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Mamablog: Kinder in der Trotzphase
Ein schrecklich nettes Alter

Geballte Ladung: Die Trotzphase kann für Eltern zur Herausforderung werden.
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Ich muss gestehen, als ich den Begriff «Terrible Two» das erste Mal hörte, war ich zunächst etwas irritiert. Mein Kind ist doch nicht schrecklich. Kein Kind ist schrecklich. Allerhöchstens schrecklich herzig. Ich mag es generell nicht, wenn für Kinder Bezeichnungen wie «Goof», «Balg» oder «Lümmel» verwendet werden. Denn im Unterschied zum «Lausbuben», «Dreikäsehoch» oder «Sprössling» fehlt es ihnen an der nötigen Prise Herz und Humor. Ein Stück weit hängt das aber natürlich immer vom individuellen Empfinden ab. Den Ausdruck «Monschti» brauche ich beispielsweise gerne synonym für Schatz, was bei anderen womöglich Stirnrunzeln auslöst.

Einer dieser Tage

Ähnlich verhält es sich mit «Terrible Two». Ein ambivalenter Begriff, für den es die entsprechenden Erfahrungswerte abzuwarten gilt. Sie kommen ohnehin. Situationen also, die sich ab dem 3. Lebensjahr häufen und sich aus einem Mix aus unermüdlichem Tatendrang, nimmersattem Autonomiestreben und der neu erlangten Fähigkeit zum Trotzen zusammensetzen. «Wieder einer dieser Tage», dachte ich mir jeweils. Daraus wurde schnell ein «wieder eine dieser Wochen» und schliesslich erlagen auch wir dem Dauerchaos, in dem selbst Sisyphus an seine Grenzen geraten würde.

Seit mein Sohn sich zum Ziel gesetzt hat, bei all seinem Tun das Zepter in die Hand zu nehmen, sehen unsere Morgen in etwa so aus: Mit einem «uuufstooohh» weckt mich der Knirps, um sich dann an oder auf mich zu werfen. Gelingt die Kuschelattacke, nutzt er meine Benommenheit kaltblütig aus und schnappt sich mein Telefon, das ich womöglich vergessen hatte zu verstecken. Sind das Handy und damit auch das Interesse dafür deaktiviert, müssen dringend ein paar Runden mit dem Bobby-Car gedreht werden, wobei Tempo und Eleganz zwar für eine Rennfahrerkarriere, aber auch für eine Wohnungskündigung wegen Lärmbelästigung sprechen.

Je nach tagesaktuellen Vorlieben bedankt sich der Kleine dann oder verschmäht das in der Zwischenzeit vorbereitete Frühstück. Bin ich nicht schnell genug, fliegen Apfelschnitze oder Zwiebackreste gerne auch mal durch die Küche. Langsam verstehe ich, weshalb es diese Ganzkörper-Lätzchen gibt, sogar solche mit integrierter Beinpartie. Bevor endlich zum Wickeln und Anziehen übergegangen werden kann, erleiden Legosteine und Memorykarten dasselbe Schicksal wie Apfel und Zwieback.

Wenn die Mundwinkel langsam nach oben gehen

Haben wir uns bezüglich Jacke, Mütze und Schuhe endlich geeinigt, sodass das Kind zumindest nicht erfriert, und wir unseren Weg durchs Dickicht an herumliegenden Gegenständen nach draussen gebahnt, muss Mami sich erst einmal den Schweiss wegwischen. Gerade in den kälteren Monaten, während denen man sich das Winterequipment womöglich vor besagter Kleider-Einigungskonferenz mit dem Junior anzieht, kommt man sich nicht selten vor wie in der Sauna. Ohne Wellness-Effekt halt. Duschen kann man sich deshalb von Anfang an für später einplanen.

Also los, raus, atmen. Hierfür bleibt jedoch kaum Zeit. Denn auch wenn Kinder in Nullkommanichts in Weltuntergangsstimmung verfallen, so vermögen sie unsere Gereiztheit auch in Sekundenschnelle wegzuzaubern. Meine Mundecken ziehen sich denn auch bereits leicht nach oben, wenn die Suche nach unserem Auto durch ein lautes «Auuuutooooo, Aaaauuuuutoooo – wo bisch du?» begleitet wird. Erwischt mein Sohn dann noch den richtigen Moment und steigt vorne ein, um meinen Fahrstil bis ins Detail nachzuahmen, beschert mir dies einen Lachanfall, der den harzigen Start in den Tag wieder vergessen lässt. Sorry, so fahre ich aber bestimmt nicht Auto? Oder etwa schon? Ojemine! Das Nachahmungstalent dieses kleinen Menschleins lässt manch einen Komiker alt aussehen.

«Nei Mami, ned brüele»

So nervig das Trotzalter auch ist, so erstaunt es mich jeden Tag aufs Neue, wie der kleine Mann alles nachplappert und dabei plötzlich ganze Sätze von sich gibt oder sofort seine Hüfte schwingt, wenn von irgendwo her Musik erklingt. Und erst noch im Takt. Takt. Auf einmal weiss er nicht nur, wo sich sämtliche Bagger im Umkreis von zehn Kilometern befinden, sondern auch, wo ich was verstaut beziehungsweise versteckt habe. Zudem beginnt er Empathie zu empfinden.

So hat mich der Mental- und Care-Load kürzlich im falschen Moment erwischt, sodass die Tränen halt mal vor dem Duschen flossen – anstatt während. Das entging meinem Sohn natürlich nicht, was ihn zu einem: «Nei Mami, ned brüele» bewegte. Da musste ich erst recht weinen – dieses Mal vor Rührung. Plötzlich war es von einem Moment auf den nächsten egal, dass das Monschti zuvor noch das Badezimmer unter Wasser gesetzt hatte und ich ihn am liebsten vor die Tür gestellt hätte. Nun wollte ich ihn am liebsten nur noch ganz fest drücken und mich vielleicht noch auf eine Runde Verstecken einlassen. Die zwei Seiten des Kinderhabens eben.