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Mamablog: Improvisieren statt planen
Ein Hoch auf die Ungewissheit!

Unvorstellbar? Kinder zu Hause beschulen und gleichzeitig im Homeoffice arbeiten, wurde mittlerweile zum Alltag.
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Mehr Bücher lesen, weniger Zucker essen, mehr bewegen, dafür aber weniger rumhetzen, mehr schlafen – sprich früher zu Bett gehen, achtsamer werden, gelassener, umweltbewusster, aufmerksamer. Anstelle von Schnappatmung bewusst in den Bauch schnaufen, weniger Alkohol trinken und stattdessen mehr Wasser, weniger Zeit in den Untiefen von Social Media verbringen, dafür aber mehr mit den Kindern, dem Partner, den älter werdenden Eltern. Sich in Geduld üben – vor allem mit sich selber –, aber auch mehr Verständnis für starrköpfige Teenies aufbringen.

Sie halten gute Vorsätze für den Inbegriff des Bünzlitums? Wohl wahr.

Sich nicht permanent vom schlechten Gewissen vereinnahmen lassen – auch wenn der Dackel mal wieder zu wenig Auslauf und der Nachzügler zu wenig Aufmerksamkeit hatte, der Mailaccount übervoll ist und es zum Abendessen mal wieder nur Kohlenhydrate in Form von Pasta Napolitano gibt. So viel zu meinen altbekannten, neuen Intentionen fürs neue Jahr.

Veganuary, Dry January und Low-Carb-Challenges

Sie halten gute Vorsätze für den Inbegriff des Bünzlitums? Wohl wahr. Dennoch sind die Jahresanfänge in unseren Breitengraden bekanntlich geprägt von Mehr und Weniger. Von Besser und Früher, von Komparativ und Superlativ. Von Veganuary, Dry January und Low-Carb-Challenges. Der Beginn des Jahres scheint sich besonders dafür zu eignen, unsere verloren geglaubte Kontrolle zurückzuerobern. Wieder Herr oder Frau über unseren aus den Fugen geratenen Lebenswandel zu werden.

Dabei ist es nicht so, dass uns Optimierungsbestrebungen die restlichen Wochen des Jahres am Allerwertesten vorbeigingen. Im Gegenteil: Kontrolle zu bewahren, ist das Mantra unserer Zeit. Das spiegelt sich in unseren endlosen To-do-Listen genauso wider wie im Aufschlüsseln unserer sportlichen Aktivitäten auf Fitness-Apps. Das zeigt sich aber auch daran, dass rauchende und dicke Menschen in unserer Gesellschaft gerne als willensschwach, unattraktiv und unhygienisch degradiert werden.

So dringt der Optimierungswahnsinn mehr und mehr bis in die hintersten Winkel unseres Alltagslebens vor. Was wir uns davon versprechen? Hoffentlich nicht, dass wir uns in lustfeindliche Roboter verwandeln, die ihren Lebenszweck einzig und allein darin verwirklicht sehen, die magische Schrittzahl von 10'000 pro Woche zu erreichen oder ein Häkchen hinter «Termin Dentalhygiene vereinbaren» unserer To-do-Liste zu setzen. Wir mögen es wahrscheinlich einfach gerne übersichtlich. Das vermittelt bekanntlich Sicherheit.

Kontrolle verlieren und improvisieren

Dabei ist uns spätestens seit den Monaten mit dem Coronavirus klar geworden, dass es Sicherheit nicht im Abo gibt, das wir alljährlich erneuern können. Denn plötzlich war die Ungewissheit mitten in unserem Leben. Von heute auf morgen ist alles ausser Kontrolle geraten. Und auf einmal war Improvisation gefragt. Kinder zu Hause beschulen und gleichzeitig im Homeoffice arbeiten? Läuft. Vor der Pandemie noch für die meistens von uns undenkbar, aber wir haben es hinbekommen.

Denn Kontrolle wird uns auch künftig nicht vor Krisen und persönlichen Niederlagen bewahren können.

Welchen Schluss ziehen wir also daraus? Ich zumindest habe einen gewissen Gefallen an der Ungewissheit gefunden. Daran, nicht nach vorgefertigten Schablonen zu funktionieren und zu agieren. Denn Kontrolle wird uns auch künftig nicht vor Krisen und persönlichen Niederlagen bewahren können. Im Gegenteil: Sie verwandelt uns tendenziell in weltfremde Wesen.

Vermutlich werden wir also erst dann zu wahren Expertinnen und Experten unseres Alltags, wenn wir nicht alles überall kontrollieren wollen, und lernen, Unsicherheiten auszuhalten. Ich nehme mir das vor allem in meiner Rolle als Elternteil vor. Denn nein, wir können unsere Kinder nicht vor allem beschützen. Es wird nie möglich sein, vorher zu wissen, was man im Nachhinein anders machen würde. Aber hey, wir sind krisenerprobt, haben gelernt, zu improvisieren und uns auf die Ungewissheit eingelassen. Darauf müssen wir uns vielleicht nichts einbilden, aber es macht uns und unsere Kinder im besten Fall widerstandsfähig. Und das ist doch schon was, nicht?

Wie ist es mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser? Steht für Sie die Planbarkeit über allem? Oder finden auch Sie Gefallen an der Ungewissheit – und all ihren Höhen und Tiefen? Wir freuen uns, in der Kommentarspalte davon zu erfahren.