Neuer Plan der SPRenten, Unterhalt: Ehe-Regeln sollen auch für Ledige gelten
Die Partei lanciert einen Dreipunkteplan für ein fortschrittliches Familienrecht. Und sie fordert, dass unverheiratete Paare dieselben rechtlichen Ansprüche wie Eheleute haben.
Die SP-Bundeshausfraktion hat am Dienstagnachmittag einen Dreipunkteplan für ein «soziales und fortschrittliches Familienrecht» verabschiedet: Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, ein zeitgemässes Familienrecht sowie die Bekämpfung der Kinderarmut werden darin behandelt.
Damit reagiert die Partei auf die neue Scheidungs-Rechtsprechung des Bundesgerichts. Neu gelten höhere Anforderungen an einen langjährigen nachehelichen Unterhalt. Damit stellt sich zunehmend die Frage, was die Ehe noch ausmacht, inwiefern sie sich noch von anderen Formen der Lebenspartnerschaft unterscheidet. Denn das Alleinstellungsmerkmal der Ehe – gegenseitige Rechte und Pflichten – ist in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend abgeschwächt worden. Etwa mit dem seit 2017 geltenden Unterhaltsrecht, das die Kinder verheirateter und unverheirateter Eltern einander bezüglich Unterhaltszahlungen gleichstellt. Und auch die kürzlich verabschiedete Revision des Erbrechts zielt in diese Richtung.
Nun will die SP mit diversen Vorstössen das Familienrecht weiter modernisieren. Unter anderem soll der Bundesrat prüfen, ob und wie faktische Lebenspartnerschaften den eherechtlichen Bestimmungen unterstellt werden können, insbesondere, wenn ein Paar Kinder hat. Dies fordert die Zürcher SP-Nationalrätin Min Li Marti in einem Postulat, das sie in dieser Session einreichen wird.
Alimente auch bei Konkubinatspaaren
Insbesondere müsse es bei Konkubinatspaaren eine Absicherung durch Hinterlassenen-Renten geben, sagt Marti. Bei der beruflichen Vorsorge ist es heute schon möglich, dies entsprechend zu regeln. Bei der AHV nicht. Weiter möchte die SP, dass der nacheheliche Unterhalt unter Umständen auch bei unverheirateten Paaren gesprochen werden kann. Dass also beispielsweise bei einem Konkubinatspaar, das jahrzehntelang zusammengelebt hat und bei dem ein Partner sich vorwiegend um die Haus- oder Pflegearbeit gekümmert hat, bei einer Trennung Anrecht auf Alimente hätte.
Daneben will die SP weitere familienpolitische Anliegen vorantreiben. Etwa mit einer Motion, die verlangt, dass die Kosten für ausserfamiliäre Kinderbetreuung nicht mehr als zehn Prozent des Familieneinkommens betragen dürfen. Ebenfalls enthält der Dreipunkteplan der SP zumindest implizite Kritik an der neuen Bundesgerichts-Rechtsprechung. Mit einem Vorstoss fordert die Partei eine «ausgewogene Zusammenstellung von Richterinnen- und Richter-Gremien», womit sie gleichsam die Leiturteile vom März 2021 kritisiert, sowie die Einführung spezialisierter Familiengerichte in der ganzen Schweiz.
«Die Bundesgerichts-Rechtsprechung setzt eine Gleichstellung voraus, die nicht vorhanden ist, sondern erst geschaffen werden muss», sagt Min Li Marti. Auch könne die neue Rechtsprechung sehr unsoziale Auswirkungen haben auf Frauen, die die Ehe vor vielen Jahren unter ganz anderen Bedingungen eingegangen seien.
«Ehe light» nach französischem Vorbild
Mit einer rechtlichen Regelung von faktischen Lebenspartnerschaften hat sich der Bundesrat schon vor Jahren beschäftigt. In einem 2015 publizierten Bericht zur Modernisierung des Familienrechts hat er insbesondere auf den Pacte civil de solidarité (Pacs) nach französischem Vorbild fokussiert. Der Pacs ist eine Art «Ehe light» mit gewissen Pflichten und Rechten, etwa im Mietrecht oder bei medizinischen Auskünften, aber ohne die umfassenden zum Beispiel erbrechtlichen Folgen einer Eheschliessung.
Familienrechtsexpertin Andrea Büchler von der Universität Zürich befürwortet die weitere Modernisierung des Familienrechts, doch nicht anhand der Einführung neuer Institute wie des Pacs. Es brauche vielmehr weitere Bestrebungen in Richtung eines Familienrechts, das unabhängig vom Zivilstand Rechte und Pflichten von Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern und von Eltern und Kindern regle.
FDP-Ständerat Andrea Caroni befürwortet den Pacs, er hat dazu auch einen Vorstoss hängig. Den Paaren müssten drei Modelle zur Verfügung stehen, sagt der Ausserrhoder: am einen Ende der Skala das Konkubinat als frei gestaltbare Gemeinschaft, am anderen Ende die Ehe. Und dazwischen neu der Pacs als «Ehe light». Wichtig sei die Wahlfreiheit. «Wer das Konkubinat wählt, darf nicht unter das Eherecht gezwungen werden», sagt Caroni.
Damit unterscheidet er sich von der SP, die Absicherung höher gewichtet als Wahlfreiheit. «Wir wollen, dass Härtefälle vermieden werden, unabhängig vom Zivilstand», sagt Marti. Die Gründe für Nichtheirat oder für eine fehlende Regelung seien sehr unterschiedlich, manchmal gingen diese Dinge auch vergessen. Es dürfe nicht sein, dass jemand nach jahrelangem Engagement leer ausgehe oder in die Armut gerate.
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