Mehrere Tausend TeilnehmendeIran-Demo: Flavia Wasserfallen schneidet sich Haare ab
Zum wiederholten Mal findet am Samstag auf dem Bundesplatz eine Demonstration gegen das iranische Regime statt.
50 Tage ist es her, seit Masha Amini im Iran in Polizeigewahrsam ihr Leben verlor. Seither reissen die Proteste gegen das Mullah-Regime nicht nur im Iran nicht ab, auch in der Schweiz gehen seit Wochen immer wieder Menschen auf die Strasse. So versammelten sich in Bern zuletzt am 15. Oktober mehrere hundert Menschen auf dem Bundesplatz.
Heute findet auf dem Bundesplatz eine nationale Kundgebung der Solidarität statt. Dazu aufgerufen haben laut Posts in den sozialen Medien hundert Schweizer Persönlichkeiten.
Zusammenfassung
Mehrere Tausend Menschen haben sich am Samstag in Bern an der bislang grössten Iran-Kundgebung seit Beginn der Unruhen beteiligt. Sie forderten den Bundesrat auf, endlich «nennenswerte Massnahmen» gegen das Regime in Teheran zu ergreifen.
Zur Demonstration auf dem Bundesplatz aufgerufen hatte die Organisation Free Iran Switzerland. «Frau – Leben – Freiheit» skandierte die Menge.
Die Iranerinnen und Iraner nähmen die Solidarität der hiesigen Zivilgesellschaft durchaus wahr, schrieben die Organisatoren in einem Communiqué. Doch der Bundesrat höre weg. Eine Wende in der Schweizer Iran-Politik sei überfällig.
Dazu gehörten die Übernahme sämtlicher Sanktionen von EU, Kanada und den USA, die Einfrierung aller Bankkonten von iranischen Machthabern und der Schutz iranischer Regimegegner in der Schweiz vor der Ausschaffung.
«Ihre Freiheit ist unsere Freiheit»
Nationalratsmitglieder von SP, Grünen und Mitte solidarisierten sich in ihren Reden mit den Menschen im Iran. «Ihre Freiheit ist auch unsere Freiheit», rief die Berner Grünen-Nationalrätin Natalie Imboden aus.
Nationalrätin Flavia Wasserfallen (SP/BE) schnitt sich unter dem Applaus der Menge einen Haarbüschel ab. Den Bundesrat rief sie unter anderem auf, Menschenrechtsorganisationen im Iran finanziell zu unterstützen und sich für eine Uno-Mission einzusetzen, welche die Verbrechen des islamischen Regimes untersuche.
Die Aargauer Mitte-Nationalrätin Marianne Binder warf dem iranischen Regime vor, im Namen Gottes Menschenrechte zu verletzen. «Was für ein Gott soll das sein?" Das sei eine Anmassung. «Zeigen wir, dass wir für die Menschen im Iran da sind und sie in ihrem Freiheitskampf unterstützen.»
Auch IKRK gefordert
Gefordert sei auch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), hiess es an der Kundgebung. Die Zustände in den iranischen Gefängnissen seien menschenrechtswidrig, Folterungen und Vergewaltigungen gehörten zum Alltag. Das IKRK müsse dem nachgehen und Gerüchte prüfen, wonach Inhaftierte gezielt getötet würden.
An der Kundgebung wurde zudem für den Aufruf geworben, den 100 Schweizer Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft Mitte Oktober veröffentlicht hatten. Sie hatten den Bundesrat ebenfalls aufgerufen, die Demokratie-Bewegung im Iran zu unterstützen. Über 17'000 Personen haben den offenen Brief bislang unterzeichnet.
Anhaltende Proteste
Auslöser der Proteste im Iran war der Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini im September. Die iranische Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie die Vorschriften für das Tragen eines Kopftuches nicht eingehalten haben soll. Die Frau starb in Polizeigewahrsam.
Seit ihrem Tod demonstrieren landesweit Tausende gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie den vom islamischen Herrschaftssystem auferlegten Kopftuchzwang. Bei den Protesten sollen nach Angaben aus Oppositionskreisen im Ausland bisher rund 280 Menschen gestorben und über 14'000 verhaftet worden sein.
(sda)
Ende der Demo
Die Kundgebung ist zu Ende. Der Bundesplatz leert sich allmählich - bis auf einen Kern rund um die Tribune.
Die Zürcher Rapperin Big Zis übernimmt die Bühne. «Die Revolution wird feministisch sein», ruft sie in die Menge.
Bärfuss: «Solidarität zeigen»
Nun kommt der Berner Autor Lukas Bärfuss auf die Bühne. «Nach Bern sind wir gekommen, ins Herz der Schweizer Demokratie, um unsere Solidarität zu zeigen», sagt er. «Wir verlangen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaat.»
Für all dieses müsse gekämpft werden jeden Tag. «Genug Vernichtung der Frauen, genug Vernichtung des Lebens. Genug!» Dabei spart er nicht mit Kritik an der Schweizer Politik, die sich viel zu wenig für die iranische Bevölkerung einsetze. «Im Angesicht der Gewalt gibt es keine Neutralität», findet er.

