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Bellingham, Mbappé und Konsorten
Die zehn grössten Nervensägen dieser EM

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Jordan Pickford: Der Beizenschläger

GELSENKIRCHEN, GERMANY - JUNE 30: England goalkeeper Jordan Pickford celebrates after his team's first goal during the UEFA EURO 2024 round of 16 match between England and Slovakia at Arena AufSchalke on June 30, 2024 in Gelsenkirchen, Germany. (Photo by Joe Prior/Visionhaus via Getty Images)

Torhütern wird oft nachgesagt, eigen zu sein. Einige seien gar verrückt. Einige wie vielleicht der englische Nationalgoalie Jordan Pickford.

Mit dem Ball nie über alle Zweifel erhaben, im Strafraum aber gar nicht mal so schlecht, eckt der 30-Jährige vor allem an mit: seinen nach hinten gegelten Haaren, dem irren Zeitspiel, den Wutausbrüchen und den unkonventionellen Bewegungen.

Um Sekunden zu schinden, lässt er sich auch dann noch auf den Boden fallen, wenn er einen völlig harmlosen Ball gerade mühelos stehend gefangen hat. Mit Everton hat er Virgil van Dijk im Liverpooler Derby einmal abgeräumt wie eine Betonwalze. Für Van Dijk wars ein Kreuzbandriss, für Pickford ging es unbestraft weiter wie für die Haudegen der TV-Serie «Peaky Blinders».

Bei den Prüglern aus dem Birmingham der 1920er-Jahre könnte Pickford problemlos an vorderster Front mitlaufen. Er legt sich mit Gegenspielern, Schiedsrichtern oder notfalls auch Mitspielern an – als stünde gerade irgendwo in der englischen Provinz die nächste Kneipenschlägerei an. Leise Hoffnungen bestehen trotzdem, dass die Schweizer im Viertelfinal am Samstag ohne blaues Auge davonkommen – aber dafür mit einem Sieg. (lob)

Cristiano Ronaldo: Der Gockel

Nein, über die Tränen regen wir uns nicht auf. Natürlich gibt es auch jetzt Leute, die behaupten, dass Ronaldo nach seinem verschossenen Penalty gegen Slowenien nur deshalb auf dem Platz zu weinen begonnen habe, um seinen grenzenlosen Selbstdarstellungstrieb zu befriedigen. Aber das ist Unsinn.

Vieles an Ronaldo mag gekünstelt sein, sein Ehrgeiz ist es nicht. Dieser hat ihn zum wandelnden «Guinnessbuch der Rekorde» gemacht. Und der Ehrgeiz lässt Ronaldo auch jetzt, mit 39, wie einen Besessenen über das Feld jagen. Zwanzig Schüsse hat er abgefeuert, keiner kommt an der EM auf mehr.

Bloss: Getroffen hat er nie. Doch noch immer schnappt er sich vor jedem Freistoss mit einer Selbstverständlichkeit den Ball, als sei auf der Welt nur er dazu befähigt. Und dann diese Pose, dieses breitbeinige Gegockel, als wäre er ein Revolverheld. Nicht zum Aushalten! Dabei hat er bei sechs EM-Teilnahmen keinen einzigen Freistoss direkt verwandelt, nimmt man die fünf WM-Teilnahmen dazu, war nur einer von sechzig Versuchen erfolgreich. Das ist zum Weinen. (dwu)

Manuel Neuer: Der Reklamierarm

Über Manuel Neuers Reklamierarm sind schon ganze Texte verfasst worden, so nervtötend ist er. Immer dann, wenn der Goalie ein Tor erhielt, schnellte der Arm nach oben, um dem Schiedsrichter zu signalisieren, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein muss. Sonst hätte sich Neuer ja nicht bezwingen lassen. So selbstbewusst ist er. So unsportlich auch.

