Generäle geben nachErstmals seit langem wieder gute Nachrichten aus Burma
Die Militär-Junta steht politisch unter Druck – und lässt jetzt Tausende Gefangene frei.
Mehr als 5600 Gefangene werden freigelassen, mit dieser guten Nachricht begann die Woche in Burma. Anfang Woche teilte Junta-Chef Min Aung Hlaing im Fernsehen mit, dass seine Regierung sich «dem Frieden und der Demokratie» verpflichtet fühle, daher dieser Schritt. Zwar gab man Haftentlassenen Drohungen mit auf den Weg in die Freiheit und setzte einige von ihnen – Demonstranten, Journalistinnen, Mitglieder der ehemaligen Regierung – kurz darauf wieder fest. Trotzdem sind es die besten Neuigkeiten seit dem 1. Februar, jener Nacht, in der sich das Militär gegen Staatschefin Aung San Suu Kyi an die Macht geputscht hatte.
Seitdem sind in Burma mehr als tausend Protestierende erschossen worden. Suu Kyi wurde in einem Schauprozess angeklagt. Wie eine Sekte schien sich das Militär eingebunkert zu haben. Der Rest der Welt, vor allem die UNO, sah hilflos zu. Doch am Wochenende kam Bewegung in die festgefahrene Situation.
Diplomatischer Affront
Die südostasiatische Staatengemeinschaft Asean hat General Min Aung Hlaing vom nächsten Gipfel ausgeladen. Das kann man als Affront werten, zumindest ist es ein einzigartiger Vorgang in dem Staatenverbund. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, dass die Aussenminister dieser Länder bei einem virtuellen Treffen um die Burma-Frage gerungen haben. Die Stimmung sei angespannt gewesen, das Ergebnis knapp. Indonesien, Malaysia, die Philippinen und Singapur wollten den Putsch-General ausladen, Laos, Kambodscha, Vietnam und Thailand waren dagegen. Auch in Thailand regiert ein ehemaliger General, seit einem Coup 2014. Am Ende habe Brunei, das derzeit den Vorsitz der Asean innehat, die entscheidende Stimme abgegeben.
Die Intervention kam zustande, weil sich Burmas Junta den Minimalforderungen der Asean verweigerte. Bei einem Gipfeltreffen im April, an dem zur Empörung der burmesischen Widerstandsbewegung Min Aung Hlaing noch teilgenommen hatte, war vereinbart worden, dass die Gewalt gegen Zivilisten enden müsse. Zum Asean-Gesandten wurde Erywan Yusof aus Brunei bestimmt. Als Yusof vor wenigen Tagen der Zugang zur inhaftierten Aung San Suu Kyi verweigert wurde, sahen sich die Bündnisländer offenbar gezwungen, etwas zu unternehmen. «Damit unsere Glaubwürdigkeit als echte Regionalorganisation nicht verschwindet», wie Teodoro Locsin, Aussenminister der Philippinen, vor den Verhandlungen am Freitagabend Reuters erklärte – «sonst sind wir nur ein paar Typen, die immer mit allem einverstanden sind, egal, was es ist.»
«Intervention aus dem Ausland»
Junta-Sprecher Zaw Min Tun sagte anschliessend dem Sender BBC, der Ausladung seines Chefs seien «Interventionen aus dem Ausland» vorausgegangen. Vertreter der USA und der EU hätten Druck gemacht. Tatsächlich ist die knappe, harte Entscheidung der Asean-Staaten sehr ungewöhnlich. Aber der internationale Druck war stetig gewachsen.
So hatte UNO-Generalsekretär António Guterres vor zwei Wochen ein Treffen mit Ministern der Asean-Staaten vertagt, weil er keinem Vertreter der Junta begegnen wollte. Guterres bat um Verschiebung «bis zu einem Zeitpunkt, in dem es in einem gegenseitig annehmbaren Format stattfinden kann». Die Chancen der Junta, als legitime Regierung Burmas anerkannt zu werden, scheinen damit weiter zu schwinden. Das immerhin kann die Opposition als gute Nachricht werten.
Ein Staat im Staat
Die Asean-Gruppe will nun einen zivilen Vertreter aus Burma zum nächsten Gipfel einladen. Nur, wer kann das sein? Zwar hat sich als Zivilregierung das National Unity Government (NUG) konstituiert, um der Weltgemeinschaft einen Ansprechpartner neben dem Militär zu bieten. Doch das NUG hat die Opposition auch dazu aufgefordert, zu den Waffen zu greifen, um den Bürgerkrieg weiter eskalieren zu lassen. Sollte einer seiner Vertreter eingeladen werden, wäre der Affront noch grösser. Und das Militär des wirtschaftlich gebeutelten Landes hält nicht nur die Macht in der Hand. Es ist auch eine riesige Institution, je nach Lesart die zehntgrösste Armee der Welt, mit mehr als 400’000 Soldaten, eigenen Schulen, Spitälern, eigener Weltsicht und Gerichtsbarkeit. Ein Staat im Staat.
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