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Meinung

Kommentar zum Bundesrat auf Instagram
Endlich Influencer!

Bekennender Instagrammer: Bundesrat Alain Berset macht an der Fussball-WM 2018 ein Selfie mit einem Schweiz-Fan.
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Der Bundesrat will in Zukunft verstärkt auf Social Media präsent sein und baut vor allem seine Aktivitäten auf Instagram aus. Die Ankündigung sorgte gestern – standesgemäss hauptsächlich auf Twitter, wo sich die Politiker und Journalistinnen ihre Blase eingerichtet haben – für Stirnrunzeln und Häme: Zehn Stellen werden fürs Bildliposten geschaffen?

Dabei ist eher erstaunlich, dass der Bund 2021 noch ein 26-seitiges Papier benötigt, um zur Erkenntnis zu gelangen, dass man auf den sozialen Medien den Bürger erreichen kann. Zur Erinnerung: Es war 2013, als die deutsche Kanzlerin Angela Merkel das Internet als «Neuland» bezeichnete und dafür ausgelacht wurde. Und spätestens seit ein US-amerikanischer Präsident vier Jahre lang seine Politik der Öffentlichkeit fast ausschliesslich über Tweets vorstellte, sollte auch ohne Studie klar sein, welchen Stellenwert Social Media hat.

Ein Livestream ist längst noch nicht State of the Art

Apropos: Untersuchungen zeigen seit geraumer Zeit, dass vor allem jüngere Bevölkerungsschichten sich nicht mehr über die klassischen Massenmedien informieren, sondern eben über Instagram und Tiktok. Wer sich auf Facebook rumtreibt, gehört zum alten Eisen, wer auf Twitter ist, na ja, siehe oben.

Dass die Regierung ihre Kommunikationsstrategie modernisiert, hat sich während der Corona-Krise angedeutet: Die Verhaltensregeln und Durchhalteparolen wurden von einer Kommunikationsagentur professionell inszeniert, und der bundeseigene Youtube-Kanal war wohl hauptsächlich wegen der dort übertragenen Medienkonferenzen so beliebt. Aber das kann aus Sicht des Bundes nur ein Anfang sein – ein Livestream ist längst noch nicht State of the Art.

Insofern ist es nur folgerichtig, dass Bundesbern künftig auf Social Media als Werkzeug zur Politikvermittlung setzen will. Dort hat es den direkten Draht zu den Bürgern und kann im besten Fall auch die Verbreitung von Fake News und Desinformation eindämmen. Wie sehr diese zum Problem geworden sind, hat sich auch in den vergangenen anderthalb Jahren gezeigt.

Eine kritische Einordnung der Politik durch Medienschaffende wird weiterhin ein zentrales Element der Demokratie bleiben.

Dass der Bund scheinbar mit der groben Kelle anrührt und hier gleich zehn neue Stellen schafft, mag erstaunen. Doch die Produktion von audiovisuellen Inhalten ist aufwendig. Zumal diese Mitarbeitenden ja auch die Arbeit der Departemente vermitteln sollen.

Dazu kommt noch die Kommunikation mit den Followern, die ja erst mit dem Posten eines Bildes oder eines Videos beginnt. Auch die Moderation von Kommentaren ist zeitaufwendig und kann psychisch herausfordernd sein – wer auf Facebook in die Kommentarspalten von Medienseiten schaut, weiss, dass die «sieben Zwerge» noch zu den charmanteren Beleidigungen gehört, die Bundespolitikerinnen über sich ergehen lassen müssen.

PR verbietet sich der Bund selbst

Vielleicht kann Bern so ja sogar einer Politikverdrossenheit bei der Jugend entgegenwirken. Allerdings droht die Gefahr, dass das Bundes-Instagram zum Werbekanal für die eigene Politik verkommt. Dass dort für Staatspropaganda kein Platz sein soll, steht dagegen im Strategiepapier: «Der Bundesrat wird keine PR-Kampagnen über die sozialen Medien durchführen.»

Wie schwierig diese Gratwanderung ist, kennt man aus den Abstimmungsbüchlein. Dies zu beobachten und gegebenenfalls an die eigenen Worte zu erinnern, wird auch die Aufgabe der Medien sein.

Dass die auf Journalisten ausgerichtete Kommunikation weiterhin zentral für den Bund und seine Departemente sein wird, macht er ebenfalls im Strategiepapier deutlich. Das ist gut: So sehr ein ungefilterter Zugang zu Entscheiden aus Bern für die Bürgerinnen interessant sein mag – eine kritische Einordnung der Politik durch Medienschaffende wird weiterhin ein zentrales Element der Demokratie bleiben.