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Kolumne «Heute vor»
Ein Gangstertrio stahl dem neuen Schiff fast die Show

Die MS Linth fährt noch immer auf dem Zürichsee.
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Dass es lokale Geschichten auf die Titelseite der Zeitungen am Zürichsee schafften, war vor 70 Jahren höchst selten. Eine Ausnahme machte der «Allgemeine Anzeiger vom Zürichsee» im Februar 1952 – und zwar für den Stapellauf des neuen Zürichseeschiffs. Sogar mit Bild war die Linth zu sehen, denn «in unserem Binnenlande gehört ein Stapellauf eines grösseren Schiffs im Gegensatz zu den seefahrenden Nationen zur Seltenheit», wie die Zeitung schrieb. Das 800 Personen Platz bietende Schiff sollte eine «empfindliche Lücke im überalterten Schiffsbestand des Zürichsees» ausfüllen.

Präzise wurde der «Werdegang» des Schiffs beschrieben. «Es ist Mitte Januar 1950 auf der Bodanwerft in Kressbronn am Bodensee auf Kiel gelegt worden, wurde dann eineinhalb Jahre später auf 40 Eisenbahnwagen vollständig zerlegt nach Zürich-Wollishofen spediert und ist dort in der Schiffswerft der Dampfschiffgesellschaft wieder zusammengesetzt und fertig gebaut worden.» Zur feierlichen Taufe – selbstverständlich liess man eine Champagnerflasche gegen den Schiffsrumpf sausen – waren nicht nur zahlreiche Mitglieder der Zürcher Regierung anwesend, sondern auch die Gemeinderäte aller Seegemeinden.

Die letzte grosse Renovierung der MS Linth stand im Jahr 2016 an.

Nur ein Aspekt schien den Berichterstatter damals zu stören – der Name des Schiffs: «Mit dem Namen Linth wird man sich abfinden», schrieb er und schob als abenteuerliche Erklärung nach: «Er gehört ja dem weiblichen Geschlecht an, wie man in früheren Zeiten die Schiffe oft mit weiblichen Namen getauft hat, wohl deshalb, weil deren Ausbau viel Geld kostet.» Aber auch von den Ortsnamen solle man sich nicht abwenden, «sie sind ein Entgegenkommen gegenüber den subventionierenden Gemeinden».

Die rechtsufrige «Zürichsee-Zeitung» beschäftigte sich derweil über mehrere Tage mit einem Prozess am Zürcher Schwurgewicht: «Vor den Schranken standen drei junge Burschen, die in der Nähe des Strandbads Küsnacht einen Kaufmann mit Feldsteinen und einer Eisenröhre niederschlugen und ihn beraubten.» Die Burschen waren erst kurz vorher gemeinsam aus dem Bezirksgefängnis Meilen entflohen.

Der Gerichtshof verurteilte die jungen Männer zu Zuchthausstrafen zwischen sechs und acht Jahren. Die Zeitung liess es sich nicht nehmen, aufgrund der Verhandlungen «auf die persönlichen Verhältnisse der Verbrecher näher einzugehen. So las man Einzelheiten zum Stiefvater des einen Täters oder erfuhr über den anderen Täter, dass dieser einst nach Frankreich floh und sich von der Fremdenlegion anwerben liess – bevor ihm die Sache zu heiss wurde «und er schnurstracks in das Schweizer Konsulat floh, wo er froh auf Schwiizertüütsch seine Reue bekundete». Der Journalist schubladisierte die Gangster in seinen Zwischentiteln prägnant mit: «Der Chef, der Weiche und der Dumme.»