Dabei hatte er diesen Reflex nie nötig. Jahrelang war er der Beste seines Fachs – unvergessen, wie er 2014 die Deutschen als Libero mit Handschuhen zum Weltmeistertitel hexte. Der Reklamierarm ist älter geworden, mit 38 zuckt er nicht mehr bei jeder Gelegenheit, an dieser EM nur beim Tor der Dänen. Und da völlig zu Recht. Und doch warten wir immer noch jedes Mal, dass er sich bemerkbar macht. So gebrannt sind wir. (dwu)

Dani Carvajal: Der Meckerer

Daniel Carvajal right-back of Spain and Real Madrid protest to referee during the UEFA EURO 2024 group stage match between Spain and Italy at Arena AufSchalke on June 20, 2024 in Gelsenkirchen, Germany. (Photo by Jose Breton/Pics Action/NurPhoto via Getty Images)

Ich mag Aussenverteidiger, die hinten dichthalten und vorne mitspielen. Die plötzlich im gegnerischen Strafraum stehen, einen klugen letzten Pass spielen oder den Ball gleich selbst ins Tor spedieren. Dani Carvajal ist Aussenverteidiger, er hält hinten dicht und spielt vorne mit. Er kann kluge Pässe spielen oder den Ball gleich selbst ins Tor spedieren. Er nervt trotzdem. Und zwar ziemlich: teilt immer wieder unfair aus. Spielt das Unschuldslamm. Mimt den Schwerverletzten. Meckert ständig. Ein Egozentriker vor dem Herrn. (ukä.)

Joshua Kimmich: Der Vorlaute

Streng genommen, müsste man Joshua Kimmich ja mögen. Der junge Mann leistet sich den Luxus, sich keinen Berater zu leisten, er handelt sich seine Verträge selbst aus. Er traut sich, zu sagen, wenn ihm etwas nicht passt. Notfalls auch öffentlich. Zum Beispiel, wenn es um seine Position als Aussenverteidiger geht, die ihm nicht wirklich passt, die er jetzt aber trotzdem zu aller Zufriedenheit erfüllt.

Kimmich ist einer jener Typen, die dem modernen Fussball zunehmend fehlen. Als Fan seiner Teams würde man ihn feiern. Wenn man das nicht ist, nervt der vorlaute Terrier. (wie)

Kylian Mbappé: Der Abgehobene

Emmanuel Petit, der Weltmeister von 1998, hat es mal so gesagt: «Kylian nervt nur noch!» Und er hat ja recht. Ist schon ein bisschen her, dass der damals 19-jährige Mbappé bei der WM 2018 den Titel gewann und im Anschluss verkündete, dass er seine Prämien spenden werde.

Inzwischen ist er – so heisst es – bei einem Gehalt von 110 Millionen Dollar pro Jahr angekommen. Und trotzdem findet er Gründe, sich zu beklagen: Bei seinem ehemaligen Club PSG ging er auf Konfrontationskurs, bemängelte die Transferpolitik oder zeigte lustlose Leistungen, als wäre die Ligue 1 unter seiner Würde. Und als er und sein Trainer mal gefragt wurden, ob sie sich nicht vorstellen könnten, mit dem Zug zu einem Auswärtsspiel zu reisen statt mit dem Flugzeug, da konnte Mbappé nur lachen.

Ja, es ist nicht mehr viel übrig von dem Spieler, den die Welt an der WM 2018 kennen gelernt hat. (tip)

DOHA, QATAR - NOVEMBER 16: Kylian Mbappe of France disembarks the airplane at Hamad International Airport ahead of FIFA World Cup Qatar 2022 on November 16, 2022 in Doha, Qatar. (Photo by Oliver Hardt - FIFA/FIFA via Getty Images)

Jude Bellingham: Der Aufschneider

Ist das Feindbild meines Feindbilds mein Freund? Denn dass die ethisch bekanntlich vorbildliche Uefa wegen einer obszönen Geste eine Untersuchung eingeleitet hat gegen Jude Bellingham, müsste den Engländer beim aufgeklärten Fan eigentlich rehabilitieren. Eigentlich. Doch wenn der wertvollste Spieler der Welt nach erfolgreichem Torschuss erst seine Hand küsst, sich dann mit dieser in den Schritt fasst und das Ganze später als «Insider-Witz für ein paar enge Freunde» bezeichnet: Dann will er mich ja gar nicht zum Freund. Dann bin ich dank 46 Kameras im Stadion, von denen Bellingham nun wirklich nichts wissen konnte, nur ein ganz normaler TV-Zuschauer.

