Verschiebung der WMEine Heim-WM im neuen ZSC-Stadion?
Swiss Ice Hockey peilt eine Verlegung der abgesagten Weltmeisterschaft auf 2023 an, nicht auf 2021. Das eröffnet neue Perspektiven.
René Fasel lächelte am Samstag als Sieger in die Kameras des Schweizer Fernsehens. Der Präsident des Eishockey-Weltverbands triumphierte im Samschtig-Jass mit nur elf Punkten Differenz in drei Durchgängen. Zweimal sagte er null an, zweimal vermied er einen Stich. Anstatt einen Pokal zu vergeben, nahm er für einmal einen in Empfang. Die Sendung war Anfang März aufgezeichnet worden, Bastian Baker sang den WM-Song, das Maskottchen Cooly tanzte. Es scheint eine Ewigkeit her.
«Ach, so schade, dass alles so gekommen ist», seufzt Fasel. Mit seinem Team und den diversen Landesverbänden ist er derzeit daran, die Zukunft zu planen – mit allen Unwägbarkeiten wegen des Coronavirus. Und natürlich treibt ihn die Frage um, was mit der abgesagten WM in der Schweiz geschieht. Auf Mittwoch ist ein nächster Videocall angesetzt mit Vertretern von Swiss Ice Hockey und des Vermarkters Infront, der 50 Prozent der WM hält. «Wir müssen von den Schweizern bald einmal wissen, ob Interesse da ist für 2021», sagt Fasel. Wobei er durchblicken lässt, dass diese Variante immer schwieriger wird.
Nicht zu jedem Preis
Auch bei Swiss Ice Hockey hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Verschiebung aufs nächste Jahr keinen Sinn macht. «Wir möchten so schnell wie möglich ein Eishockeyfest in der Schweiz», sagt CEO Patrick Bloch. «Wir müssen jetzt einen Entscheid fällen. Aber die ökonomischen Risiken für 2021 sind Stand heute sehr hoch.» Es gibt keine Garantie, dass es bis im nächsten Frühjahr eine Impfung gibt gegen das Coronavirus. Also ist noch fraglich, ob und wie dann überhaupt eine WM stattfinden kann. «Und wie steht es dann mit der Kaufkraft der Wirtschaft?», fragt Bloch. «Haben die KMUs dann noch Geld, um in Hospitality-Pakete zu investieren? Und können oder wollen sich die Fans aus dem Ausland dann eine Reise in die Schweiz leisten?»
Kommt dazu, dass die Schweizer die Organisationskomitees der folgenden beiden Weltmeisterschaften (Riga/Minsk und Helsinki/Tampere), die ja um je ein Jahr zurückgeschoben würden, abgelten müssten. Von einem Betrag von gegen drei Millionen Euro ist die Rede. 2023 wäre es günstiger, und es kommt dazu, dass die WM in Sankt Petersburg alles andere als gesichert ist, weil die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) im Dezember 2019 wegen Staatsdopings eine vierjährige Sperre gegen die russischen Athleten verhängt hat. Verboten sind in dieser Periode auch sportliche Grossveranstaltungen in Russland.
Die russische Anti-Doping-Agentur legte beim internationalen Sportgerichtshof TAS in Lausanne Rekurs ein, das Urteil wird aber erst in einigen Monaten erwartet. Und man geht nicht davon aus, dass die Sperre aufgehoben wird. Für die Planungssicherheit wäre es also das Eleganteste, die Schweizer WM für 2023 einzufügen und die folgenden Turniere nach hinten zu verschieben. Und wenn jemand die Russen überzeugen kann, dann Fasel. Ansonsten wäre erst 2026 wieder frei. Die Schweiz würde da fast sicher den Zuschlag erhalten, sollte sie sich bewerben. Doch dann wären seit der letzten Heim-WM 17 Jahre verstrichen.
2023 würde auch neue Perspektiven eröffnen: Denn im August 2022 wird die neue ZSC-Arena in Zürich-Altstetten eingeweiht. Während man 2021 mit dem gleichen Konzept und dem weitgehend gleichen OK fahren würde, könnte man sich im Hinblick auf eine allfällige Durchführung 2023 die Stadionfrage durchaus neu stellen, sagt Michael Rindlisbacher, der Verwaltungsratspräsident von Swiss Ice Hockey. Die Swiss-Life-Arena ist anders als das Hallenstadion eine reine Hockeyarena, es wären da weniger zusätzliche Bauten nötig und so wohl auch weniger Zusatzkosten fällig. Zudem verfügt das neue ZSC-Stadion auch über eine integrierte Trainingshalle, wie das heute Standard ist.
Wenn es einen Vorteil gibt, dann der: Wir können gewisse Learnings mitnehmen.
«Wenn es einen Vorteil gibt aus der Verschiebung, dann der: Wir waren schon sehr gut unterwegs für die WM, aber gewisse Learnings könnten wir mitnehmen», sagt Rindlisbacher. Swiss Ice Hockey wird den Entscheid, auf welche WM die Schweiz aspiriert, mit dem Weltverband absprechen und vorgängig auch die Meinung der Clubs abholen. Und deren Stimme ist deutlich: 2023 und nicht 2021! Zumal sich die Wirtschaft bis dann wieder etwas erholt haben dürfte.
Bis zum definitiven Entscheid will Rindlisbacher aber die Antwort des Versicherers abwarten zum Fall der abgesagten WM 2020. Mitte Mai werde man so weit sein, stellt er in Aussicht. Doch man muss kein Prophet sein, um zu ahnen, in welche Richtung es geht. Zumal es sich empfiehlt, René Fasel im Boot zu haben. Denn der Freiburger weiss nicht nur im Jassen, welche Karte man zu welchem Zeitpunkt spielen sollte.
Fehler gefunden?Jetzt melden.