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Trost aus England
«Immerhin seid ihr im Skifahren besser als wir»

«Football’s Coming Home!» Im Pub Dog & Fox träumt man nun vom Europameistertitel.
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England macht gerade eine schwierige Phase durch. Oder genauer: schon seit einer Weile. «Der Brexit hat das Land weiter gespalten», sagt Pete, während im Pub Dog & Fox in Wimbledon Village der EM-Viertelfinal gegen die Schweiz auf allen Bildschirmen läuft und das Bier in Strömen aus den Zapfhähnen fliesst. Der Brexit ist schon eine Weile her: Am 31. Januar 2020 trat das Vereinigte Königreich aus der EU aus. Doch Pete hat einen Traum, und der hat mit Fussball zu tun. 

Das Spiel ist anfangs eher lau, da kann man über Träume reden. «Ich möchte einfach einmal erleben, wie England Europameister oder Weltmeister wird», sagt Pete, der in Wimbledon aufgewachsen ist und inzwischen schon einige graue Haare hat. «Ich möchte erleben, wie die Leute auf die Strasse gehen und zusammen feiern. Ich möchte sehen, was da alles abgeht.»

Er mache sich nicht die Illusion, dass ein solcher Erfolg das Land auf Dauer zusammenschweissen würde. «Aber ich glaube, er könnte schon etwas auslösen», sagt er und nickt.

Die England-Trikots sind hip – auch zum Minirock

Im legendären Pub, eine Viertelstunde den Hügel hinauf vom All England Club, sind auch schon die Wimbledon-Champions John McEnroe und Pat Cash mit der Gitarre aufgetreten. Doch nun ist hier Fussball König. Viele haben das englische Nationaltrikot übergestreift, in klassisch Weiss oder Rot. Nicht nur eingefleischte Fussballfans mit Bierbäuchen, auch Frauen in Miniröcken und Stiefeln. Die «Three Lions» sind hip, obschon sie an dieser EM noch nicht so gut gespielt haben.

«Die Franzosen stehen im Halbfinal, und was haben sie gezeigt?», sagt Eddie, der Kumpel von Pete. «Nichts! Nur Penaltys können sie schiessen.» Aber klar: Um diese Schweizer zu schlagen, braucht es eine Steigerung, da sind sich alle einig. Eddie bringt es auf den Punkt: «Wir haben Stars – die Schweizer ein Team.» 

Die Boulevardzeitung «Sun» glaubt gar, im grossen Spiel brauche es göttlichen Beistand. Sie schickte zwei Reporter zum nationalen Schrein von St. Jude in der katholischen Kirche in Faversham in der Grafschaft Kent. Der heilige Judas Thaddäus war ein Jünger Jesu, der in besonders aussichtslosen Fällen angesucht wurde.

Die «Sun» betet für Bellingham und Pickford

Die «Sun» druckt ein Gebet ab: «Bitte gib unserem Helden Jude Bellingham, der deinen Namen trägt, Kraft. Und sollte es ins Penaltyschiessen gehen, lass uns daran erinnern, dass Jesus rettet … wie auch Jordan Pickford. Amen.» Wenn man schon betet, kann es nicht schaden, sich für alle Eventualitäten abzusichern.

Doch es läuft nicht gut, England gerät in Rückstand, es wird ruhig im Dog & Fox. «Der Druck aufs Nationalteam ist einfach zu gross», sagt Pete kopfschüttelnd. «In den Clubteams spielen die Spieler alle gut, aber die Last, England erlösen zu müssen, wiegt zu schwer. Wieso sollten wir gewinnen, nur weil wir vor langer Zeit dieses Spiel erfunden haben? Das ist doch Rubbish.»

Doch dann gleicht Bukayo Saka mit einem Bananenschuss aus, alle reissen im Dog & Fox die Arme hoch und jubeln ausgelassen, Bier spritzt herum. «Sie brauchten diesen Tritt in den Hintern», sagt Eddie, der nun voller Optimismus ist.

Er verliert seine Zuversicht auch nicht, als es ins Penaltyschiessen geht – nicht gerade die Lieblingsdisziplin der Engländer. Mit jedem verwandelten Penalty wird es wilder im Pub, und als es geschafft ist, singen alle die Fussballhymne «Football’s Coming Home».

Pete klopft dem Schweizer Reporter tröstend auf den Rücken, Eddie sagt: «Immerhin seid ihr im Skifahren besser als wir.»