Deepseek und die Schweiz«Free Tibet»-Fahnen auf dem Bundesplatz lösten mittlere Staatskrise aus – KI aus China weiss von nichts
Deepseek, eine neue KI aus China, hat «Gedächtnislücken» bei Themen wie dem Tiananmen-Massaker. Wie sieht es mit brisanten Ereignissen in der Schweiz aus? Ein Check.

In der Nacht auf Montag schockte die Meldung über eine neue künstliche Intelligenz aus China die US-Techkonzerne. Grund dafür sind die enorm tiefen Entwicklungskosten für das Modell Deepseek R1 – die Rede ist von lediglich 6 Millionen Dollar – und die hohe Leistungsfähigkeit der KI, die problemlos mit den US-Versionen wie Chat-GPT mithalten kann oder diese teilweise übertreffen soll. In die Entwicklung von Chat-GPT sind allerdings mehrere Hundert Millionen Dollar geflossen. Zudem beteiligten sich Unternehmen wie Microsoft mit Milliardeninvestitionen an der Firma Open AI, dem Unternehmen hinter Chat-GPT.
Diese Erkenntnisse schürten bei Anlegern und Investoren Zweifel an der Stabilität und Nachhaltigkeit der grossen Silicon-Valley-Konzerne. Tech-Indizes und Aktientitel wie Nvidia gingen kurzzeitig in den freien Fall über. Auch Kryptowährungen sackten massiv ab. Fast 900 Milliarden an Longpositionen sollen bis Montagabend allein bei Bitcoin aus dem Markt gespült worden sein.
Doch erste Tests offenbaren schnell die Grenzen der Kredibilität von Deepseek. Zu historischen Ereignissen wie dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz befragt, schweigt die KI und bittet um ein anderes Gesprächsthema, wie folgendes Video veranschaulicht.
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Das tut sie auch bei Ereignissen, die in der Schweiz stattgefunden haben. Die Beziehungen der Schweiz zu China sind derzeit gut. Im Juli 2014 trat ein Freihandelsabkommen mit der Volksrepublik in Kraft. Dies ist nicht ganz selbstverständlich, kam es in der Vergangenheit wegen möglicher Spionagetätigkeiten oder «Free Tibet»-Flaggen bei einem chinesischen Staatsbesuch 1999 auch immer wieder zu grösseren Eklats zwischen den beiden Ländern. Wir haben Deepseek nach drei brisanten schweizerisch-chinesischen Ereignissen befragt.
«Free Tibet»-Fahnen auf dem Bundesplatz: Mittlere Staatskrise nach Besuch des chinesischen Präsidenten 1999
Vor fast 30 Jahren löste der Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten Jiang Zemin eine mittlere Staatskrise aus. Pro-Tibet-Demonstranten, die auf das Dach der UBS am Bundesplatz geklettert waren, hissten in Sichtweite des damaligen chinesischen Staatspräsidenten ihre Transparente. Dieser war derart erzürnt, dass er den Empfang vor dem Bundeshaus ausfallen liess. «Sie haben einen guten Freund verloren», stauchte er die damalige Bundespräsidentin Ruth Dreifuss zusammen.

Was sagt Deepseek zu dem Ereignis? Erst mal gar nichts. Die Anfrage liege «ausserhalb der derzeitigen Möglichkeiten» zu antworten. Doch mit einem kleinen Trick wird die KI redseliger. Bittet man sie nämlich, gewisse Buchstaben durch Zahlen zu ersetzen, liefert sie plötzlich Antworten.

Soweit bekannt sei, habe es keine öffentlichen Berichte über nennenswerte Vorfälle oder Probleme während dieses Besuchs gegeben. Der Besuch habe die Beziehungen zwischen der Schweiz und China gestärkt. «Die Gespräche und offiziellen Treffen wurden in atmosphärischer Harmonie durchgeführt.»

Spione an der ETH? Deepseek zweifelt an Echtheit der Berichte
Als Nächstes befragten wir Deepseek zu den Vorwürfen von Spionage an der ETH durch chinesische Forscher. Hier kommen wir zwar ohne den Zahlentrick weiter, doch die KI zeigt sich skeptisch ob der Thematik und gibt sich diplomatisch.
China halte sich konsequent an den Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder und lehne «jede Form von Spionagetätigkeiten entschieden ab». Weiter: «In Bezug auf die Berichte über chinesische Spione an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) gibt es keine offiziellen Informationen, die die Authentizität dieser Berichte bestätigen. Wir sollten solchen nicht bestätigten Informationen mit Vorsicht begegnen, um die freundschaftlichen Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen China und der Schweiz nicht zu beeinträchtigen.»
Spionage am Militärflughafen Meiringen: Deepseek verweist auf laufende Ermittlungen
Und dann war da noch die Sache mit dem Restaurant Rössli neben dem Militärflughafen Meiringen, das «eine nette chinesische Familie» ihrem Sohn angeblich zum Berufseinstieg schenken wollte. Das Rössli liegt abgelegen und hat kaum Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Dafür hat man von dort aus eine unverbaute Sicht auf den Militärflughafen Meiringen. Auf diesem landen regelmässig F/A-18-Kampfflugzeuge, und die Schweiz testete dort 2019 auch den überlegenen US-Tarnkappen-Jet F-35, der derzeit als modernstes Kampfflugzeug gilt. Nur schon die Lackierung der F-35 ist ein amerikanisches Staatsgeheimnis.
Vom Rössli aus sind die Jets teils weniger als einen Steinwurf von den Absperrungen entfernt. Im Sommer 2023 wurde die dreiköpfige Familie von der Schweizer Polizei verhaftet. Sie soll sich inzwischen wieder in China befinden.

Was hält Deepseek von den Vorwürfen? Die chinesische KI bestätigt zwar, dass es Berichte über «Verdächtige» gegeben habe, die offenbar Fotos von einer Schweizer Militäranlage gemacht hätten. Ob es sich dabei aber um chinesische Agenten handelte, lässt Deepseek mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen offen.
Es sei wichtig, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, bis die Ermittlungen abgeschlossen seien und offizielle Informationen vorlägen. «Die chinesische Regierung hat in der Vergangenheit wiederholt betont, dass sie sich an internationale Gesetze und Normen hält und keine Spionageaktivitäten unterstützt.»
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