News-Ticker zur Frühjahrssession+++ Lückenloses Tabakwerbeverbot geht den Bürgerlichen zu weit +++ Parlament will Flickenteppich bei Kesb-Beschwerden beseitigen
Die Räte debattieren in Bern unter anderem über die Corona-Politik, Medien und AHV. Die Frühlingssession im Ticker.
Das Wichtigste in Kürze:
Vom 1. bis 19. März halten National- und Ständerat im Berner Bundeshaus die Frühlingssession ab.
Das Programm ist reichhaltig, namentlich für die grosse Kammer. Vom Programm gestrichen wurde aber die geplante Wahl des neuen Bundesanwalts.
Volksinitiativen: Das Verbot von Tier- und Menschenversuchen steht ebenso zur Debatte wie die des Tabakwerbeverbots. Weiter muss sich der Nationalrat mit der Justizinitiative befassen.
Der Ständerat berät die Juso-Initiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern».
Umstritten in beiden Räten wird die Ausgestaltung der Medienförderung sein.
Gezankt wird — einmal mehr — um die neue AHV-Reform.
Nationalrat will Sicherung von Bankeinlagen stärken
Im Falle eines Bankkonkurses sollen Kunden rascher an ihr Geld kommen. Der Bundesrat will die Sicherung der Bankeinlagen stärken und Bestimmungen zur Bankensanierung gesetzlich verankern. Der Nationalrat hat am Freitag die entsprechende Teilrevision des Bankengesetzes fast unverändert übernommen.
Die Änderungen gehen auf Erkenntnisse aus der Finanzkrise von 2007 bis 2009 zurück. Damals mussten viele Banken mit staatlichen Mitteln gerettet werden. In der Folge wurden in vielen Ländern die Sanierungs- und Abwicklungsregimes überprüft.
Der Bundesrat hatte bereits früher Änderungen der Insolvenzbestimmungen vorgeschlagen. Das Parlament beauftragte ihn jedoch, dazu erst eine Vernehmlassung durchzuführen.
Parlament verabschiedet Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative
Das Parlament hat am Donnerstag die Arbeiten am indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative abgeschlossen. Damit werden die Kompetenzen der Pflegenden ausgeweitet. Kern des Gegenvorschlags ist eine Ausbildungsoffensive. Ob die Initianten die Volksinitiative nun zurück ziehen, wird sich zeigen.
Die Kantone sollen mit dem indirekten Gegenvorschlag verpflichtet werden, angehenden Pflegefachkräften Beiträge an die Lebenshaltungskosten zu leisten. Der tiefe Ausbildungslohn gilt als eine der Ursachen für die zu geringe Zahl von Abschlüssen. Zudem gibt es für Spitäler, Pflegeheime und Spitexorganisationen neu eine Ausbildungsverpflichtung, für welche die Kantone verbindliche Vorgaben machen zur Anzahl der Ausbildungsplätze.
Die Kantone wiederum sind verpflichtet, den Leistungserbringern die ungedeckten Kosten der praktischen Ausbildungsleistungen mindestens teilweise zu finanzieren. Dabei werden sie vom Bund während acht Jahren unterstützt. Die Kosten für die «Ausbildungsoffensive» belaufen sich auf 469 Millionen Franken.
Selbstständige Abrechnung möglich
Die Initiative lehnt das Parlament ab, auch wenn der akute Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal allseits anerkannt wurde – nicht nur, aber erst recht wegen der Corona-Pandemie. Der Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) fordert damit, dass Bund und Kantone die Pflege als wichtigen Bestandteil der Gesundheitsversorgung fördern. Mit dem indirekten Gegenvorschlag kommt das Parlament den Initianten nun entgegen.
Räte bereinigen Gesetz für weniger Risiken durch Pestizide
Das Parlament will mit dem Einsatz von Pestiziden verbundene Risiken mit neuen Vorschriften vermindern. Drei Monate vor der Abstimmung über die Trinkwasser- und die Pestizidverbotsinitiative haben die Räte ihre Vorlage bereinigt, mit einem Vorschlag der Einigungskonferenz.
Diese hatte beim letzten umstrittenen Punkt die Version des Ständerats beantragt. Demnach enthält die Vorlage keine Verpflichtung für die Kantone, bis 2035 zusätzliche Zuströmbereiche von Grundwasserfassungen zu bezeichnen.
Vernehmlassung zu zusätzlichen Wasserfassungen
In der Sache waren sich die Kammern zwar einig: Zusätzliche Zuströmbereiche sollen für den besseren Schutz des Grundwassers ausgeschieden werden. Ziel ist es, dass einsickernde Stoffe weniger Grundwasser und damit weniger Trinkwasser belasten.
Umstritten war aber das Vorgehen. Der Nationalrat wollte, um keine Zeit zu verlieren, diese Bestimmung gleich in die Vorlage aufnehmen. Der Ständerat wünschte ein separates Verfahren mit einer Vernehmlassung und wollte deshalb die Bestimmung nicht in der Vorlage haben. Dies beantragte nun auch die Einigungskonferenz.
Der Nationalrat hiess deren Antrag schliesslich mit 179 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen gut. Der Entscheid im Ständerat fiel mit 38 zu 3 Stimmen.
