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Sechseläuten 2024 in HeidenEin Böögg, der sich ziert, und eine Regenschirm­parade

Das «Böögg-Aazönde» in Appenzell Ausserrhoden versoff im Regen, und am Schluss brannte der Kopf am Boden weiter. Ein Rückblick auf einen denkwürdigen Tag mit den besten Bildern.

Böögverbrennung in Heiden Appenzell.
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Über 350 Leute, darunter viele Freiwillige, wochenlange Vorbereitungen: Die «Häädler», wie sich die Leute der Gemeinde Heiden im Kanton Appenzell Ausserrhoden bezeichnen, hatten viel Personal und Zeit investiert, um den Event des Jahres in ihrer Gemeinde vorzubereiten. Am Samstag nahmen sie die Zürcherinnen und Zürcher in Empfang, damit sie die Böögg-Verbrennung nachholen konnten. Diese musste erstmals in seiner Geschichte wegen zu starken Windes im April abgesagt werden. Seither scheint der Sommer nicht richtig in Zürich angekommen zu sein.

Weil Appenzell Ausserrhoden Gastkanton war, sollte der Böögg zwei Monate später in Heiden verbrannt werden. Der Ort mit gut 4000 Einwohnerinnen und Einwohnern wurde unter anderem wegen der guten Verkehrsanbindung dazu auserkoren. Ein sommerliches Volksfest sollte es werden mit Markt- und Wurstständen, mit Auftritten der Blaskapelle «Ausserrhodentlich» und dem Chor Gsängli. 

Böögverbrennung in Heiden Appenzell.
Böögverbrennung in Heiden Appenzell.
Böögverbrennung in Heiden Appenzell.

Doch kurz nachdem die historischen Landjäger der Kantonspolizei Zürich um 15 Uhr bei der Dorfkirche ihre Begrüssungssalve abgefeuert hatten, liess Petrus seine Regenpetarden heraus. Das Wetter war noch viel schlimmer als am 15. April, dem Tag, als der Böögg hätte explodieren müssen. Damals windete es nur.

Das Rahmenprogramm im Dorf ging wegen des Regens völlig unter. Dessen Schönheit – eingebettet in die Appenzeller Hügellandschaft und auf einer Sonnenterrasse mit Blick auf den Bodensee gelegen – war aufgrund des trüben Wetters nur zu erahnen. Regenschirme versperrten überall die Sicht.

Die Zunftgesellschaften, die aus Zürich in Cars angereist waren, konnten ihre schönen Kostüme auch nicht wirklich zur Schau tragen. Alle trugen Regenpelerinen. Wer konnte, flüchtete an diesem Nachmittag ins Hotel Heiden, wo sich eine wartende Schicksalsgemeinschaft bildete. Die Schaulustigen und die geladenen Gäste tranken Champagner und Aperol Spritz. Andere suchten das Festzelt auf, wo sich die «Häädler» sowie die Zürcherinnen und Zürcher gegenseitig wärmten und dank Schunkel- und Mitsingmusik eine aufgekratzte Oktoberfest-Fasnachts-Stimmung herrschte.

Böögverbrennung in Heiden Appenzell.
Böögverbrennung in Heiden Appenzell.

Vor der Verbrennung des Böögg auf der Streuliwiese wartete ein Empfang auf die Ehrengäste im Kursaal Heiden.

Felix H. Boller, Präsident des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs sprach aufgrund des Wetters von «ausserrhodentlichen Verhältnissen». Der Böögg warte auf der «Gnadenwiese». Der Mut Natalie Ricklis, den Böögg bei diesem Wetter anzünden zu lassen, sei bewundernswert, sagte Boller weiter. Die Zürcher Regierungspräsidentin und gebürtige Winterthurerin betonte ihrerseits, das Sechseläuten sei der zweitbeste Anlass der Stadt – der schönste sei das Albanifest (das kommende Woche stattfindet). Als Gesundheitsdirektorin wolle sie vor dem Lärm des kommenden Knalls warnen, sagte sie ironisch, und: Der Böögg habe wie jeder Zürcher und jede Zürcherin einen Knall.

Böögverbrennung in Heiden Appenzell. Natalie Rickli während ihrer Rede.

Je länger es regnete und je näher die Verbrennung rückte, desto absurder wurde das Regenfest. Spätestens dann, als Kinder und Erwachsene, ausgerüstet mit Regenschirmen und Steckenpferden, auf der Streuliwiese um den Holzstoss des Böögg ritten. Wobei: Es handelte sich nicht um Steckenpferde, sondern Steckenziegen. Der archaische Moment, bei dem Reiter auf echten Pferden ums Feuer reiten, fehlte schon ein bisschen. Ebenso der Geruch nach Pferdemist.

Böögverbrennung in Heiden Appenzell.
Böögverbrennung in Heiden Appenzell.
Böögverbrennung in Heiden Appenzell.

Um 18 Uhr dann endlich das «Aaazönde»: Der Böögg rauchte zuerst vor allem und brannte dann ganz ordentlich. Doch zum Hals, wo der magische Knall-Böller versteckt ist, kam das Feuer länger nicht. Die Leute begannen sich zu langweilen. Dann geschah Unerwartetes: Nach etwa 28 Minuten fiel der Kopf auf den feuchten Boden der Wiese und brannte dort noch über zwei Minuten weiter. Der Böögg zierte sich ein wenig, als wolle er sagen: Hey, ihr habt mich zwei Monate nicht angezündet, jetzt mache ich da am Boden mal weiter.

Böögverbrennung in Heiden Appenzell.

Die offizielle Brennzeit beträgt 31 Minuten und 28 Sekunden, was kürzer ist als letztes Jahr (57 Minuten), aber auch länger als in einigen Jahren zuvor. Die ganze Aktion in Heiden scheint nun aber doch Wirkung zu zeigen: Erstmals seit Wochen ist für Zürich Sommerwetter angekündigt, das länger als zwei Tage andauern soll.