Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Nationalbank erklärt ihre Geldpolitik
Ein klares Nein an die Politik

Steht unter zunehmendem Druck der Politik: Nationalbankpräsident Thomas Jordan erklärt seine Geldpolitik und antwortet auf Fragen von Pressevertreterinnen und -vertretern.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

1. Was hat die Nationalbank entschieden?

An ihrer Geldpolitik nimmt die Nationalbank gemäss ihrer Lagebeurteilung keine Änderung vor. Ihr Leitzins bleibt bei minus 0,75 Prozent. Zudem will sie weiter an den Devisenmärkten intervenieren, wenn der Franken wieder unter Aufwertungsdruck steht. Präsident Thomas Jordan betonte dabei, dass die Bereitschaft der SNB für Interventionen sogar gestiegen sei. Einen Eindruck von deren Ausmass liefern die Giroguthaben bei der Nationalbank, über welche die Nationalbank ihre Interventionen abwickelt. Seit Jahresbeginn sind diese Guthaben der Banken um rund 95 Milliarden Franken angestiegen. Ende April summierten sich die Devisenreserven der Nationalbank auf 811,8 Milliarden Franken. Damit machten sie rund 90 Prozent ihrer Bilanz aus.

Immerhin sanken die Giroguthaben in den letzten beiden Wochen wieder. Thomas Jordan nannte als Grund dafür den jüngst gesunkenen Aufwärtsdruck auf den Schweizer Franken. Die insgesamt überaus expansive Geldpolitik müsse die Nationalbank aber angesichts der aktuell schweren Wirtschaftskrise und der tiefen Inflation beibehalten. Laut SNB wird das Preisniveau erst im Jahr 2022 wieder um gerade 0,2 Prozent im Durchschnitt steigen. Zuvor wird es bedingt durch die Krise um bis zu 1,2 Prozent (im aktuellen Quartal) sinken. Die Preisstabilität, der sich die Nationalbank verpflichtet fühlt, setzt sie mit einer Inflation von 2 Prozent gleich.

2. Wie nimmt die Nationalbank Stellung zu den jüngsten Forderungen aus der Politik?

Auf Fragen von Journalisten nahm Thomas Jordan auch Stellung zu Vorstössen, die auf das Geld der Nationalbank abzielen. Erst am Mittwoch unterstützte eine Mehrheit im Nationalrat zwei Anliegen in diesem Zusammenhang: Zum einen nahmen die Parlamentarier einen Vorstoss an, wonach die Einnahmen der Nationalbank aus Negativzinsen direkt der AHV zugutekommen sollen. Der zweite ebenfalls von einer Mehrheit unterstützte Vorstoss verlangt, dass der Anteil des SNB-Gewinns, der künftig an den Bund fliesst, zwingend für den Abbau der Schulden aus der Corona-Krise verwendet wird. Der Bund erhält jeweils ein Drittel des ausbezahlten SNB-Gewinns, die Kantone den Rest.

Mit Blick auf den letztgenannten Vorstoss erklärte Jordan, dass es Sache des Bunds oder der Kantone sei, wie sie mit dem Geld umgehen, das ihnen die Nationalbank im Rahmen der vereinbarten Gewinnausschüttungen überweist. Darüber hinausgehende Leistungen lehnte Jordan aber kategorisch ab. Ohne Änderung des Gesetzes oder der Verfassung sei ein weiteres Entgegenkommen auch gar nicht möglich, fügte er an.

Eindringlich warnte Jordan zudem davor, von der Notenbank zusätzliche Mittel einzufordern, die über die bisherige Vereinbarung zur Gewinnverteilung hinausgehen. Gemäss dieser zahlt die Nationalbank je nach Ergebnis maximal 4 Milliarden Franken aus. Sollte die Notenbank mehr Geld in die Staatsbudgets einzahlen müssen, drohten gefährliche Interessenkonflikte zwischen den Erfordernissen der Geldpolitik und den Wünschen der Politik, warnte Jordan.