Munition für den Abstimmungskampf
Formell ist die Vorlage zwar kein indirekter Gegenvorschlag zur Trinkwasser- und zur Pestizidverbotsinitiative, über die am 13. Juni abgestimmt wird. Die Bestimmungen, die in beiden Räten zuweilen emotional diskutiert wurden, sollen den zwei Volksbegehren aber Wind aus den Segeln nehmen.
Vorgeschrieben wird neu, dass die mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verbundenen Risiken für Flüsse und Seen, naturnahe Lebensräume und als Trinkwasser genutztes Grundwasser reduziert werden sollen – gemäss Vorlage bis 2027 um 50 Prozent, dies gegenüber dem Mittel der Jahre 2012 bis 2015. Ist absehbar, dass das nicht gelingt, muss der Bundesrat handeln.
Gesenkt werden sollen zudem die Nährstoffverluste der Landwirtschaft. Konkrete Reduktionsziele enthält die Vorlage aber nicht. Der Nationalrat hat sich hier dem Ständerat angeschlossen. Stickstoff und Phosphor müssen demnach bis 2030 im Vergleich zum Mittel von 2014 bis 2016 «angemessen reduziert» werden.
ETH-Institutionen haben künftig beschränktes Beschwerderecht
Die Revision des ETH-Gesetzes ist in trockenen Tüchern. Damit haben die Institutionen der ETH künftig nun offiziell das Recht, gegen Entscheide des ETH-Rats Beschwerde einzureichen – ausser in zwei Bereichen. Eine Rechtsunsicherheit führte zur Gesetzesrevision.
Geregelt ist nun, dass der ETH-Rat bei Anstellungs- und Wahlgeschäften sowie bei der Mittelzuteilung abschliessend entscheiden kann. Die Institutionen haben dort also kein Beschwerderecht. In anderen Bereichen steht ihnen ein solches jedoch zu. Nach dem Nationalrat hiess am Donnerstag auch der Ständerat den Vorschlag der Einigungskonferenz gut.
Der Ständerat sprach sich bei der Revision ursprünglich dafür aus, dass die Institutionen kein Beschwerderecht haben, der Nationalrat wollte, dass ihnen dies zusteht. Mit dem nun vorliegenden Vorschlag mit eingeschränktem Beschwerderecht folgte das Parlament einem Vermittlungsvorschlag von Ständerat Benedikt Würth (CVP/SG).
Auch beim zweiten noch offenen Punkt schlug die Einigungskonferenz den Weg des Ständerats ein. Dabei ging es um die Frage, wer die sieben Mitglieder der ETH-Beschwerdekommission wählen soll. Das Parlament definierte nun den Bundesrat als Wahlbehörde. Zudem soll auch der Bundesrat die Geschäftsordnung erlassen. Nationalrat und Bundesrat wollten diese beiden Aufgabe eigentlich beim ETH-Rat belassen.
Neu Videoüberwachung geregelt
Neu geregelt wird im Gesetz auch die Videoüberwachung. Diese kann eingerichtet werden, soweit sie zum Schutz des Personals, der Studierenden und Besucher, der Infrastruktur oder des Betriebs erforderlich ist. Gemäss den neuen Regelungen ist es möglich, die Videoaufnahmen nicht nur in Verfahren, sondern anonymisiert auch zur Schulung und zur Unfallverhütung zu verwenden.
Mit der Revision können zudem befristete Stellen für Assistenzprofessoren, Assistenten sowie Oberassistenten und weitere Angestellte mit gleichartiger Funktion verlängert werden, wenn die Angestellten wegen Mutterschaft, Krankheit, Unfall, Adoption oder anderen wichtigen Gründen längere Zeit abwesend waren.
Ausserdem wird die Aufsichtskompetenz des ETH-Rats geregelt. Der ETH-Rat kann den ETH in Zürich und Lausanne und den Forschungsanstalten Empfehlungen abgeben, Aufträge erteilen und bei Rechtsverletzungen Massnahmen gegen sie treffen. Mit der Revision wird schliesslich die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, dass die ETH überschüssige Energie, die sie selbst produziert oder gekauft haben, weiterverkaufen können.
Dritte Woche der Frühjahrssession ohne positive CoronaTests
In der dritten Woche der Frühjahrssession sind 171 Ratsmitglieder auf das Coronavirus getestet worden. Alle Tests fielen negativ aus.
Insgesamt wurden 294 Tests bei Mitgliedern des Ständerats und des Nationalrats ausgeführt, wie die Parlamentsdienst am Donnerstag auf Twitter mitteilten. Dazu kamen 359 Tests von weiteren Sessionsteilnehmenden.
Die Ratsmitglieder haben während der Session montags und mittwochs die Möglichkeit, sich testen zu lassen. Die Tests stehen auch anderen Personen im Bundeshaus zur Verfügung, wie etwa den Mitarbeitenden der Parlamentsdienste, dem Sicherheits- und Reinigungspersonal sowie den Mitarbeitenden der Fraktionen.
