Apple Watch Ultra im TestEndlich mehr Ausdauer für Sport und Alltag
Die grösste Schwäche der Apple Watch ist die Akkuleistung. Das soll die neue Uhr besser machen. Wir haben die Ultra getestet – auch in den Bergen.
Ein Raunen ging damals im September 2014 durch die Menge, als klar wurde, dass man die Smartwatch von Apple täglich laden muss. Im Auditorium in Cupertino zeigte die Firma damals allerhand Funktionen und Werbevideos. Das mit der Ausdauer war dabei nur eine Fussnote.
Dass die Apple Watch dennoch ein gigantischer Erfolg geworden ist, zeigt einmal mehr, dass tägliches Laden zwar nicht toll, aber durchaus erträglich ist. Dennoch haben Ausdauersportler und vor allem konkurrierende Hersteller von Fitnessuhren immer wieder auf diese Achillesferse der Apple Watch hingewiesen.
Apples Antwort
Das ist Apple offensichtlich nicht entgangen. Die Antwort aus Cupertino liess lange auf sich warten, doch nun ist sie da: die Apple Watch (Ultra) richtet sich einerseits an die Bedürfnisse von Ausdauersportlern und zielt andererseits auf das lukrative Marktsegment der Sportuhren um 1000 Franken, das gerade Garmin seit Jahren sehr erfolgreich bewirtschaftet.
Ich habe die Apple Watch Ultra eine Woche lang getestet, und das sind die Sachen, die sofort auffallen:
Besserer Akku
Apple verspricht, die Ultra halte 36 Stunden. In meinen Tests hat sie das locker geschafft. An faulen Tagen lagen auch gut und gerne 48 Stunden drin. Zum Vergleich: Die normale Apple Watch lade ich jeden Abend vor dem Schlafengehen und morgens beim Duschen kurz auf. Die Ultra lade ich (da ich noch keinen idealen Rhythmus gefunden habe) einfach hin und wieder, wenn ich grad dran denke.
Freilich haben andere Uhren, etwa die Ausdauer-Champions von Garmin mit Monaten oder die Tissot T-Touch mit einem halben Jahr, noch mal deutlich mehr Ausdauer. Aber viel Ausdauer verlangt auch nach Kompromissen.
Ich zum Beispiel möchte nicht auf einen grossen und hellen Touchscreen, Telefonie, Apps, automatische Notrufe bei Unfällen, Sprachsteuerung und Smart-Home-Funktionen verzichten. Darum war die Apple Watch bislang schon meine erste Wahl (obwohl mir die neue Garmin Epix ausserordentlich gefällt) und jetzt mit der ausdauernderen Ultra sowieso.
Neues Design
Neben dem neuen Akku fällt im Alltag vor allem das neue Design auf. Das ist für Apple-Verhältnisse auffällig wuchtig, wild und fast etwas brutal. Insbesondere der neue Kronenschutz ist so auffällig wie kantig. Auch im Alltag fällt auf, dass die Uhr merklich kantiger und weniger elegant ist als die bisherigen Apple Watches.
Das liegt vor allem daran, dass die Krone nun eben zusätzlich geschützt ist. Und auch das Bildschirmglas ist nun flach und von einem Titanrand umgeben. Das fühlt sich weniger gut an, dafür schützt es das Display besser.
Dass die Apple Watch Ultra auch grösser ist als andere Apple Watches, sieht auf Fotos dramatischer aus, als es sich am Arm anfühlt. Mir passt sie gerade noch. Bedauerlich ist allerdings, dass es nur eine grosse Grösse gibt. Ein kleines Modell fehlt leider.
Den zusätzlichen Knopf kann man frei belegen – leider nur mit einer Funktion.
Grosses Lob an Apple gibts dafür für die Armbänder: Neben drei neuen Modellen, die sich an Alpinisten, Taucher und Ausdauersportler richten, passen auch alle alten Armbänder weiterhin. Wer also schon 2015 die erste Apple Watch gekauft hat, kann seine Bänder weiter nutzen – vorausgesetzt, man hat sie für die grosse Apple Watch gekauft. Die Bänder der kleinen Apple Watch kann man zwar auch an der Ultra befestigen, es sieht dann aber nicht besonders gut aus.
Auch neu am Design ist der zusätzliche (und mit oranger Farbe sehr auffällige) Knopf an der linken Seite. Den kann man frei belegen. Nach anfänglichen Experimenten habe ich mich für die Taschenlampe entschieden. Drücke ich auf den Knopf, wird das Display grell weiss, und man kann die Uhr als Taschenlampe nutzen.
Noch besser wäre es gewesen, wenn man den neuen Knopf mit mehreren Funktionen belegen könnte. Die Taschenlampe zum Beispiel brauche ich tendenziell nur abends und in der Nacht. Tagsüber wäre es praktisch, wenn man eine andere Funktion auf die Taste legen könnte.
Sonstige Neuheiten
Neben der verbesserten Ausdauer und dem neuen Design fallen vor allem Kleinigkeiten auf. Zu nennen sind da die neuen Sensoren für Wassertiefe und Wassertemperatur. Schon wenn man die Uhr in einen Bergbrunnen taucht, bekommt man die Wassertemperatur und die Tiefe angezeigt. Richtig spannend wird das freilich, wenn man schwimmen oder tauchen geht.
Da wird es auch spannend, zu sehen, wie Profis die neue Uhr bewerten: Sind die Tauchfunktionen eine Spielerei oder tatsächlich ausreichend?
Eine vielleicht lebensrettende Neuerung ist eine eingebaute Sirenenfunktion und ein Automatismus, der nun (nebst Stürzen und Velounfällen) auch bei Autounfällen den Notruf kontaktiert. Hoffentlich braucht man das nie. Aber wenn doch, ist es mehr als nur eine nette Spielerei.
Zusammen mit der neuen Software watchOS 9 gibt es zudem für die Ultra (und ältere Uhren) viele neue Sport-Tracking-Funktionen und vor allem eine neue Kompass-App, die einem im Notfall hilft den Rückweg zu finden.
Guter Preis, aber geschlossenes System
Beim Preis überrascht Apple. Während der Präsentation der Ultra habe ich mit 1200 bis 1500 Franken gerechnet. Schliesslich gibt Apple bei neuen Produkten gerne den Tarif durch und setzt sich an die Spitze der Preisskala.
Nicht so bei der Ultra: Die kostet mit 850 Franken gerade mal 50 Franken mehr als die günstigste Stahl-Variante der grossen Apple Watch Series 8. Wenn man dann noch bedenkt, dass das in der Box enthaltene Armband separat 100 Franken kostet und jenes bei der günstigsten Stahl-Apple-Watch 50 Franken, ist der Preisunterschied – ganz Apple-untypisch – vernachlässigbar.
Bei all dem Lob für die neue Apple Watch Ultra bleibt meine grösste Kritik bestehen: Die Uhr funktioniert nur mit iPhone. Ohne iPhone geht nichts. Man kann sie weder mit einem iPad einrichten noch mit einem Mac. Und mit Android harmoniert sie schon gar nicht.
Wer einmal eine Garmin-Smartwatch genutzt hat, weiss, wie einfach man die zwischen Telefonen hin und her wechseln kann, weil sie in erster Linie mit dem Webdienst Garmin Connect kommuniziert. Das sollte für Apple mit der iCloud doch auch zu machen sein.
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