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Ein unterirdischer Schmelztiegel

Downtown Express 72nd St. Station, Women Waiting on Platform West Side IRT.
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Sie sind dunkel, eng und erscheinen ziemlich unwirtlich: die Waggons der New Yorker U-Bahn, wo sich Ende der 1970er-Jahre auf 18 Quadratmetern bis zu 150 Fahrgäste drängten.

Gar als Hölle bezeichnete der Schweizer Fotograf Willy Spiller die Subway: «Hell on Wheels» nannte er eine Serie, die zwischen 1977 und 1984 entstand und zurzeit in der Zürcher Bildhalle zu sehen ist. Nicht nur die Waggons mit ihrer klaustrophobischen Enge hat er festgehalten, sondern auch die unterirdischen Perrons, das grelle Neonlicht, die mit Graffiti verschmierten Wände, die abgeschossenen Schilder.

Dangerous Ride, Boy Clinging Outside A Subway Car.
Rush Hour on Lexington IRT.
Conductor Between Subway Cars.

Spiller zeigt die Subway als Ort, der die Seele der Stadt spiegelt. Vor allem, weil die U-Bahn sozusagen der Schmelztiegel des Schmelztiegels ist: Hier kreuzen sich die Wege junger Frauen, die in die Ballettstunde fahren, mit jenen von Obdachlosen; hier treffen fidele Rentner-Ehepaare auf Hipster mit Kassettenrekordern; hier lungern Teenager in Unterhemden herum, daneben Angestellte in beigen Regenmänteln.

After the Rehearsal, Columbus Circle.
Riding Together.
Ghettoblaster Man Waiting, 72nd St. Station West Side IRT Line.
Grand Central Station, New York, 1983, Getting To The Office.

Willy Spiller, 1947 geboren, war zuerst Lokalreporter, reiste aber schon bald um die Welt und fotografierte für renommierte Zeitungen und Zeitschriften. Sechs Jahre verbrachte er in New York, und was an seinen Bildern aus jener Zeit auffällt, ist das Gespür fürs Lässige, für eine Coolness, die bis heute wirkt. Die Looks der Menschen wirken unangestrengt, ihre in sich gekehrten, gelassenen Blicke verraten die geübten Pendler.

Conversation on the A-Train.
A Train to Brighton Beach.

Das New York der 70er- und frühen 80er-Jahre ist natürlich längst zur popkulturellen Ikone geworden, verewigt in Filmen und Serien. Vielleicht wirken Spillers Fotografien auch darum heute anders als zu ihrer Entstehungszeit. So schreibt der ehemalige «Life»-Chefredaktor Bill Shapiro zur Ausstellung: «Die Distanz lässt uns die Bilder in einem neuen Licht sehen: Das Bedrohliche ist einer wehmütigen Nostalgie gewichen.» Die Hölle hat ihren Schrecken verloren.

On the Beat, Police Control, 72nd St. Station West Side IRT Line.

Ausstellung in der Bildhalle Zürich bis 20. Mai 2023. Artist Talk mit Willy Spiller am 4. Mai, 18:30 Uhr.