Lückenloses Tabakwerbeverbot geht für viele Bürgerliche zu weit
Ein lückenloses Verbot für Tabakwerbung hält eine bürgerliche Mehrheit im Nationalrat für übertrieben. Sie empfiehlt die Tabakwerbeverbotsinitiative zur Ablehnung. Trotzdem dürften einige Anliegen des Volksbegehrens umgesetzt werden – auf Gesetzesweg.
Das Parlament will den Umgang mit Tabakprodukten strenger regeln. Die vom Bundesrat erarbeitete Revision des Tabakproduktegesetzes befindet sich im Differenzbereinigungsverfahren zwischen den beiden Räten. Umstritten ist insbesondere noch, wie weit die Werbe-, Verkaufsförderungs- und Sponsoringverbote gehen sollen.
Druck machen die Urheber der Tabakwerbeverbotsinitiative. Das im Jahr 2019 von mehreren Gesundheitsorganisationen eingereichte Volksbegehren «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)» fordert ein lückenloses Verbot für Tabakwerbung, die Kinder oder Jugendliche erreicht. Faktisch würde damit Zigarettenwerbung auf Plakaten im öffentlichen Raum verboten. Aber auch Kinowerbung, Inserate, Festivalsponsoring und Onlinewerbung für Tabak würden in Zukunft nicht mehr erlaubt sein.
Umstritten ist nur der Weg zum Ziel
Das geht der Mehrheit der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) zu weit, wie deren Sprecher Lorenz Hess (BDP/BE) am Mittwoch im Rat sagte. Die meisten wollten «pragmatische, verhältnismässige Massnahmen im Bereich des Jugendschutzes» und «kein Totalverbot».
Mehrere Sprecher der bürgerlichen Fraktionen betonten, dass ein generelles Verbot ein «unverhältnismässiger Eingriff in die Markt- und Handelsfreiheit» darstellen würde. Zudem seien viele Veranstaltungen auf Werbung und Sponsoring von Tabakfirmen angewiesen.
Doch auch die Gegner der Initiative wollen deren Hauptanliegen ernst nehmen. «Niemand von uns will, dass Kinder und Jugendliche rauchen oder dazu verführt werden», sagte Andreas Glarner (AG) im Namen der SVP-Fraktion. FDP-Sprecherin Regine Sauter (ZH) sprach von einem «gewissen Handlungsbedarf». Das Ziel solle aber mit dem revidierten Tabakproduktegesetz erreicht werden. Dieses sehe «zielgerichtete Bestimmungen» vor.
Ein generelles Werbeverbot, so befürchten die meisten Vertreterinnen und Vertreter von SVP und FDP, würde dagegen tausende Arbeitsplätze in der Tabakindustrie und im Detailhandel gefährden. SVP-Sprecher Glarner warnte zudem davor, dass bei einem Ja als nächstes Werbeverbote für SUVs, Alkohol, Fleisch, Chips, Schokolade und Gummibären kommen könnten. Er appellierte an die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger.
«Grösste Sparmassnahme für Gesundheitswesen»
Verschiedene Vertreterinnen und Vertretern von SP, Grünen und GLP sehen dies anders. Zwar gingen die Schritte in die richtige Richtung, sagte Yvonne Feri (SP/AG), sie genügten aber nicht. Es sei Zeit für ein generelles Werbeverbot. Laut Feri wäre das «die grösste jemals getroffene Sparmassnahme für das Gesundheitswesen».
Der Grund: Das Rauchen von Zigaretten bleibt die häufigste Ursache von vermeidbaren Todesfällen und Behinderungen. 9500 Menschen in der Schweiz sterben jedes Jahr an den Folgen des Tabakkonsums. Das verursacht der Volkswirtschaft Kosten in Milliardenhöhe. Weil Dreiviertel der Rauchenden als Minderjährige damit beginnen, sollen Kinder und Jugendliche vor Werbung geschützt werden.
«Wollen wir eine gesunde Bevölkerung oder eine gesunde Werbebranche?", fragte Feri rhetorisch. Wem der Schutz der jungen Generation ein Anliegen sei, könne ein Werbeverbot nicht ablehnen, doppelte Manuela Weichelt-Picard (Grüne/ZG) nach. Verschiedene Kantone sähen bereits heute weitgehende Werbeverbote vor.
Auch Ständerat lehnt SVP-Vorstösse zu Nahost-Flüchtlingen ab
Asylsuchende aus dem Nahen Osten sollen weder interniert noch überwacht werden. Nach dem Nationalrat hat am Mittwoch auch der Ständerat einen entsprechenden Vorstoss der SVP-Fraktion abgelehnt. Auch die Beteiligung der Schweiz am Resettlement-Programm des UNHCR kann wie geplant fortgesetzt werden.
Die SVP-Fraktion wollte mit zwei Motionen das Asylgesetz deutlich verschärfen. Für die Beratung verlangte sie eine ausserordentliche Session. Der Ständerat zeigte jedoch wenig Bereitschaft, die Vorstösse vertieft zu diskutieren: Die SVP-Ständeräte Werner Salzmann (BE) und Marco Chiesa (TI) begründeten die Vorstösse und Justizministerin Karin Keller-Sutter nahm Stellung. Weitere Wortmeldungen gab es nicht im Rat.
