ZoomEin Klassiker in Knallbunt
Für die Ausstellung «Unseen Colour» wurden Arbeiten des Schweizer Reportagefotografs Werner Bischof aus den 1940er-Jahren rekonstruiert.
Der Schweizer Werner Bischof (1916-1954) ist bekannt als sozial engagierter Reportagefotograf, der primär schwarzweiss arbeitete. Und dann das: knallbunte Bilder mit farbigen Rändern. Letzteres ist übrigens kein Fehler, sondern verweist auf den Prozess, welcher den Aufnahmen von Orchideen oder einem Frauengesicht voranging.
Dass es Bischof, der 1954 bei einem Autounfall in den Anden ums Leben kam, auch in Farbe gibt, weiss man erst seit wenigen Jahren. 2016 waren zum 100. Geburtstag im Lausanner Fotomuseum Elysée diverse Farbfotografien zu sehen. Marco Bischof, Sohn und Nachlassverwalter, hatte die Schau mitkuratiert.
Letzterer war nun auch bei der aktuellen Ausstellung «Unseen Colour» in Lugano federführend. Nachdem er vor ein paar Jahren im Nachlass seines Vaters Glasplattennegative aus den 1940er-Jahren entdeckt hatte, begann eine ausführliche Recherche. Von jeder Fotografie gab es nämlich drei fast identische Negative auf Glas, aufgenommen mit einer sperrigen Devin-Tri-Color-Kamera. Übereinandergelegt, ergaben die Negative das komplette Bild – darum die farbigen Ränder. Marco Bischof und ein Team vom Museo d’arte della Svizzera italiana in Lugano rekonstruierten für jede Fotografie die korrekte Schichtung der Negative, um sich dem zu nähern, was der Urheber beabsichtigt hatte.
Zu sehen sind in «Unseen Colour» farbsatte Bilder, teilweise an der Grenze zum Kitsch, die sich aber durch ihre Präzision von der Werbefotografie jener Zeit abheben. Und die gleichzeitig Bischofs Auge fürs Wesentliche offenbaren. Das zeigt sich gerade bei den Arbeiten ausserhalb des Studios, wenn er etwa im zerbombten Berlin Trümmerfrauen fotografiert, die beinahe gemütlich ihre Arbeit verrichten, oder den zerstörten Reichstag im versöhnlichen Abendlicht: als noch frische Erinnerung an das Grauen des Kriegs.
Ausstellung Masi Lugano, bis 2. Juli.
Ab 26. August in der Fotostiftung Schweiz, Winterthur.
Fehler gefunden?Jetzt melden.