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Meinung

Editorial zur Bundesratswahl
Liebe Parlamentarier, wählt trotzdem Jositsch und Pfister!

Staenderat Daniel Jositsch, SP-ZH, verlaesst die Fraktionssitzung ueber das SP Ticket zur Nachfolge von Bundespraesident Alain Berset an der Bundesratswahl vom 13. Dezember, am Freitag, 24. November 2023, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
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Mehr kann man einen Kollegen öffentlich nicht abwatschen. Eigentlich ist das Resultat eine Aufforderung zum Parteiaustritt: Daniel, wir wollen dich nicht, du gehörst nicht zu uns. Und wir werden dir nie verzeihen. 

Gerade mal 9 Stimmen haben die 49 anwesenden Mitglieder der SP-Fraktion Daniel Jositsch maximal zugestanden, bevor er jeweils als Erster aus den beiden Entscheidungen flog. Und das, nachdem er 16 Jahre für die Partei im Parlament sass, acht davon als Ständerat des grössten Kantons. Und bei den letzten Wahlen mit einem überwältigenden Resultat wiedergewählt worden war.

In jeder anderen Partei hätte dieser Leistungsausweis gereicht, um als Bundesrat nominiert zu werden. Zumal er sich gerne staatsmännisch gab und aus seinen Ambitionen nie einen Hehl gemacht hat. Doch Jositsch war vielen in der Partei nicht links genug. Und andere Meinungen auszuhalten, war noch nie eine sozialdemokratische Stärke – selbst wenn die Unterschiede so geringfügig ausfallen wie bei Jositsch.

Zum Verhängnis wurde ihm, dass er sich vor einem Jahr geweigert hatte, die parteiinternen Regeln zu befolgen. Als er bei der damaligen Bundesratswahl Stimmen erhielt, schwor er einer wilden Wahl nicht ab. Das verziehen ihm die Genossen nicht. Und schon gar nicht die Genossinnen, für sie war die Frauenfrage heilig. Zumindest damals. Jetzt wählten auch sie ein reines Männerticket. Hauptsache, Jositsch wird abgekanzelt. 

Die SP wusste: Wer Bundesrat werden darf, bestimmen wir.

Es waren noch nie die Besten, die es automatisch in den Bundesrat geschafft haben. Fragwürdige Kriterien wie Geschlecht oder Herkunft spielen seit jeher eine grosse Rolle. Heute ist es aber am wichtigsten, den Segen der eigenen Fraktion zu bekommen. Wilde Kandidaturen sind tabu. Zu gross ist die Angst der Parteien vor einer Retourkutsche. Kein Wunder, hat die SP gestern nicht weniger als 18 Wahlgänge veranstaltet. Sie wusste: Wer Bundesrat werden darf, bestimmen wir. 

Bis heute wirken die Abwahl von Ruth Metzler und Christoph Blocher nach. Die SVP verankerte in ihren Statuten sogar eine Klausel, die den automatischen Parteiausschluss vorsieht, falls sich jemand wild in den Bundesrat wählen lässt. Und Mitte-Präsident Gerhard Pfister erzählte kürzlich in einem Interview mit dieser Redaktion eindrücklich, was für ein Trauma die Abwahl seiner Bundesrätin auslöste (um es zu verarbeiten, schaute er sich kürzlich sogar nochmals die «Tagesschau»-Sendungen von damals an). 

Es ehrt Pfister, dass er sich deshalb bei den Bundesratswahlen nicht als Sprengkandidat gegen Ignazio Cassis zur Verfügung stellen will – was sich viele Linke wünschen, um die FDP-SVP-Mehrheit in der Regierung zu durchbrechen. Tatsächlich hätte Mitte-links in der neu gewählten Bundesversammlung genügend Stimmen für den Coup. Doch obwohl Cassis angeschlagen ist, stellt Pfister seine Ambitionen zurück. Bestehende Bundesräte abzuwählen, fände er «respektlos gegenüber den Institutionen». 

Zu diesen Institutionen gehört aber auch das Parlament. Laut Bundesverfassung, Artikel 186, sind es die gewählten Volksvertreter, die die Mitglieder des Bundesrats wählen. Es ist respektlos, wenn Hinterzimmer-Deals und parteiinterne Abrechnungen darüber bestimmen. Immerhin geht es hier um die Landesregierung. 

Höchste Zeit für einen Befreiungsschlag, vielleicht ausgelöst durch den Jositsch-Knall.

Meistens ist es gut gekommen, wenn wilde Kandidaten gewählt wurden. Oft haben sie sich sogar zu besonders beliebten Bundesräten entwickelt. Wie zum Beispiel Willi Ritschard oder Otto Stich, beide übrigens SP. Höchste Zeit für einen Befreiungsschlag, vielleicht ausgelöst durch den Jositsch-Knall. 

Liebe Parlamentarier, wählt Jositsch, wählt Pfister! Zweifelt irgendwer daran, dass die beiden die besseren Bundesräte wären?