Mit der einer Motion verlangte die SVP, dass alle Asylsuchenden, die aus Gebieten stammen, in denen radikale Gruppierungen wie der IS tätig sind, in geschlossenen Zentren untergebracht oder überwacht werden. Diese Massnahme solle so lange aufrechterhalten werden, bis das Gefährdungspotenzial abgeklärt sei. Ebenfalls solle diese Massnahme für alle jene Asylsuchende gelten, deren Identität nicht nachweislich geklärt ist.
Der Ständerat hat diese Motion mit 33 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Für die Annahme stimmte die SVP-Fraktion. Der Nationalrat hatte zuvor den Vorstoss ebenfalls deutlich abgelehnt. Das Geschäft hat sich damit erledigt.
Ständerat für höhere Altersschwelle in der Bundesanwaltschaft
Der künftige Bundesanwalt oder die Bundesanwältin sowie deren Stellvertreter sollen bis zum 68. Altersjahr im Amt bleiben dürfen. Das will der Ständerat. Er begrüsst einen Antrag seiner Rechtskommission (RK-S).
Nach geltendem Recht müssen Bundesanwälte sowie ihre Stellvertreter am Ende des Jahres aus dem Amt ausscheiden, in dem sie ihren 64. respektive 65. Geburtstag feiern. Eidgenössische Richterinnen und Richter können hingegen bis 68 Jahre im Amt bleiben. In der Bundesverwaltung ist gar eine «Verlängerung» bis 70 Jahre möglich.
Seit dem Abgang von Michael Lauber ist die Stelle des Bundesanwalts nicht besetzt. Die zuständige parlamentarische Gerichtskommission (GK) hat nach zwei Ausschreibungen keine überzeugende Kandidatur gefunden. Sie will den Posten ein drittes Mal ausschreiben, zunächst aber den Entscheid des Parlaments zum Höchstalter abwarten.
Die RK-S, die die parlamentarische Initiative ausgearbeitet hatte, hält die Erhöhung für nötig, unabhängig von der zurzeit laufenden Suche nach einem neuen Bundesanwalt. Für ein so wichtiges Amt sei die heutige Altersgrenze nicht gerechtfertigt und die heutige Regelung diskriminiert in den Augen der RK-S die Geschlechter.
Die Schwesterkommission des Nationalrates, die RK-N, lehnte die höhere Altersschwelle allerdings mit knappem Mehr ab. Die Mehrheit sah keinen objektiven Grund für die höhere Alterslimite.
Ständerat befürwortet Reiseverbot für vorläufig Aufgenommene
Vorläufig in der Schweiz aufgenommenen Personen sollen grundsätzlich nicht mehr ins Ausland reisen dürfen. Gleichzeitig soll ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden. Der Ständerat ist am Mittwoch auf die Vorlage mit den entsprechenden Gesetzesänderungen eingetreten.
Der Entscheid in der grossen Kammer fiel mit 25 zu 14 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Nicht auf die Vorlage eintreten wollten Grüne und SVP.
Mit dem Reiseverbot sei er auch nicht einverstanden, sagte Daniel Jositsch (SP/ZH). Mit dem Eintreten befinde man sich jedoch am Anfang des Gesetzgebungsprozesses. Die Vorlage könne sich auch noch verändern. Entsprechend empfahl er, auf das Geschäft einzutreten.
Justizminiserin Karin Keller-Sutter präzisierte, dass das Reiseverbot in Drittstaaten bereits heute auf Verordnungsstufe geregelt sei. Das Verbot in das Gesetz zu schreiben, sorge für Transparenz.
Die Vorlage sieht jedoch auch Lockerungen vor. So soll es vorläufig aufgenommenen Asylsuchenden neu möglich sein, für eine Arbeitsstelle oder einen Ausbildungsplatz den Wohnkanton zu wechseln.
Mit dem Eintretensentscheid des Ständerats geht die Vorlage zurück an den Nationalrat.
Der Nationalrat hatte in der vergangenen Wintersession beschlossen, nicht auf die Vorlage einzutreten. Im Nationalrat ging das Reiseverbot SP und Grünen zu weit. Familienbesuche dürften nicht untersagt werden, befanden die Fraktionen. Die SVP störte sich hingegen an den Ausnahmeregelungen. Etwa für Schul- und Sportveranstaltungen sowie Bildungsreisen sollen Reisen weiterhin möglich sein.
Parlament will Flickenteppich bei Kesb-Beschwerden beseitigen
Das Parlament will die örtliche Zuständigkeit bei Beschwerden gegen fürsorgerische Unterbringungen sowie gegen Verfügungen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) klar geregelt haben. Der Bundesrat ist mit dem Anliegen einverstanden.
Der Ständerat überwies am Mittwoch oppositionslos eine Motion von Nationalrat Lukas Reimann (SVP/SG). Heute seien Kompetenzkonflikte an der Tagesordnung, hatte Reimann die Motion begründet. Die Zuständigkeiten bei Beschwerden seien nicht klar geregelt. Viele Kantone hätten eine eigene Praxis entwickelt, die aber in vielen Fällen nicht kompatibel sei mit anderen Kantonen.