GELSENKIRCHEN, GERMANY - JUNE 30: Jude Bellingham of England (R) celebrates with teammate Harry Kane after scoring his team's first goal during the UEFA EURO 2024 round of 16 match between England and Slovakia at Arena AufSchalke on June 30, 2024 in Gelsenkirchen, Germany. (Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Und in dieser Rolle sehe ich einen jungen Mann, der beim dritten Spiel in Folge mit jeder Faser demonstriert, dass er trotz angeblich 180 Millionen Euro Marktwert einfach viel zu wenig Anerkennung erfährt. «Who else?», fragt er nach seiner einzigen gelungenen Aktion, während Mitspieler sich jubelnd um ihn scharen. Ein Insider-Witz für enge Freunde? «Who cares?», würde ich antworten. Doch angenehmerweise gehöre ich gar nicht dazu. (phm.)

Bruno Fernandes: Der Mähdrescher

Überbewertet, schwache Mentalität, egoistisch. Das dürfte Bruno Fernandes in Fanforen über sich lesen. Gut, Internetforen sind oft nicht der Ort des intellektuellen Austausches, doch das Potenzial zur Reizfigur besitzt der 29-Jährige durchaus.

Er ist sich jedenfalls nicht zu schade, seine Gegenspieler umzumähen wie ein frisch geölter Mähdrescher, um sie dann gleich mit «Schwalbenkönig»-Vorwürfen einzudecken. Wird hingegen der Portugiese einmal etwas härter angegangen, brüllt er nicht nur lauter als ein zehnköpfiger Männerchor, sondern steht auch bezüglich Theatralik keinem Absolvent einer Schauspielschule in etwas nach.

Dieser Kontrast kann das Spiel des eigentlich hochbegabten Fussballers unerträglich machen. (lob)

FRANKFURT - Pain for Bruno Fernandes of Portugal during the UEFA EURO 2024 round of 16 match between Portugal and Slovenia at the Frankfurt Arena on July 1, 2024 in Frankfurt, Germany. ANP | Hollandse Hoogte | Gerrit van Keulen (Photo by ANP via Getty Images)

Wout Weghorst: Der Trashtalker

Wout Weghorst ist einer dieser Stürmer, die ihre Tore schiessen, weil sie am richtigen Ort stehen. Er ist ein Arbeiter und Stolperer, das macht ihn in der auf Perfektion getrimmten Fussballwelt ja grundsätzlich sympathisch. Allerdings wurde Weghorst kürzlich von ZDF-Experte Christoph Kramer als grösster Trashtalker dieses Sports entlarvt. Kramer weiss das, weil er in der Bundesliga oft auf den Niederländer traf. Dieser würde nicht einmal davor zurückschrecken, die Mütter anderer Spieler zu beleidigen.

Goutieren wir nicht. Aber immerhin bescherte uns Weghorst, wohl auch dank Trashtalk, einen grossen Moment der WM 2022 in Katar. Wir erinnern uns nur zu gern daran, wie er es schaffte, nach dem Viertelfinal gegen Argentinien von Lionel Messi himself angepöbelt zu werden: Qué miras, bobo? Was schaust du, Blödmann? (mro)

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Ralf Rangnick: Der Alleswisser

Eins vorneweg: Es geht hier nicht um den Menschen Ralf Rangnick, der nervt. Dass er drei Spieler nach homophoben Gesängen nicht mehr fürs Nationalteam aufbietet – stark! Wie er sich während der EM zum Rechtsruck in Europa äussert («Müssen auf dem rechten Auge wachsam sein») – wichtig!

Was aber nervt, ist der Trainer Rangnick. Seit er 1998 im ZDF über die Viererkette dozierte, halten ihn alle für ein Genie – und er sich am allermeisten. Rangnick tritt auf, als hätte er nicht nur die Viererkette, sondern den modernen Fussball im Alleingang erfunden. Trainer wie Klopp, Tuchel oder Guardiola gibt es nur seinetwegen. Und keine Aufgabe ist zu klein: «Global Sports Director» bei RB Leipzig oder Berater von Manchester United, WO ER SICH – na klar! – auch zutraut, diesen kaputten Club an der Seitenlinie zu retten. Komisch nur, dass Alleskönner Rangnick kaum was gewonnen hat: Ein Cupsieg mit Schalke ist neben dem gerade erreichten EM-Achtelfinal wohl sein grösster Erfolg als Trainer. Ziemlich wenig für einen, der alles kann. (tip)