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Erster Showdown im Streit um das SRF-Radiostudio

Soll nach Zürich verlegt werden: Radio-Sitz der SRG an der Schwarztorstrasse in Bern.
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Die Wut war gross, als die SRG im September entschieden hat, 170 Radio-Stellen von Bern nach Zürich zu verlegen, an den Hauptsitz der SRG in Leutschenbach. Vorangegangen war eine beispiellose Kampagne der Gegnerschaft. Sogar die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr (SP), die den Schritt aus Zürcher Sicht begrüssen müsste, sprach sich in einem Videobeitrag dagegen aus.

Die SRG blieb hart. Und so reichten vier Parteipräsidenten und ein Vizepräsident wenige Wochen später fünf gleichlautende parlamentarische Initiativen ein mit dem Ziel, die Standortfrage im Gesetz festzuschreiben. Das Radio soll in Bern bleiben, Fernsehen in Zürich gemacht werden. Gleiches für die Westschweiz, wo die SRG ebenfalls umstrukturieren und zwischen Genf und Lausanne Arbeitsplätze verschieben will. Regula Rytz (Grüne), Albert Rösti (SVP), Gerhard Pfister (CVP) und Martin Landolt (BDP) sowie SP-Vizepräsident Beat Jans wollen das verhindern. Im Ständerat hat Beat Vonlanthen (CVP, FR) dieselbe Initiative ebenfalls eingereicht. Angesichts dieser politischen Breite, könnte man meinen, gehe das Geschäft fast schon diskussionslos durch die Instanzen.

Gräben durch die Parteien

Doch so einfach wird das nicht. Am Montag und Dienstag berät die Fernmeldekommission des Nationalrats (KVF-N) die Vorstösse. Nachfragen bei Kommissionsmitgliedern zeigen, dass die Mehrheitsverhältnisse knapp sind. Der Grund: Die Parteien sind gespalten, in SVP, SP und CVP gibt es verschiedene Meinungen.

Umstrittener Umzug: SRG-Generaldirektor Gilles Marchand äussert sich zum umstrittenen Umzug. Video: SDA

So lehnt beispielsweise der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas die Vorstösse ab, wenngleich sein Parteipräsident Gerhard Pfister daran mitgewirkt hat. Der Grund: «Es geht mir um eine konsequente Politik. Wir wollen, dass die SRG unabhängig ist, publizistisch und betriebswirtschaftlich. Also muss man dieses Prinzip durchziehen, und nicht wegen eines unliebsamen Entscheids brechen.» Andere CVP-Parlamentarier sehen das ähnlich. Die Partei steht der SRG tendenziell nahe, es gibt aber eine SRG-kritische Minderheit, der auch Parteipräsident Pfister angehört.

«Betriebswirtschaftliche Freiheit»

SVP-Nationalrat Thomas Hurter (SH) hat seinen Entscheid noch nicht gefällt. Er sei offen, sagt er. Andernfalls würden die Diskussionen in der Kommission und all die Anhörungen keinen Sinn machen. Die Kommission hört die Initianten an, anwesend sein wird auch das Bundesamt für Kommunikation (Bakom). Hurter lässt aber durchblicken, dass er die Vorstösse tendenziell ablehnt. Er tendiere dazu, der SRG die betriebswirtschaftliche Freiheit zu belassen, sagt er. Man solle sich nicht zu fest ins Geschäft einmischen. Die SVP-Delegation entscheidet am Montagmorgen früh, wie sie sich positioniert.

Fakt ist: Für die 150 Arbeitsplätze aus dem Radiostudio Bern gibt es in Zürich gar keinen Platz.

Regula Rytz, Präsidentin Grüne

Kommissionspräsidentin Edith Graf-Litscher (SP) ist ebenfalls skeptisch: Es stelle sich die Frage, ob bezüglich der Produktionsstandorte der SRG gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe und ob der Leistungsauftrag der SRG dies vorsieht. Ihr Parteikollege Matthias Aebischer hingegen, er ist ebenfalls Kommissionsmitglied, befürwortet die Initiativen. Der Entscheid der SRG sie aus staatspolitischen Überlegungen falsch, sagt er. Deshalb sei die Politik gefordert.

Standort- oder staatspolitische Frage?

Derweil lobbyiert die SRG nach Kräften. In einem Papier, das dieser Zeitung vorliegt und das die Kommissionsmitglieder bekommen haben, argumentiert die SRG gegen das Zügelverbot: Föderalismus sei weniger eine Frage der Standorte, sondern der Haltung, heisst es da zum Beispiel. Oder: Die organisatorische Freiheit und politische Unabhängigkeit der SRG gelte es zu bewahren. Oder: Die SRG müsse sparen, sie tue das lieber bei der Infrastruktur als bei den Arbeitsplätzen. Der erwartete Spareffekt wird allerdings von den Zügel-Gegnern bezweifelt.

Es werde wohl eine knappe Entscheidung, sagt Grünen-Präsidentin Regula Rytz, eine der Initianten. «Denn die SRG lobbyiert intensiv und ist mit zwei Argumenten unterwegs: Die verfassungsmässig garantierte Medienfreiheit beinhalte auch die Organisationsfreiheit. Und: Wenn die Zentralisierung nicht gelinge, müssten Stellen abgebaut werden.» Diese Argumente könne man jedoch gut kontern, sagt Rytz. Im ersten Punkt widerspreche sich die SRG selber, da sie auf ihrer Website schreibe, der Bund gebe ihr Tätigkeit, Organisation und Finanzierung im Wesentlichen vor. Was das Sparen angehe, könnten die Initianten aufzeigen, dass die finanziellen Einsparungen durch die Zentralisierung gering seien. «Fakt ist: Für die 150 Arbeitsplätze aus dem Radiostudio Bern gibt es in Zürich gar keinen Platz. Sie sind im Raumprogramm von Leutschenbach nicht enthalten», sagt Rytz. Es gehe bei dieser Auseinandersetzung nicht um eine Standortfrage, sondern um eine staatspolitische Frage: «Der Service public unterscheidet sich von privaten Medien durch die breite regionale Verankerung und eigenständige Redaktionen. So steht es in Gesetz und Konzession. So wurde es in der No-Billag-Kampagne versprochen. So soll es auch gelebt werden.»