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Corona-Impfungen in Afrika
Eine halbe Million Dosen für mehr als eine Milliarde Menschen

Lockdown und Knast für Maskenverweigerer: Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa kündigte Ende Dezember neue Massnahmen gegen die Pandemie.
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Es sah so aus, als würde eine grössere Ladung Diamanten oder Gold ankommen auf dem internationalen Flughafen von Johannesburg. Das Frachtterminal war weiträumig abgesperrt, Polizisten patrouillierten mit Maschinenpistolen. Das Fernsehen übertrug live, als zu Wochenbeginn eine Emirates-Maschine aufsetzte. Präsident Cyril Ramaphosa nahm sie in Empfang, zusammen mit seinem Vize und dem Gesundheitsminister. Sie studierten die Frachtpapiere, so, als könnten sie selbst noch nicht ganz glauben, was gerade passierte: An Bord befanden sich 500’000 Dosen Corona-Impfstoff – die erste grosse Lieferung nach Subsahara-Afrika. Eine halbe Million Dosen für mehr als eine Milliarde Menschen.

Südafrikas Gesundheitsbehörden werden den Impfstoff nun prüfen und ihn in den kommenden Tagen oder Wochen dann genehmigen. Bis dahin soll es noch eine zweite Lieferung von einer Million Dosen aus Indien geben, wo der Impfstoff hergestellt wird. Die südafrikanische Regierung will zuerst alle Angestellten im Gesundheitswesen impfen, viel weiter reichen die Planungen nicht, weil noch nicht klar ist, wann weiterer Nachschub kommt. Wie andere Länder hat auch Südafrika zu wenig zu spät bestellt. Offenbar war auch nicht gleich genug Geld vorhanden, um in Vorkasse gehen zu können.

Südafrikaner müssen deutlich mehr zahlen

Das Land ist in einer misslichen Lage: Es ist zu reich, um von internationalen Organisationen Gratisimpfstoffe zu bekommen oder zumindest einen Rabatt. Es ist aber zu arm, um sein Problem mit viel Geld zu lösen, wie es etwa die USA und Grossbritannien getan haben.

In Südafrika hatten zwar Tausende Menschen an den Studien zur Wirksamkeit von drei Impfstoffen teilgenommen: An denen von Johnson & Johnson, AstraZeneca und Novavax – eine Garantie, deshalb auch unter den ersten Empfängern zu sein, gibt es dadurch aber nicht. «Die reichen Länder haben sich grosse Mengen gesichert, bis zu viermal so viel, wie sie brauchen», beklagte Präsident Ramaphosa. Auch er hat mittlerweile bei den Bestellungen nachgelegt, aber wann wie viel kommt, ist nicht klar. Für die Ware, die das Land erreicht, muss es deutlich mehr zahlen: AstraZeneca verlangt 5.25 Dollar pro Dosis, mehr als doppelt so viel wie die 2.16 Dollar, die es der EU in Rechnung stellt. Die habe aber anders als Südafrika zuvor massiv in die Entwicklung des Impfstoffes investiert, sagt der Hersteller.

Die zuerst in Südafrika entdeckte Mutante des Virus könnte dazu führen, dass der Kontinent mehr und schneller Impfstoff erhält.

Auch Südafrika hat in den vergangenen Jahrzehnten versucht, eine eigene Impfstoffproduktion aufzubauen, geklappt hat es bisher nicht. Der nun gelieferte Impfstoff wird in Indien hergestellt, in Lizenz von AstraZeneca. Johnson & Johnson will seinen Impfstoff künftig zumindest auch in Südafrika abfüllen und verpacken lassen – ein Verfahren, das komplizierter ist, als es sich anhört, aber eben auch keine Gewissheit gibt, dass der Impfstoff auch in Südafrika bleibt und nicht nur in den Export geht. Lange sah es so aus, als wäre das den westlichen Ländern eher egal. Doch nun könnte die zuerst in Südafrika entdeckte Mutante des Virus letztlich sogar dazu führen, dass der Kontinent mehr und schneller Impfstoff erhält. «Wir sind alle nicht sicher, wenn nur manche Länder impfen und andere nicht», sagt Ramaphosa.

WHO-Chef mahnt zur Eile

Ende vergangenen Jahres war die Hilfsorganisation Oxfam noch davon ausgegangen, dass die weltweit 70 ärmsten Länder bis Ende 2021 nur zehn Prozent ihrer Einwohner impfen können. Das Virus hätte genug Zeit, weitere Mutanten zu bilden, gegen die die Impfstoffe womöglich nicht mehr wirksam wären. Der Pharmakonzern Johnson & Johnson teilte kürzlich mit, dass sein Impfstoff in Südafrika nur zu 57 Prozent wirksam sei. Eine Zahl, die weltweit für Entsetzen auslöste. Denn die südafrikanische Mutante verbreitet sich gerade auf dem ganzen Globus und ist im Land selbst schon für 90 Prozent aller Neuinfektionen verantwortlich. Was in der Studie von Johnson & Johnson nach Ansicht südafrikanischer Mediziner untergegangen war: Der Impfstoff schützt im weltweiten Mittel immer noch vor 85 Prozent aller Infektionen und nach 28 Tagen sogar zu 100 Prozent vor einem tödlichen Verlauf.

Dennoch mahnt WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus zur Eile. Wenn nicht deutlich mehr Impfstoffe zur Verfügung stünden, werde es bis mindestens 2023 dauern, bis in Afrika Herdenimmunität erreicht werde. Auch hier steigen in der zweiten Welle die Infektionszahlen rasch an, nicht anders als in Europa, nur steht das Gesundheitssystem in vielen strukturschwachen Staaten viel schneller vor dem Kollaps. Zumindest aus Südafrika gibt es aber auch gute Nachrichten: Obwohl die neue Mutante B.1.351 bis zu 50 Prozent ansteckender ist, scheint die zweite Welle hier ihren Höhepunkt überschritten zu haben. Die Infektionszahlen sinken. Am Montag erlaubte Präsident Ramaphosa den Verkauf von Alkohol wieder und liess die Strände öffnen.