Das Nachsehen bei solchen Konflikten hätten Betroffene, die keine gerichtliche Beurteilung erhielten, weil sich kein Gericht für zuständig erachte. Reimann schlug deshalb vor, die Zuständigkeit am Ort der verfügten Einrichtungen (im Falle von Entlassungsgesuchen) oder des verfügenden Arztes (bei amtsärztlicher Unterbringung) festzulegen. Die Motion geht an den Bundesrat.
16-Jährige sollen ans Steuer von Leichtfahrzeugen dürfen
Der Ständerat will, dass Jugendliche ab 16 Jahren vierrädrige Leichtmotorfahrzeugen mit einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 45 Kilometern pro Stunde (km/h) fahren dürfen. Er hat am Dienstag eine Motion von Olivier Français (FDP/VD) mit 28 zu 5 Stimmen 5 Enthaltungen angenommen.
Durch eine Anpassung der Verkehrszulassungsverordnung (VZV) würden die für die verschiedenen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer geltenden Vorschriften besser aufeinander abgestimmt, begründete Français die Motion. Zudem würden sich die Schweizer Regeln denjenigen der Nachbarländer annähern. In den meisten Ländern dürften diese Fahrzeuge ab 16 Jahren gefahren werden. In der Schweiz muss man aktuell 18 Jahre alt sein.
Der Bundesrat ist gegen eine Anpassung. Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga machte auf die negativen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluss aufmerksam. So hätten diese Fahrzeuge insbesondere ausserorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht erreicht, weswegen sie als Verkehrshindernisse gefährliche Überholmanöver provoziert hätten. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat.
Agrarpolitik 2022+ auf Eis gelegt
Die Räte haben Entscheide über die Zukunft der Landwirtschaft vertagt. Nach dem Ständerat hat nun auch der Nationalrat die Agrarpolitik 2022+ auf Eis gelegt. Die Vorlage, in deren Zentrum eine ökologischere Landwirtschaft steht, dürfte sich um Jahre verzögern.
Der Nationalrat beschloss am Dienstag mit 100 zu 95 Stimmen und bei einer Enthaltung die Sistierung. Er folgte der Mehrheit der Wirtschaftskommission (WAK-N) und dem Ständerat. Die Diskussion über gesetzliche Grundlagen zur künftigen Ausrichtung der Agrarpolitik soll erst stattfinden, nachdem der Bundesrat eine Auslegeordnung dazu vorgelegt hat.
Direktverkauf und Massnahmen gegen das Verschwenden von Lebensmitteln
Dieser Bericht soll sich unter anderem mit der Selbstversorgung befassen, der nachhaltigen Lebensmittelproduktion, der Reduktion des administrativen Aufwandes für die Betriebe und den Rahmenbedingungen für möglichst viel unternehmerische Freiheit. Bis 2022 soll der Bericht vorliegen.
Ergänzend zum Ständerat will der Nationalrat auch Auskunft über Fördermöglichkeiten für den Direktverkauf und über Massnahmen gegen das Verschwenden von Lebensmitteln. Das Postulat überwies der Rat stillschweigend.
Die Mehrheit der WAK-N kritisierte, dass mit der Agrarpolitik 2022+ der Selbstversorgungsgrad sinken würde, was dem in der Verfassung verankerten Ziel widerspreche. Zudem würde das Einkommen des landwirtschaftlichen Sektors sinken, wertvolles Kulturland ginge verloren, Importe würden zunehmen und die administrative Belastung für die Landwirtinnen und Landwirte würde wachsen.
Die unterlegene Minderheit von SP, Grünen und GLP hätte die Vorlage beraten wollen. Die Vorlage sei eine gute Basis, um die nötige und wichtige Debatte über eine moderne und ökologischere Landwirtschaft jetzt zu führen, fanden sie.
Tierwohl und Pestizid-Regeln
Mit der AP 22+ will der Bundesrat unter anderem die Auflagen für Direktzahlungen erhöhen. Auch beim Tierwohl, der Betriebsentwicklung und der Wertschöpfung am Markt will er ansetzen, und er will in Bauernbetrieben mitarbeitende Ehegatten sozial besser absichern. Mit Bestimmungen zu Pestiziden und Nährstoffverlusten will er Anliegen der Trinkwasser- und der Pestizidverbotsinitiative aufnehmen.
Die AP 22+ dürfte nach dem Sistierungsentscheid Jahre später umgesetzt werden als geplant. In der Antwort auf das Postulat des Ständerats schätzte der Bundesrat, dass es Anfang 2025 werden könnte, bis die neuen Bestimmungen in Kraft gesetzt werden.
Räte bereinigen Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative
Das Parlament will die «Hochpreisinsel Schweiz» bekämpfen. Es hat Massnahmen gegen die hohen Preise importierter Produkte in der Schweiz ergriffen. Mit der Gesetzesänderung soll der Fair-Preis-Initiative der Wind aus den Segeln genommen werden.
Im vom Parlament am Dienstag bereinigten indirekten Gegenvorschlag war ein Anliegen der Volksinitiative «Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise» bis zuletzt umstritten. Der Ständerat störte sich zunächst am Verbot für Geoblocking in der Vorlage, schwenkte dann aber auf die Linie des Nationalrats ein.