Musikalischer Beitrag
Jetzt tritt die in Tel Aviv geborene persische Musikerin Ella Ronen auf. Sie animiert die Menge, im Rhythmus mitzustampfen. Die Erschütterungen sollen bis nach Teheran zu hören sein, sagt sie.
Wermuth: Schweiz verschliesst die Augen
Auch SP-Co-Präsident Cédric Wermuth ist gekommen. Er habe gestern seiner vierjährigen Tochter erklärt, was im Iran passiere, sagt er der Menge. Sie habe es gut verstanden. Aber eine Antwort auf ihre Frage nach dem «Warum» habe er nicht geben können. Das dortige Regime hasse die Freiheit der Menschen, sagt er. Nun kritisiert Wermuth auch die Schweiz. Er sei es leid, dass die Schweiz «jedes Mal die Neutralität vorschiebe», wenn sie lieber die Augen verschliesse. Die Neutralität werde missbraucht, um mit Diktaturen Geschäfte machen zu können. Dabei zieht er Parallelen zu den zögerlichen Sanktionen gegenüber Russland.

Wachstum der Bewegung
Vor drei Wochen hatten sich nur ein paar hundert Leute zu einer Iran-Demo auf dem Bundesplatz versammelt. Jetzt sind es mehrere tausend.
Imboden: Haltung «eine Schande»
Später übernimmt die Berner Grünen-Nationalrätin Natalie Imboden das Mikrofon. Sie sagt, sie sei beeindruckt vom Mut der Protestierenden im Iran. «Ihre Freiheit ist auch unsere Freiheit», betont sie. Was im Iran passiere, sei eine «feministische Revolution». Nun müsse der Bundesrat handeln. «Wir erwarten deutlichere Worte für die Unterstützung der Demokratie-Bewegung im Iran.» Die bisherige zurückhaltende Haltung sei «eine Schande». «Keine Geschäfte mit Unrechtsstaaten, die junge Frauen umbringen», fordert sie.

Wasserfallen schneidet Haare ab
Die Berner SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen spricht als Nächste: «Die Schweiz kann und muss mehr machen», sagte sie. «Wir fordern, dass die Schweiz sich aktiv für eine UNO-Menschenrechtsmission im Iran einsetzt.» Und der Bundesrat müsse «endlich die EU-Sanktionen gegen den Iran übernehmen.»
Während ihrer Rede schneidet sich Wasserfallen zudem die Haare ab – eine Geste der Solidarität, welche bereits die Runde um die Welt gemacht hat.

«Brutales Regime»
Als erste Rednerin steht die Radiomoderatorin Shiva Arbabi auf der Tribüne. Der Iran sei «ein brutales und menschenverachtendes Regime», sagt sie und kritisiert die lasche Reaktion des Bundesrats auf die Gewalt im Iran. Die Schweiz müsse die «erste feministische Revolution weltweit» unterstützen. Die Menge skandiert «Frau - Leben - Freiheit».
Promis und viele Familien
Der Bundesplatz füllt sich schon kurz nach 14 Uhr immer mehr; mehrere tausend Personen haben sich versammelt. Es werden Flyer mit Parolen verteilt: auf Deutsch, Englisch, Französisch und Persisch. Es sind viele Transparente zu sehen: «Keine Geschäfte mit den Mullahs» steht beispielsweise darauf oder «Stoppt den Demozid im Iran».
Es hat zahlreiche Familien, auffällig viele Frauen und auch einige Promis. Der Berner Autor Lukas Bärfuss ist da, ebenso der Grünen-Politiker Jo Lang.
Demo für den Iran
Heute findet auf dem Bundesplatz eine nationale Kundgebung der Solidarität statt. Dazu aufgerufen haben laut Posts in den sozialen Medien hundert Schweizer Persönlichkeiten.
50 Tage ist es her, seit Masha Amini im Iran in Polizeigewahrsam ihr Leben verlor. Seither reissen die Proteste gegen das Mullah-Regime nicht nur im Iran nicht ab, auch in der Schweiz gehen seit Wochen immer wieder Menschen auf die Strasse. So versammelten sich in Bern zuletzt am 15. Oktober mehrere hundert Menschen auf dem Bundesplatz.
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