Wohneigentum im BaurechtEin Baurechtszins führt häufig zu Konflikten
Ein aktuelles Beispiel zeigt, weshalb Verträge im Baurecht oft in einem Streit zwischen Hauseigentümer und Grundstücksbesitzer enden.

Christoph Schütz hat die Nase voll. Diese Geschichte komme ihm vor wie ein «modernes Raubrittertum», sagt er. Nachdem eine Schlichtungsverhandlung mit der Burgergemeinde der Stadt Freiburg gescheitert ist, will er die «zu viel bezahlten Baurechtszinsen» auf zukünftigen Rechnungen abziehen. Es geht um einen Betrag von 8000 Franken. Es ist denkbar, dass dieser Konflikt nun weiter eskaliert.
Schütz besitzt in einem Mehrfamilienhaus in der Stadt Freiburg eine Eigentumswohnung. Der Boden, auf dem das Haus steht, gehört nicht der Eigentümergemeinschaft, sondern der Burgergemeinde Freiburg. Die Eigentümer entrichten der Burgergemeinde einen Baurechtszins. Die Höhe des Zinses ist in einem langfristigen Vertrag mit einer Laufzeit von 100 Jahren festgelegt, die 2099 endet. Gemäss Vertrag richtet sich der Zins nach dem Satz für variable Hypotheken der Freiburger Kantonalbank.
Hoher Zinssatz verrechnet
«Die Burgergemeinde Freiburg rechnete in den vergangenen Jahren immer noch mit einem Zinssatz von 2,875 Prozent, obwohl die Hypothekarzinsen längst viel tiefer liegen», argumentiert Schütz. Dass die Burgergemeinde trotzdem auf einem deutlich höheren Satz beharrt, hält Christoph Schütz für einen Vertragsbruch. Er ist nicht bereit, den «überhöhten Baurechtszins» zu übernehmen.
«Das mündet in Ungerechtigkeiten: Eine Vertragspartei fühlt sich auf einmal übervorteilt.»
Fredy Hasenmaile, Immobilienexperte bei der Grossbank Credit Suisse, überrascht dieser Konflikt nicht: «Ein Baurechtszins führt längerfristig nicht selten zu Konflikten», sagt er. Als Grund nennt er die lange Laufzeit der Verträge. Es sei sehr schwierig – wenn nicht sogar unmöglich – vorauszusehen, wie sich das Marktumfeld in einem Zeitraum von 20 bis 30 Jahren entwickle. Mit anderen Worten: Irgendwann entspricht das Marktumfeld nicht mehr den Annahmen, die dem Baurechtsvertrag zugrunde liegen. «Das mündet in Ungerechtigkeiten: Eine Vertragspartei fühlt sich auf einmal übervorteilt», sagt Hasenmaile.
Im vorliegenden Fall ist die Burgergemeinde Freiburg der Ansicht, dass der Vorschlag von Schütz nicht im Einklang mit dem ursprünglichen Vertrag und dem Willen der Parteien stehe. Philippe Berset, Geschäftsleiter der Burgergemeinde, weist auf einen Kompromiss hin, der mit der Eigentümergemeinschaft gefunden worden sei.
So gelte ab kommendem Jahr neu der Referenzzins des Bundesamts für Wohnungswesen als Richtwert für die Berechnung des Baurechtszinses. Dieser liegt aktuell bei 1,25 Prozent. Zudem werde der Zinssatz rückwirkend per Anfang 2019 auf 2,5 Prozent gesenkt. Berset bestreitet nicht, dass die Richtwerte für Hypothekarzinsen vor allem ab 2014 stark gesunken sind und unter dem Zinssatz lagen, den die Burgergemeinde Freiburg verrechnet hat. Er betont aber, dass der Vertrag im heutigen Marktumfeld fair interpretiert werden müsse.
Der Baurechtszins wird mit dem Bodenwert berechnet. Den habe die Burgergemeinde mit 180 Franken je Quadratmeter sehr tief im Vertrag festgelegt. Heute liege der Bodenpreis bei rund 1000 Franken je Quadratmeter. So rechtfertigt Berset den höheren Zins. Und schliesslich betont er, dass von 39 Wohneigentümern einzig Schütz diese Bedingungen nicht akzeptiere.
Die Eigentümergemeinschaft «zermürbt»
Schütz wiederum beruft sich auf die Vertragsbestimmungen, in denen er wenig Interpretationsspielraum sieht. Er wäre bereit gewesen, die neuen Bedingungen zu akzeptieren, wenn die Burgergemeinde auf den überhöhten Zins der vergangenen Jahre verzichtet hätte, sagt er. Die Wohneigentümergemeinschaft habe sich jahrelang gemeinsam dagegen gewehrt und sei schliesslich «zermürbt» worden. Die am Ende gefundene Lösung falle vor allem zum Vorteil der Burgergemeinde aus.
Wie ein Gerichtsverfahren im vorliegenden Fall ausgehen würde, ist offen. Immobilienexperte Fredy Hasenmaile weiss aber von kantonalen Urteilen in ähnlich gelagerten Fällen der jüngeren Vergangenheit, in denen Baurechtnehmer gesiegt haben. Hasenmaile empfiehlt «partnerschaftliche Vertragsmodelle», die mehr Flexibilität zulassen und vorsehen, dass bei einem veränderten Marktumfeld beide Vertragsparteien unerwartete Gewinne oder Verluste gemeinsam teilen.
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