Ausnahmen vom Geoblocking-Verbot
Mit Geoblocking verhindern Onlinehändler, dass Schweizer Kunden direkt in ausländischen Stores einkaufen können, zu dortigen Preisen. Der Bundesrat hatte im Parlament zu bedenken gegeben, dass dieses im Ausland schwer durchsetzbar sein dürfte.
Materiell orientiere sich der vom Parlament beschlossene Passus am EU-Recht, sagte Prisca Birrer-Heimo (SP/LU) namens der Kommission. Ausnahmen vom Geoblocking-Verbot werden abschliessend im Gesetz verankert. Der Nationalrat ist in diesem Punkt nun dem Ständerat gefolgt – mit 146 zu 38 Stimmen bei 8 Enthaltungen.
Marktmächtige Unternehmen
Das Parlament will im Kartellrecht neben marktbeherrschenden Unternehmen neu auch relativ marktmächtige Unternehmen erfassen. Gemeint sind Unternehmen, von denen andere mangels Alternative faktisch abhängig sind. Auch sie würden sich künftig unzulässig verhalten, wenn sie beispielsweise Geschäftsbeziehungen verweigern oder diskriminierende Preise diktieren.
Explizit darf die Möglichkeit für Nachfrager nicht beschränkt werden, im In- und Ausland erhältliche Waren im Ausland einzukaufen, zu den dortigen Preisen und Bedingungen. Diese Bestimmung nahm der Nationalrat ins Kartellgesetz auf. Der Ständerat wollte zunächst verzichten, schloss sich dann aber an.
Keine Mehrheit für Initiative
Damit ist der Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative bereinigt und bereit für die Schlussabstimmungen. Die Initiative hat den sogenannten Schweiz-Zuschlag im Visier, der Konsumentinnen und Konsumenten jährlich Milliarden kostet.
Sie verlangt im Wesentlichen, dass Schweizer Kunden direkt im Ausland zu den dortigen Preisen einkaufen dürfen. Dafür sollte das Kartellgesetz verschärft und das Geoblocking verboten werden.
Die Initiative empfehlen beide Räte und der Bundesrat zur Ablehnung. Hinter der Initiative stehen die Stiftung für Konsumentenschutz, Gastrosuisse und der Wirtschaftsverband Swissmechanic.
Nationalrat stimmt bei ETH-Gesetz Antrag von Einigungskonferenz zu
Die Revision des ETH-Gesetzes ist auf der Zielgeraden. Der Nationalrat stimmte am Dienstag den Anträgen der Einigungskonferenz zu. So sollen die Institutionen der ETH gegen Entscheide des ETH-Rats in gewissen Bereichen Beschwerde einreichen können.
Der Nationalrat hiess die Vorschläge der Einigungskonferenz am Dienstag mit 166 zu 0 Stimmen gut. Demnach soll das Beschwerderecht in zwei Bereichen möglich sein, bei Anstellungen und Wahlen sowie bei Entscheiden über Mittelzuweisungen. In den anderen Bereichen soll der Entschluss des ETH-Rats abschliessend sein. Der Vorschlag der Einigungskonferenz folgte damit der Haltung des Ständerat. Der Nationalrat wünschte ursprünglich ein umfassendes Beschwerderecht, kam damit aber nicht durch.
Auch beim zweiten noch offenen Punkt schlug die Einigungskonferenz den Weg des Ständerats ein. Dabei ging es um die Frage, wer die sieben Mitglieder der ETH-Beschwerdekommission wählen soll. Der Vorschlag der Einigungskonferenz folgte auch hier dem Ständerat und bezeichnete den Bundesrat als Wahlbehörde.
Zudem soll auch der Bundesrat die Geschäftsordnung erlassen. Nationalrat und Bundesrat wollten diese beiden Aufgabe eigentlich beim ETH-Rat belassen.
Der Ständerat muss noch über die Anträge abstimmen.
Nationalrat entscheidet über Neustart in der Agrarpolitik
Die Landwirtschaft der Zukunft ist am Dienstag Thema im Nationalrat. Die Mehrheit der vorberatenden Kommission will die Agrarpolitik 2022+ allerdings auf Eis legen und vom Bund vorab eine Auslegeordnung verlangen. So hat es der Ständerat im Dezember bereits getan.
Geht es nach der Mehrheit der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N), dürfte der Nationalrat nachziehen und die Agrarpolitik 2022+ (AP 22+) sistieren. Die WAK-N beantragt mit 14 zu 11 Stimmen, sich dem Ständerat anzuschliessen.
Bundesrat soll berichten
Die Diskussion über die künftige Ausrichtung der Agrarpolitik soll erst dann fortgesetzt werden, wenn der Bundesrat einen neuen Bericht dazu vorgelegt hat. Ergänzend zum Ständerat will die Mehrheit der WAK-N auch Auskunft über Fördermöglichkeiten für den Direktverkauf und über Massnahmen gegen das Verschwenden von Lebensmitteln.