3. Wieso wehrt sich Thomas Jordan gegen eine Auszahlung der Gewinne aus Negativzinsen?

Der Notenbank-Chef argumentiert, dass es wenig sinnvoll sei, nur einen einzelnen Posten herauszulösen. Zudem sei der genaue Gewinn aus Negativzinsen schwer zu berechnen. Das begründete Jordan damit, dass die SNB nicht nur Negativzinsen von den Banken bekomme, sondern auch solche Zinsen in einigen Fällen selbst bezahle. So erhalten Banken für die Liquidität, die sie von der Notenbank beziehen und (im Fall von Hilfskrediten unter 500’000 Franken) zinsfrei und durch den Bund abgesichert an Unternehmen als Kredite weitergeben, von der Nationalbank den Negativzins von minus 0,75 Prozent.

4. Wie begründet die Nationalbank ihre Unterstützung der Banken?

Laut Thomas Jordan refinanziert die Nationalbank mit 10 Milliarden Franken rund zwei Drittel aller Covid-Kredite der Banken, die vom Bund zu 100 Prozent (Kredite unter 500’000 Franken) beziehungsweise zu 85 Prozent (höhere Kredite) garantiert werden. 0,75 Prozent auf den 10 Milliarden entsprechen 75 Millionen Franken, die die Banken so erhalten. Allerdings bezahlen sie nach wie vor auf ihren Einlagen bei der Nationalbank einen Negativzins. Doch auch diese Belastung hat die Nationalbank erstmals im vergangenen November und erneut im März massiv gesenkt. Beide Senkungen führen zusammengenommen zu einer Entlastung der Banken von rund 1,6 Milliarden Franken. Die Nationalbank begründet diese Stützung der Banken damit, dass diese damit mehr Möglichkeiten hätten, die Unternehmen zu finanzieren und auch davon absehen, Kleinkunden mit Negativzinsen zu belasten.

5. Wie schätzt die Nationalbank die Wirtschaftslage ein?

Die Schweizer Wirtschaft befindet sich laut der SNB in einer scharfen Rezession. Das Bruttoinlandprodukt wird nach ihrer Einschätzung im laufenden Jahr um 6 Prozent einbrechen. Damit komme es zum schwersten Wirtschaftseinbruch seit der Erdölkrise in den 1970er-Jahre. Immerhin hätte sich die Wirtschaftsaktivität mit den Lockerungsschritten seit dem Mai wieder etwas belebt. Das dürfte so weitergehen. Belastend bleibt aber gemäss Einschätzung der SNB die Lage in der Weltwirtschaft. Trotz einem wieder deutlich positivem Wachstum im nächsten Jahr rechnet die SNB nicht damit, dass die Schweizer Wirtschaft schon bald wieder das Niveau von vor der Krise erreichen wird.

6. Was sind die wichtigsten Botschaften aus dem Finanzstabilitätsbericht?

Auch im Bericht zur Stabilität des Schweizer Finanzplatzes nimmt die Covid-Krise ein grosses Gewicht ein. Laut der Nationalbank drückt diese insgesamt stark auf die Profitabilität der Banken. Die seit der Finanzkrise erhöhten Kapitalpuffer würden sich jetzt aber zur Stabilisierung der Institute und des Finanzsystems insgesamt als nützlich erweisen. Schliesslich sei trotz der Krise auch keine Verknappung der Kreditversorgung in jenem Bereich auszumachen, wo die Kredite nicht vom Bund garantiert werden. Allerdings stellt die SNB fest, dass Banken die Bedingungen für Kredite verschärft haben.

Für den Immobilienmarkt stellt die Krise laut dem Bericht eine zusätzliche Herausforderung dar. Die Rezession und die wachsende Arbeitslosigkeit könnten dazu führen, dass vergebene Hypotheken für Haushalte oder Unternehmen nicht mehr tragbar würden. Dabei hätten die Tragbarkeitsrisiken in der jüngsten Vergangenheit ohnehin schon zugenommen. Sprich, die Verlustrisiken aus Hypotheken sind für Banken gestiegen.