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Meinung

Editorial zur Ukraine-Politik
Neutralität oder Opportunismus?

Arthur Rutishauser, Chefredaktor der SonntagsZeitung.
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Man kann sagen, es war «Switzerland at its best», was Bundespräsidentin Viola Amherd gestern auf dem Bürgenstock zeigte. Sie ist nicht in die Falle gegangen, die der grosse Auftritt vor der Welt hätte sein können. Sie habe keine Illusionen, dass die Teilnehmenden bis zum Sonntagabend zu einer abschliessenden Einigung kommen würden, sagte sie, und weiter: «Hier auf dem Bürgenstock werden wir aber alle einen ersten entscheidenden Schritt machen.»

«Wir haben alle ein existenzielles Interesse an Frieden, deshalb muss nun der Weg dazu geebnet werden», sagte sie weiter. Wer möchte da widersprechen? Und wenn es wirklich gelingt, mit der 15 Millionen Franken teuren Konferenz den Krieg auch nur einen Tag zu verkürzen, dann hat sich das Stelldichein in der Innerschweiz gelohnt.

Dummschwätzer wie Niels Fiechter, Präsident der Jungen SVP, sollten sich vielleicht einmal überlegen, was eher mit der Neutralität vereinbar ist: eine Konferenz für den Frieden zu organisieren oder im russischen Propagandakanal Russia Today die Schweiz und ihre politische Führung schlechtzumachen und das Ende der Neutralität und den dritten Weltkrieg herbeizureden. Es wäre an Christoph Blocher, hier ein Machtwort zu sprechen und den jungen Mann in der Versenkung verschwinden zu lassen, zumindest bis er ein wenig nachgereift ist.

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Dass die Schweiz nach diesem Krieg darüber nachdenken sollte, wie sie künftig mit der Neutralität umgeht, das erscheint hingegen zwingend. Denn je länger der Krieg andauert, desto widersprüchlicher wird die Position der Schweiz. Da wehren wir uns monatelang dagegen, ein paar rostige Panzer der staatseigenen Rüstungsfirma Ruag, die in Italien herumstehen, nach Deutschland zu verkaufen. Dies mit dem Argument der Neutralität, denn die völlig veralteten Stahlkolosse sollten später von den Deutschen an die Ukrainer geliefert werden. Fast ebenso lange wehrte sich das Parlament dagegen, mehr Geld für die Armee auszugeben, schliesslich sei das nicht dringlich. Ein paar Monate später ist alles anders. Plötzlich sollen die Panzer vielleicht doch geliefert werden, und das Geld für die Armee ist auch nicht mehr knapp.

Was den Bankenplatz angeht, so ist die Schweiz de facto überhaupt nicht mehr neutral. Den Banken sitzt noch immer die Erinnerung an den Steuerstreit mit den USA im Nacken, sodass sie inzwischen Geld von Leuten sperren, die nirgends auf der Welt sanktioniert sind, nur weil sie einen russischen Pass haben und vielleicht eine Beziehung haben könnten zu einem Oligarchen, der in den USA auf einer Sanktionsliste steht. Aus vorauseilendem Gehorsam gegenüber den Amerikanern werden in der Schweiz de facto nicht nur die EU-Sanktionen durchgesetzt, sondern auch die amerikanischen und die britischen, obwohl der Bundesrat diese nicht anerkennt.

Dass da bei manchem der Glaube an den Rechtsstaat ins Wanken kommt, ist verständlich. Noch gefährlicher wird es, wenn die G-7 ihre Beschlüsse umsetzt, die sie in Süditalien gefasst hat. Dabei geht es um die blockierten Reserven der russischen Nationalbank. In westlichen Ländern wurden seit der Invasion vom Februar 2022 rund 250 Milliarden Franken eingefroren. Bisher war dieses Geld tabu, weil das Völkerrecht eine Konfiszierung eigentlich verbietet. Doch nun fällt das Tabu, und es sollen erst mal die Zinsen für die Ukraine-Hilfe eingesetzt werden – bald werden wohl auch die blockierten Vermögen angetastet. Für die Schweiz wird das wohl bedeuten, dass auch die 7,5 Milliarden Franken des russischen Staats, die bei uns liegen, eingefordert werden. Wenn wir die herausgeben, dann ist das wohl kaum mit der Neutralität vereinbar.

Es wird darum interessant sein, wie sich die Schweizer Politik dann verhalten wird. Gibt sie einmal mehr den Amerikanern nach und zieht mit, oder gewichtet sie Rechtsstaatlichkeit und Neutralität höher? Das wird wohl nur gehen, wenn sie dafür die Ukraine-Hilfe deutlich erhöht. Wenn es so weit ist, können alle zeigen, wie viel ihnen die Neutralität wert ist. Auch die SVP.