Die AP 22+, mit der der Bundesrat die Landwirtschaft ökologischer ausrichten will, dürfte somit Jahre später umgesetzt werden als geplant. In der Antwort auf das Postulat des Ständerats schätzte der Bundesrat, dass es Anfang 2025 werden könnte, bis die neuen Bestimmungen in Kraft gesetzt werden.
Die Mehrheit der WAK-N kritisiert, dass mit der AP 22+ der Selbstversorgungsgrad sinken würde, was dem in der Verfassung verankerten Ziel widerspreche. Zudem würde das Einkommen des landwirtschaftlichen Sektors sinken, wertvolles Kulturland ginge verloren, Importe würden zunehmen und die administrative Belastung für die Landwirtinnen und Landwirte würde wachsen.
Minderheit will Debatte führen
Eine Minderheit der WAK-N will die AP 22+ behandeln. In den Augen dieser Vertreterinnen und Vertreter von SP, Grünen, GLP und FDP wäre die Sistierung eine «verpasste Chance». Die Vorlage sei eine gute Basis, um die nötige und wichtige Debatte über die Ausrichtung der Agrarpolitik jetzt zu führen.
Die Diskussion zu verweigern, biete der Landwirtschaft keine Perspektiven, kritisieren die Gegner der Sistierung weiter. Die Verzögerung schade vielmehr dem ganzen Sektor.
«Das ist nicht seriös»
Auch Landwirtschaftsminister Guy Parmelin hatte sich im Ständerat vehement gewehrt gegen die Sistierung. Die Reform sei seit mehreren Jahren in Arbeit, nach Konsultationen seien Anpassungen vorgenommen worden. «Und jetzt plötzlich finden Sie, man müsse wieder bei null beginnen. Das ist nicht seriös.»
Der Bundesrat will mit der AP 22+ unter anderem die Auflagen für Direktzahlungen erhöhen. Auch beim Tierwohl, der Betriebsentwicklung und der Wertschöpfung am Markt will er ansetzen. Mit Bestimmungen zu Pestiziden und Nährstoffverlusten will er auch Anliegen der populären Trinkwasser- und der Pestizidverbotsinitiative aufnehmen.
Vorschriften, die die Risiken im Umgang mit Pestiziden vermindern sollen, und dies namentlich für das Trinkwasser, berät das Parlament allerdings bereits. Die Initiative zu dieser Vorlage ergriffen hat die Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S).
Elemente aufgenommen
Sie hat darin Elemente aus der AP22+ aufgenommen. Mit schärferen Vorschriften für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und einem Absenkpfad für Nährstoffverluste wollte auch sie den beiden Initiativen etwas entgegensetzen. Für die WAK-N ist deshalb in dieser Hinsicht die Behandlung der AP 22+ nicht dringend.
Die AP 22+ soll für auf Bauernbetrieben mitarbeitende Ehefrauen und -männern eine bessere soziale Absicherung bringen. Der Bundesrat hat bei diesem Punkt allerdings einer allfälligen Sistierung bereits vorgegriffen: Wird die Agrarvorlage auf Eis gelegt, will er eine separate Vorlage ausarbeiten.
Debatte über Direktzahlungen
Debattieren will die WAK-N allerdings den finanziellen Zahlungsrahmen für die Landwirtschaft für 2022 bis 2025. Sie will sich dem Ständerat anschliessen, mit Rücksicht auf das Budget aber geringe Korrekturen anbringen. Eine Minderheit beantragt, den Zahlungsrahmen statt für vier Jahre lediglich für 2022 und 2023 zu bewilligen.
Gemäss dem Ständerat stehen in den kommenden vier Jahren für Direktzahlungen insgesamt knapp 14 Milliarden Franken zur Verfügung. Der Ständerat hat gegenüber dem Bundesrat den Rahmen in der Summe etwas erweitert.
Zusammenfassung AHV/Kleine Kammer
Der Ständerat hat die AHV-Revision gutgeheissen. Frauen müssen nach seinem Willen ein Jahr länger arbeiten bis sie ihre Rente beziehen können. Denn die Vorlage bringt für Frauen das Rentenalter 65. Der Ständerat hiess die Änderungen des AHV-Gesetzes am Montagabend mit 31 zu 13 Stimmen gut.
Die Nein-Stimmen kamen von Vertreterinnen und Vertretern von SP und Grünen. Für die Frauen der Übergangs-Jahrgänge, die nach dem Inkrafttreten der Reform zuerst pensioniert werden, beschloss der Rat Ausgleichsmassnahmen. Abgelehnt hat der Ständerat einen Antrag seiner Sozialkommission (SGK-S), der die Rente für Ehepaare hätte aufstocken wollen.
Finanziert werden soll die AHV-Reform mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer. Diese will der Ständerat weniger stark erhöhen als der Bundesrat. Zum Normalsatz will er 0,3 Prozentpunkte schlagen, zum reduzierten Satz und zum Sondersatz für die Hotellerie je 0,1 Prozentpunkte. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.
AHV-Renten für Ehepaare sollen nicht erhöht werden
Der Ständerat will die AHV-Renten für Ehepaare nicht erhöhen. Verheiratete sollen nach seinem Willen weiterhin höchstens 150 Prozent einer AHV-Maximalrente erhalten.
