Er war der letzte «Gersch»
Im Alter von 97 Jahren ist in North Carolina der frühere Eiskunstlauf-Weltmeister Hans Gerschwiler verstorben.
«Gersch» war die Abkürzung für den langen Namen Gerschwiler. Hinter «Gersch» stand aber nicht nur ein Name. Es waren drei Gerschwilers, die im Eiskunstlaufen weit über die Landesgrenzen hinaus von sich reden machten. Die Arboner Halbbrüder Jacques (Jack) und Arnold Gerschwiler als Coach, der Winterthurer Hans als Athlet.
Hans (geboren 1921) gewann fünfmal den nationalen Titel – und steigerte sich zu einer führenden Figur der Szene. 1947 wurde er Europa- und Weltmeister.

Den EM-Titel sicherte er sich in Davos; WM-Gold errang er in Stockholm. Richard Button, den er bei der WM auf den zweiten Platz verwies, stand ihm dann ein Jahr später ausgerechnet bei den Olympischen Spielen in St. Moritz vor der Sonne. Für Gerschwiler blieb «nur» die Silbermedaille – wie auch bei der WM und der EM.
Der erste Schweizer
Gerschwiler war der erste Europa- und Weltmeister in dieser Sportart aus der Schweiz. Bis 2005, als Stéphane Lambiel WM-Gold gewann, war er der einzige helvetische Weltmeister. Bei den Männern holte neben Gerschwiler und Lambiel nur noch Georges Gautschi (1924) eine Olympiamedaille für die Schweiz.
Hans war ein Schüler von Arnold Gerschwiler. Der hatte, angesteckt von seinem Halbbruder Jack, 1932 die Trainerlizenz erworben – und wurde zu Jacks grösstem Konkurrenten. Als dem «Pflichtprofessor» neue Ideen für die Kür im Kopf herumschwirrten, suchte er ein Talent für seine «Experimente». Und er fand seinen Neffen Hans, den Sohn von Bruder Hans in Winterthur.
Als Trainer Arnold Gerschwiler 1935 nach England auswanderte, folgte ihm Hans. Auch Jack arbeitete dort, denn die Eiskunstlauf-Kunst stand in England hoch im Kurs.
Vor Kriegsausbruch war Hans Gerschwiler 1939 bei der EM dabei; die Pflicht beendete er auf dem dritten Platz. Die Kür missriet ihm mit zwei Stürzen aber deutlich. Trainer-Onkel Arnold war dermassen unzufrieden, dass er seinem Schützling die WM-Teilnahme (in Budapest) untersagte.
In der Munitionsfabrik
Dennoch: Wäre der Zweite Weltkrieg nicht gewesen, die Karriere von Hans Gerschwiler hätte einige Höhepunkte mehr erlebt, der Palmarès des Eiskunstläufers würde einige Titel mehr umfassen.
Bei Kriegsbeginn lebte Hans bei seinem Onkel Jack in England, als der in die Schweiz zurückkehrte, blieb Hans bei einer Eiskunstlauf-Familie, und zwar bei einer prominenten: Cecilia Colledge war von 1937 bis 1939 mehrmals Welt- und Europameisterin geworden – mit Jack Gerschwiler als Trainer.
Hans arbeitete während des Kriegs in einer Munitionsfabrik und als Feuermelder. In Sachen Eiskunstlauf waren seine Tätigkeiten eingeschränkt. Er trat bei einigen Schaulaufen für die Armee auf.
Ein Jahr nach Kriegsschluss nahm er das Spitzensport-Training wieder auf – wie 1939 und 1939 wurde er 1946 erneut Schweizer Meister. Es folgte sein grosses Jahr der Unbesiegbarkeit. Mit bereits 27 Jahren aber beendete er seine Karriere. Die Verhandlungen mit einer Eislaufrevue verliefen ergebnislos. Hans Gerschwiler wurde Eislauflehrer wie seine beiden Onkel. Das tat er aber nicht in der Schweiz, sondern in Kanada.
Später siedelte er nach North Carolina (USA) um. Er starb Ende September in Pinehurst – als letzter «Gersch» der Eiskunstlaufszene.
Zwei Kapazitäten
Sein Onkel Jack Gerschwiler starb am 4. Mai 2000 in Genf im Alter von 101 Jahren. Zusammen mit seinem Halbbruder Arnold Gerschwiler wurde er 2004 in die Professional Skaters Association's Coaches Hall of Fame aufgenommen. Jack hatte auch an Denise Biellmanns Erfolgen seine Anteile, vorher hatte er Cecilia Colledge, Karin Iten und Jeanette Altwegg zu WM- und EM-Ehren geführt. Bis ins hohe Alter von 85 Jahren gehörte er noch immer zu den Beratern des Schweizer Verbandes. Eine Pelzmütze war (fast) immer dabei. Er entwickelte eine Lauftechnik, die damals einmalig war.
Arnold Gerschwiler lebte seit Kriegszeiten in England, 53 Jahre in Twickenham. Er starb dort am 22. August 2003 im Alter von 89 Jahren. Hans Gerschwiler war nicht sein einziger erfolgreicher Schüler. Die Holländerin Sjoukje Dijkstra lief 1964 zu Olympiagold, nachdem sie 1960 Silber geholt hatte. Dazu wurde sie dreimal Weltmeisterin (1962 bis 1964), fünfmal stand sie bei der EM zuoberst auf dem Podest.
jch
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