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Meinung

Editorial zum Wahlkampf 
«Keine Lust», das rächt sich jetzt

Arthur Rutishauser, Chefredaktor der SonntagsZeitung.
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2019 war alles klar. Nach dem Grosserfolg der Frauendemo und dem Hitzesommer gab es nur zwei Themen: die Frauen und der Klimawandel. Das hatte Folgen, es kam zu einer Protestwelle, die so viele Frauen und Grüne ins Parlament brachte wie noch nie. Diesmal ist die Ausgangslage nicht so klar. Grün sind mittlerweile alle Parteien, genauso wie alle auch mehr Frauen aufstellen als früher. 

Bevor am 22. Oktober gewählt wird, wollen zwei Parteien, die SVP und die FDP, am liebsten nicht über das reden, was das bedeutendste Ereignis in der Schweiz war: der Untergang der Credit Suisse. Die FDP fürchtet die Sippenhaftung, weil sie traditionell als Bankenpartei gilt. Die SVP meidet das Thema, weil sie mit Ueli Maurer jahrelang den Finanzminister stellte. 

Doch Schweigen wird nicht nützen. Zwar wurde die ganz grosse Krise mit der Zwangsübernahme der CS verhindert, doch Ende Monat wird die UBS bekannt geben, wie viele CS-Banker auf die Strasse gestellt werden. Es werden Tausende sein. In gewissen Teams wird kein einziger CS-Mitarbeiter von der UBS übernommen, andernorts werden auch UBS-Mitarbeiterinnen auf die Leaver-Liste gesetzt.

Da stellt sich die Frage nach der politischen Verantwortlichkeit von Maurer, doch der ehemalige Finanzminister verweigert jede Stellungnahme. Seit er Ende 2022 zurücktrat, macht er zwar ganz gern SVP-Parteipolitik und wettert gegen die Zuwanderung, aber wenn es um das CS-Debakel geht, versteckt er sich. Ausser einer flapsig hingeworfenen Bemerkung, er hätte alles besser machen wollen, aber man habe ihn halt nicht gelassen, war von ihm nichts zu hören. 

Maurer konnte bereits im Herbst den Gesamtbundesrat über die gefährliche Lage der CS  informieren. 

Maurer hat offenbar «keine Lust», dass er daran gemessen wird, was er nach sieben Jahren im Finanzministerium hinterlassen hat. Das eine sind die Bundesfinanzen, sie sind nicht im Lot. Aber das liegt an Corona und dem wegen des Ukraine-Kriegs aufgeblähten Militärbudget. Als Finanzminister war er aber auch der oberste Garant für den Finanzplatz Schweiz. Und da hat sich unter seiner Ägide ein Debakel ereignet, das komplett selbst verschuldet war. Dass es der CS schlecht ging, dafür war keine Finanzkrise verantwortlich und auch nicht die allseits beklagten Minuszinsen. Alle anderen grossen Schweizer Banken schrieben in den letzten Jahren hohe Gewinne. Allen voran die Raiffeisen- und die Kantonalbanken, aber auch die UBS. Einzige prominente Ausnahme: die CS.  

Nun war Maurer zwar nicht direkt für die Banken verantwortlich, das waren die Finanzmarktaufsicht und die Nationalbank. Doch erstens war er massgeblich mitverantwortlich für die Besetzung der jeweiligen Spitzenjobs, und zweitens sass er in allen wichtigen Gremien, namentlich dem Lenkungsgremium für Finanzkrisen, wo er direkt über Bankenthemen informiert wurde. Tatsächlich konnte er bereits im Herbst den Gesamtbundesrat über die gefährliche Lage der Grossbank informieren. Zu entscheiden, wann er die Kolleginnen und Kollegen informiert, war sein persönliches Privileg. So will es die entsprechende Regelung, die er am 2. Dezember 2019 unterschrieb. 

Wie jetzt bekannt wird, hat es Maurer im vollen Wissen um die kritische Situation der Credit Suisse verpasst, rechtzeitig einen Rettungsschirm zu spannen. Deshalb resultierte, was niemand wollte, nämlich dass die Schweiz abhängig wurde von einer einzigen Grossbank. Am 2. November, dem ersten und einzigen Mal, als er den Gesamtbundesrat informierte, lag ein Rettungsplan vor, der im Wesentlichen identisch war mit dem, der am 19. März angewendet wurde. Mit einem entscheidenden Unterschied: Damals wäre die CS noch zu retten gewesen. Mitte März, als täglich Dutzende Milliarden aus der Bank flossen, war das nicht mehr möglich. Dass es so weit kam und dass es wieder Notrecht brauchte, dafür trägt Ueli Maurer politisch die Hauptverantwortung. Er hat als zuständiger Minister die rechtzeitige Rettung verschlafen. «Keine Lust», dieses Motto rächt sich jetzt.