Der Rat lehnte am Montag mit 18 zu 13 Stimmen und 13 Enthaltungen einen Antrag seiner Sozialkommission (SGK-S) ab, die die Rente für Ehepaare hätte aufstocken wollen. Nein sagten vor allen Vertreterinnen und Vertreter von FDP und SVP. Die Enthaltungen kamen von SP und Grünen.
Die Mehrheit der SGK-S hätte Ehepaaren gegenüber grosszügiger sein wollen als der Bundesrat, unterlag nun aber. Sie hätte die Obergrenze für Verheiratete auf 155 Prozent der AHV-Rente erhöhen wollen, um eine Ungerechtigkeit beheben. Die Kosten hätten sich laut SGK-S auf 650 Millionen Franken belaufen.
Ständerat will Rentenalter für Frauen erhöhen
Der Ständerat nimmt einen neuen Anlauf, das Rentenalter für Frauen von heute 64 auf 65 Jahre zu erhöhen. Er entschied dies am Montagabend mit 30 zu 12 Stimmen und bei zwei Enthaltungen.
Die Nein-Stimmen kamen hauptsächlich von Vertreterinnen und Vertretern von SP und Grünen. Seit 1997 scheiterten mehrere Anläufe für das Frauenrentenalter 65 an der Urne respektive im Parlament.
In der AHV-Reform ist indes nicht mehr vom Rentenalter die Rede, sondern vom Referenzalter. Dieses liegt für Frauen und für Männer bei 65 Jahren. Für die Frauen soll das Referenzalter ab Inkrafttreten der Reform – geplant für 2022 – innerhalb von vier Jahren schrittweise ansteigen. (Lesen Sie auch: Kampf gegen Rentenalter 65: Frauen erhalten gleich viel AHV wie die Männer).
Corona-Finanzhilfen bleiben eine Knacknuss
Die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes, namentlich die Ausgestaltung des Härtefallprogramms, bleibt eine Knacknuss. Nach der dritten und letzten Beratung im Ständerat bestehen in zentralen Punkten teilweise grosse Differenzen zwischen den Räten.
Die grosse und die kleine Kammer streiten sich weiterhin um die Frage, wie viel Geld der Bund für die gebeutelte Wirtschaft ausgeben soll. Der Ständerat ist am Montag zum wiederholten Mal auf die Bremse getreten und hat die vom Nationalrat geforderte grosszügige Ausweitung des Härtefallprogramms nicht gutgeheissen.
Konkret lehnt es der Ständerat weiterhin ab, die Definition von Härtefällen auszudehnen. Wie heute soll ein Unternehmen als Härtefall gelten, das einen Umsatzeinbruch von mindestens 40 Prozent verzeichnet. Fixkosten werden dabei nicht berücksichtigt. Der Nationalrat will einen Umsatzeinbruch von 30 Prozent im Gesetz verankern. Diese Idee wurde von der kleinen Kammer oppositionslos verworfen.
Wer Härtefallgelder bezieht, soll nach Ansicht des Ständerats zudem ausnahmslos während drei Jahren keine Dividenden ausschütten und keine Kapitaleinlagen rückerstatten dürfen. Der Nationalrat will eine weniger strenge Regelung.
Grosse Kammer will keine PUK zur Crypto-Affäre
Die Affäre um manipulierte Verschlüsselungsgeräte der Zuger Firma Crypto soll nicht von einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) untersucht werden. Der Nationalrat hat am Montag zwei gleichlautende Forderungen abgelehnt. Der Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation (GPdel) habe die Angelegenheit genügend beleuchtet.
Der Rat lehnte die parlamentarischen Initiativen der Grünen- und der SP-Fraktion mit 123 zu 66 respektive mit 122 zu 67 Stimmen ab. Sie sind damit vom Tisch.
Grünen-Präsident Balthasar Glättli (ZH) versuchte, den Rat von der Notwendigkeit einer PUK zu überzeugen. Die Geschäftsprüfungskommission (GPDel) habe das Ganze gut aufgearbeitet und ursprüngliche Annahmen auf den Kopf gestellt. «Man hat es jetzt schwarz auf weiss, es geht bis in die Jetzt-Zeit», sagte Glättli.
Doch es gebe Unterlassungen und offen gebliebene Fragen. Es gebe etwa Diskrepanzen zwischen den Aussagen von alt-Bundesrat Kaspar Villiger und Alt-Bundesrichter Niklaus Oberholzer und dem, was im CIA-Bericht stehe. Dort seien beide als Mitwisser genannt worden.
Die SP-Fraktion ihrerseits will mit einer PUK verhindern, dass sich eine solche Geschichte wiederholen kann, wie SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann (VD) sagte. Der Bundesrat weise jede Verantwortung weit von sich und behaupte, die Neutralität sei nicht verletzt worden. Ein Expertenbericht komme aber zu einem anderen Schluss. Die Mehrheit im Nationalrat lehnte die Forderung von SP und Grünen ab. (Lesen Sie auch unseren Kommentar: Die Schweiz geht fahrlässig um mit ihrer Neutralität).
SDA/red
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