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Kolumne «Heute vor»
Er liess viele enttäuschte Frauen zurück

Das Hochzeitskleid konnten sich die vermeintlichen Bräute nach dem Auffliegen des Schwindlers sparen.
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Der Mai ist der Monat der Liebe. Das stellten vor 110 Jahren auch zwei Freundinnen am rechten Zürichseeufer fest, die sich nach einiger Zeit wieder getroffen hatten. «Jede wollte der anderen eine überraschende Mitteilung machen», heisst es in einem Bericht in der rechtsufrigen «Zürichsee-Zeitung». Und beide frohlockten mit der Nachricht, dass sie bald heiraten würden.

Nun wollte jede wissen, wie der Zukünftige heisse, was er so treibe. «Als die Anna erklärte, er heisse Dubois und sei Chefmonteur in einer Weltfirma in Zürich, wollte die Marie, die etwas stutzig geworden war, auch noch wissen, wie der Zukünftige eigentlich aussehe.» Die Marie traute ihren Augen kaum, als die Freundin ihr ein Foto zeigte: Es war auch ihr Verlobter!

Den beiden Mädchen wurde klar, dass sie einem Schwindler zum Opfer gefallen waren, und machten sofort Anzeige bei der Polizei. Wie es in der «Zürichsee-Zeitung» vom Mai 1912 weiter heisst, hatte der noble Verlobte «mit seinen Bräutchen auf den gleichen Abend an verschiedenen Orten Zusammenkünfte verabredet. Als er an einem derselben erschien, waren gleich die beiden Bräute da, mit ihnen aber auch ein Detektiv, der den Bräutigam sofort verhaftete.»

Der Mann entpuppte sich als ein verheirateter Ehemann vom rechten Seeufer, der «sehr wahrscheinlich noch mehr Mädchen hinters Licht geführt hatte». Da er aber seinen Bräuten kein Geld abgenommen hatte, musste er schliesslich wieder laufen gelassen werden. «Strafrechtlich wird ihm wohl kaum beizukommen sein. Dagegen wird er sich auf verschiedene Zivilklagen gefasst machen müssen.»

Heute sind vor allem Goldhändler bekannt, früher waren es offensichtlich auch Gebisshändler.

Auf den heutigen Blick ebenfalls etwas dubios wirkt die gleichentags publizierte Werbung – oder besser gesagt Warnung – im «Allgemeinen Anzeiger vom Zürichsee». Ein Inserent ersuchte das werte Publikum, «alte Gebisse, wenn auch zerbrochen, nicht wegzuwerfen, da ich speziell selbe, wie bekannt, zu höchsten Preisen auch von Zahnärzten und Händlern ankaufe.» Wie viele Gebisse der Händler wohl angepriesen bekam? Jedenfalls lohnte es sich offensichtlich, im Hotel Engel in Wädenswil für einen ganzen Tag ein «ungeniertes Wartezimmer» einzurichten. 

Offen ist auch, wie viele Bewerbungen die Gemeinde Hütten für ihre offene Stelle bekam. Sie informierte nämlich, dass der vieljährige Gemeinderatsschreiber – übrigens ein Tierarzt – «infolge Arbeitsüberhäufung den Rücktritt von dieser Stelle erklärt». Immerhin: Der Nachfolger wusste nach dieser klaren Aussage, was ihn erwartet.