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Interview zum Schneemangel
«Es gab nur drei bis vier Winter mit weniger Schnee als heute»

Die Talabfahrt im Grünen in Flims ist nur dank Kunstschnee möglich. Der Wärmeeinbruch über die Weihnachtstage führt zu einem ungewöhnlichen Schneemangel in tief liegenden Skigebieten.

Wenig Schnee, geschlossene Skilifte. Der Winter hat für Skigebiete in den mittleren Höhenlagen schlecht begonnen. Hatten wir das schon einmal, Herr Marty?

Es ist noch kein Rekord, aber definitiv sehr aussergewöhnlich. Dass im Mittelland kein Schnee liegt um diese Zeit, ist normal. Aber viele Skigebiete der Voralpen zwischen 1000 und 1500 Metern Höhe erleben eine Periode zwischen Weihnacht und Neujahr, die in der langjährigen Statistik zu den schneeärmsten gehört. Es gab nur drei bis vier Winter mit weniger Schnee als heute – und diese liegen nicht weit zurück, das war in den letzten zehn Jahren.

Das heisst, es gibt ein deutliches Indiz, dass der Klimawandel bereits auch in der Schneemenge zu beobachten ist?

Der Klimawandel ist am Einzelfall schwer erkennbar. Aber es gibt für die erwähnten Höhenlagen deutliche Anzeichen für schneeärmere Perioden in der zweiten Hälfte des Dezember. Die Häufung solcher schneearmen Perioden um die Weihnachtszeit in den letzten zehn Jahren ist auffällig. Und Tatsache ist auch, dass die durchschnittliche winterliche Nullgradgrenze um etwa 250 Meter angestiegen ist. Vor 50 Jahren lag sie noch etwa auf 600 Metern. Das heisst, dass der Niederschlag häufiger als Regen statt als Schnee fällt und dass der Schnee weniger lang liegen bleibt.

Beginnen auch die Winter später?

Das ist tendenziell so. Das Einschneien oder Tage mit viel Schnee Anfang Winter kommen später. Das Signal ist noch nicht ganz so klar wie im Frühling, wo der Schnee eindeutig früher weg ist. Der spätere Winterstart hat mit der steigenden Nullgradgrenze zu tun. Man kann es aber auch exemplarisch zeigen mit diesem Winterstart. Noch vor Weihnachten konnte man den Schneemangel nicht dem Klimawandel zuweisen, weil es einfach zu trocken war. Es gab unterdurchschnittlich wenig Niederschläge. Doch jetzt über Weihnachten sieht man das, was man eigentlich als Folge des Klimawandels erwartet: Es gab ordentlich Niederschläge, die aber erst oberhalb von 2000 Metern als Schnee fielen.

Mittlerer Verlauf (Median) der Schneehöhe von Oktober bis Juni in Arosa für die Klimaperioden 1961‒1990 (blau), 1981‒2010 (braun) und 1991‒2020 (rot).

Trotzdem kann es immer noch Jahre mit viel Schnee auch in den tieferen Lagen während der Weihnachtswochen geben?

Sicher. Im letzten Winter gab es sehr viel Schnee vor der Weihnachtszeit, was aus Sicht des Wintertourismus perfekt war. Dafür schneite es dann deutlich weniger als sonst im letzten Januar und März, was einer der Gründe für die ungewöhnlich starke Gletscherschmelze im letzten Sommer war.

«Der Winter ist noch nicht gelaufen.»

Wie sieht es kurzfristig aus? Können wir in den Tälern in den nächsten Wochen noch auf Schnee hoffen?

In den erwähnten schneearmen Weihnachtsperioden der letzten zehn Jahre gab es jeweils spätestens bis zum Dreikönigstag am 6. Januar eine zünftige Ladung Schnee. Ich bin gespannt, ob das in diesem Jahr auch der Fall sein wird. Im Moment sieht es aber nicht danach aus. Die nächste Woche jedenfalls wird immer noch überdurchschnittlich warm sein, wenn die Meteorologen recht behalten. Ich wäre positiv überrascht, wenn in den tieferen Lagen Anfang Januar noch viel Schnee käme. Trotzdem ist der Winter noch nicht gelaufen. Zum Beispiel war der Winter 1989/90 der erste schneearme Winter in der modernen Zeit. Da kam zum ersten Mal die Diskussion auf, wie sich der Klimawandel auf den Wintertourismus auswirkt. Da gab es bis Februar nur wenig Schnee, aber nachher schneite es dann noch massiv.

Werden die Skigebiete Probleme haben, gute Pisten anzubieten, weil mit der Erwärmung der Kunstschnee verloren ging?

Dort, wo man Kunstschnee produzieren konnte, bleibt er erfahrungsgemäss liegen. Kunstschnee ist viel dichter als Naturschnee, und die derzeitige Wärme reicht nicht aus, um die Kunstschneedecke zu schmelzen. Das heisst: Wo Kunstschnee vorhanden ist, sind die Voraussetzungen für gute Pisten nach wie vor vorhanden.

Wie sieht es oberhalb von 2000 Metern aus?

Da hat es für diese Zeit eine Schneemenge gegeben, die im normalen Bereich liegt. Es gab viele Lawinenniedergänge vor allem im Wallis, weil die Altschneedecke darunter sehr schwach war. Das hat sich aber jetzt wieder beruhigt.