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Meinung

Gastkommentar
Eine naturverträgliche Energiewende ist möglich

Wo sollen Energieanlagen realisiert werden? Darüber wird derzeit nicht nur in der Schweiz debattiert.
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Die beiden grössten Herausforderungen für die Menschheit sind die Klima- und die Biodiversitätskrise. Beide Krisen haben dieselben Ursachen: den achtlosen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Intakte Ökosysteme wie Feuchtgebiete und natürliches Wiesland speichern grosse Mengen CO₂. Der Schutz und die Wiederherstellung intakter Ökosysteme tragen somit gleichzeitig zum Klima- und Biodiversitätsschutz bei. Deshalb kämpft Birdlife Schweiz dafür, dass beide Krisen gemeinsam angegangen werden.

Das bedeutet: Energieanlagen sollen dort realisiert werden, wo der Schaden an der Biodiversität am geringsten ist. Das geht mit Fotovoltaik auf Gebäuden und bestehenden Infrastrukturen. Doch hier ist die Politik jahrelang auf der Bremse gestanden. Das Potenzial übertrifft den Gesamtstromverbrauch der Schweiz, und mit Pumpspeicherkraftwerken hat unser Land ideale Voraussetzungen, um die produzierte Energie zu speichern.

Die simple Einteilung in Promotoren und Gegner der Windkraft wird der Arbeit von Birdlife nicht gerecht.

Wichtig sind zudem eine stark verbesserte Energieeffizienz und die europäische Einbindung. Während in der Schweiz der Winterstrom knapp scheint, hat Mitteleuropa einen winterlichen Überschuss. Immer wieder werden zum Beispiel in Norddeutschland Windenergieanlagen trotz guter Windverhältnisse abgeschaltet. Die Netzkapazität muss also rasch erhöht werden. Ergänzend und wo dies biodiversitätsverträglich ist, soll die Windenergie auch in der Schweiz genutzt werden.

Aktuell gibt in der Schweiz die Lex Windkraft zu reden. In diesem Zusammenhang ist Birdlife als windkraftkritische Organisation bezeichnet und fälschlicherweise in die Nähe von Windkraftgegnern gerückt worden. Die simple Einteilung in Promotoren und Gegner der Windkraft wird jedoch weder den engen Wechselwirkungen zwischen Klima- und Biodiversitätskrise noch der Arbeit von Birdlife gerecht.

Windenergieanlagen haben je nach Standort einen starken Einfluss auf die Biodiversität. Durch eine sorgfältige Standortwahl lässt sich der Schaden reduzieren. In der Vergangenheit geschah aber leider oft das Gegenteil: Kantonale Richt- sowie Nutzungsplanungen waren ungenügend, notwendige Daten wurden nicht erhoben, oder die Biodiversität wurde erst am Ende einer langen Kaskade von Faktoren zur Standortwahl berücksichtigt. Projekte, die den Gesetzen zum Schutz unserer Lebensgrundlagen widersprachen, wurden trotzdem vorangetrieben – zuletzt musste das Bundesgericht korrigieren.

Wenn mit der Lex Windkraft der Zugang zum Bundesgericht eingeschränkt würde, wäre das der falsche Ansatz.

Das Bundesgericht nimmt im Rechtsstaat eine sehr wichtige Rolle ein und kippt Entscheide der Vorinstanz nur, wenn Gesetze klar nicht eingehalten wurden. Wenn mit der Lex Windkraft nun der Zugang zum Bundesgericht eingeschränkt würde, wäre das der falsche Ansatz und eines Rechtsstaates nicht würdig. Das Ziel schnellerer Verfahren ist sehr zu begrüssen. Entscheidend ist, dass darunter nicht die Qualität der Planung leidet – denn diese ist wie dargelegt entscheidend. Vielmehr sollte das Parlament ausreichend Ressourcen sowohl bei den Planungsbehörden als auch bei den Gerichten vorsehen, damit diese Arbeiten zeitnah und in guter Qualität ausgeführt werden können.

Birdlife wird sich weiterhin für intakte Ökosysteme und eine hohe Artenvielfalt einsetzen, denn eine naturverträgliche Energiewende ist möglich und ebenso notwendig wie massiv verstärkte Massnahmen zugunsten der Biodiversität.

*Raffael Ayé ist Geschäftsführer der Naturschutzorganisation Birdlife.