Zuckerbergs Mann fürs GrobeEr steht hinter der Facebook-Sperre gegen Trump
Nick Clegg, Ex-Vizepremier Grossbritanniens, verantwortet die politische Linie des sozialen Netzwerks. Damit nimmt er Mark Zuckerberg jene Arbeit ab, die dieser am meisten hasst.
Sein Arbeitsplatz ist das Silicon Valley, nicht mehr London. Auch ist Nick Clegg (54) nicht mehr stellvertretender Premierminister in der Regierung von David Cameron, sondern so etwas wie der Aussen- und Innenminister von Facebook. Weniger kontrovers als während seiner politischen Karriere, die 2017 mit einer Abwahl jäh endete, ist seine Arbeit deswegen nicht geworden.
Es war Clegg und nicht Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, der nach der Attacke der Trump-Fanatiker auf das Capitol darauf beharrte, den schönen Worten Taten folgen zu lassen und US-Präsident Donald Trump auszusperren. Er war es auch, der Zuckerbergs Idee für ein «Gericht» von zwanzig Weisen umsetzte, Zuckerberg auf eine Goodwill-Tour durch Europa schickte und ihn dazu bewegte, Medien nicht mehr als Staatsfeinde zu behandeln.
All dies geschah in der Absicht, das Image von Facebook und Zuckerberg aufzupolieren.
Von Tony Blair zu der neuen Aufgabe gedrängt
Als Nick Clegg vor drei Jahren von Facebook-Co-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg umworben wurde, zögerte er mit einer Zusage. Tony Blair, der frühere Weggefährte in der britischen Politik, drängte ihn dazu, die Aufgabe anzunehmen, weil er «als Teil eines der einflussreichsten Unternehmen der Welt» viel verändern könne.
Nach seinem Antritt im Oktober 2018 gewann Clegg das Vertrauen von Zuckerberg, weil er ihm Aufgaben abnahm, für die der Facebook-Chef weder Talent noch Gespür hatte. Er bewies rasch, dass die Erfahrung eines geschliffenen Politikers bei Facebook gefragt war.
So forderte er die Regulierung aller Social-Media-Netzwerke, sperrte sich aber gegen Pläne zur Aufspaltung. Er baute das politische Lobbying aus und spannte dafür auch Freunde von früher ein. Er überzeugte Zuckerberg, Trump im Januar mit einer vorsorglichen Sperre zu belegen, um Härte zu markieren.
Clegg verheddert sich in Widersprüche
Zugleich schob er die Akte Trump dem Gremium der zwanzig Experten zu, um Zuckerberg die definitive Entscheidung über den Ausschluss des Ex-Präsidenten zu ersparen.
Nachdem die «Richter» den Trick durchschaut hatten, fand Clegg erneut ein Schlupfloch: Die Sperre gegen Trump wird nun nur bis 2023 verlängert, was Facebook entgegenkommt. Zunächst muss sich Zuckerberg in den Zwischenwahlen 2022, in denen die Republikaner gute Chancen haben, nicht mit dem Ex-Präsidenten herumschlagen. Das dürfte der republikanischen Führung passen, hatte Trump 2020 doch mit seinen wirren Attacken den eigenen Kandidaten mehr geschadet als genützt.
Dafür lässt Clegg für die Präsidentenwahlen 2024 alles offen. Trump könne Facebook dann wieder als Sprachrohr benutzen, sagte er am Wochenende. Seine Wortmeldungen würden zudem nur dann auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft, wenn er nicht erneut kandidieren sollte. Mit anderen Worten: Facebook will sich die finanziellen Vorteile einer erneuten Trump-Kandidatur nicht entgehen lassen.
«Niemand kann unsere Plattform dafür brauchen, Gewalt zu säen, zu verherrlichen oder herunterzuspielen.»
Clegg hat sich damit in Widersprüche verheddert. «Ob der Papst, die Königin von England oder der Präsident der USA, niemand kann unsere Plattform dafür brauchen, Gewalt zu säen, zu verherrlichen oder herunterzuspielen», sagte er. Andererseits aber sei Facebook nicht an einer Richterrolle interessiert: «Niemand will, dass Facebook die Wahrheitspolizei sein soll.»
Ob Clegg diese Verteidigungslinie durchhalten kann? In internen Blogs machen Facebook-Mitarbeitende den Entscheid bereits lächerlich: «Eine Sperre von nur zwei Jahren für eine Revolte, nicht schlecht», so ein Eintrag. «Wenn es dafür zwei Jahre gibt, was braucht es dann für eine lebenslange Sperre?»
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