten Leben.

Im September 2021 ernannte UNO-Generalsekretär António Guterres die gebürtige Jordanierin zur Vorsitzenden von UN Women. Er beschrieb Bahous als «eine Verfechterin der Mädchen- und Frauenrechte». Die Diplomatin blickt auf eine 35 Jahre lange Karriere zurück, sie sammelte Führungserfahrung auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene und war damit ziemlich oft sehr einsam unter den vielen Männern.

Geboren 1956, verbrachte Bahous die ersten Jahre in ihrer Heimat Jordanien, ihren Bachelor in Englischer Literatur absolvierte sie an der Jordan University, danach zog es sie ins Ausland: An der University of Essex studierte Bahous Literatur und Theater, an der Universität Indiana erlangte sie einen Doktortitel in Massenkommunikation.

«Wir brauchen die ganze Bandbreite an Lebenserfahrungen und Führungstalenten von Frauen.»

Sima Bahous, Vorsitzende UN Women.

Nach ihrem Studium arbeitete Bahous, die neben Arabisch auch fliessend Französisch und Englisch spricht, in zahlreichen Institutionen: Sie leitete die Kommunikationsabteilung des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, Unicef, sie arbeitete bei der Weltgesundheitsorganisation im jemenitischen Sanaa und machte zuletzt in ihrer Heimat Jordanien Karriere: in königlichen Stiftungen, an den Universitäten Yarmuk und Petra und als Medienberaterin von König Abdullah II.

Danach verschlug es sie wieder ins Ausland: Von 2008 bis 2012 war sie stellvertretende Generalsekretärin der Arabischen Liga und schliesslich ständige Vertreterin des Königreichs Jordanien bei den UNO.

Gleiche Bildungschancen für alle

Bestimmte Themen ziehen sich durch ihren Lebenslauf. Die Mutter einer Tochter gilt als Verfechterin von Armutsbekämpfung und gleichen Bildungschancen für alle. Sie schrieb auch Gastbeiträge über die arabische Welt: etwa, dass die Region zwar die grössten Ölvorräte der Welt hat, aber die niedrigsten Wasserstände. Sie plädiert deshalb für eine klimafreundliche Transformation der Wasserverwaltung.

Die arabische Jugend – über die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt – sieht sie als Kern der Lösung für eine bessere Zukunft, in die man investieren muss. Nun sind aber erst mal die Frauen dran. «Was wir jetzt brauchen, ist mehr politischer Wille und die ganze Bandbreite an Lebenserfahrungen und Führungstalenten von Frauen», sagt Bahous. Denn, und das betont sie in vielen ihrer Reden, «wir wissen, dass gleichberechtigte Gesellschaften friedlicher und wohlhabender sind».