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Folgen der Sanktionen
Dünger­importeure wollen den Schwermetall-Grenzwert lockern

Schweizer Bauern zahlen heute bis zu dreimal mehr für ihren Dünger als vor dem Ukraine-Krieg.
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Keine Ernte ohne Phosphor. «Dieser Dünger ist ein essenzieller Hauptnährstoff für das Pflanzenwachstum», sagt Mirjam Hofstetter vom Schweizer Bauernverband.

Auch für die Ernährung ist Phosphor zentral: «Er ist ein unentbehrlicher Bestandteil von Nukleinsäuren, die für alle Lebensvorgänge und die Weitergabe von Erbinformationen in der Pflanze verantwortlich sind. Um nicht an Mangelerscheinungen zu erkranken, muss daher jeder Mensch täglich 0,7 Gramm Phosphor mit der Nahrung aufnehmen.» 

Zwar können die Schweizer Bauern einen Grossteil ihres Phosphor-Bedarfs durch Gülle und anderen Hof- und Recyclingdünger decken. Aber in der Schweiz gibt es keine eigenen Phosphor-Vorkommen, die abgebaut werden können. Darum wird rund ein Fünftel des Phosphor-Bedarfs importiert. Das sind jährlich rund 5600 Tonnen.

Russland hat den besten Phosphor

Zu Russlands immensen Bodenschätzen gehört auch Phosphor von hoher Qualität. Das Land war bis vor dem Ukraine-Krieg nicht nur der grösste Exporteur von Phosphor aus dem Bergbau für die Düngerherstellung. Der russische Phosphor ist auch besonders arm an Schadstoffen.

Für die Bäuerinnen und Bauern werden jetzt die Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs zum Problem. Denn sie erlauben Russland keine Exporte von Düngemitteln mehr. «Das hat massive Auswirkungen auf die Düngerpreise», sagt Mirjam Hofstetter, «sie sind bis aufs Dreifache gestiegen.»

Nun reagieren die Schweizer Düngerimporteure. Sie beantragen, den Grenzwert für das giftige Schwermetall Kadmium anzuheben. Damit könnten sie mehr Dünger mit Phosphor aus anderen Ländern an die Bäuerinnen und Bauern liefern.

«Die in Europa noch erhältlichen Phosphat-Dünger erfüllen den strengen Schweizer Kadmium-Grenzwert nicht.»

Michael Brügger, Agricura-Plattform

Den konkreten Antrag an das Bundesamt für Landwirtschaft hat die Agricura-Plattform gestellt, die Branchenvertretung der Schweizer Düngemittel­importeure. Ihr Sekretär Michael Brügger argumentiert, wegen der Versorgungsengpässe bei phosphathaltigen Düngern drohe sogar ein Lieferengpass: «Denn die in Europa noch erhältlichen Phosphat-Dünger erfüllen den strengen Schweizer Kadmium-Grenzwert nicht.»

Der EU-Grenzwert soll laut Brügger nur temporär gelten. Dieser soll wieder gesenkt werden, sobald sich die Lage auf dem internationalen Düngermarkt beruhigt hat.

«Kadmium ist giftig für den Menschen.»

Jonathan Fisch, Bundesamt für Landwirtschaft

Jonathan Fisch ist Sprecher des Bundesamts für Landwirtschaft. Er bestätigt, dass das Gesuch eingegangen ist. Die rechtlichen Möglichkeiten für eine Anhebung des Grenzwerts würden derzeit von zuständigen Fachleuten bearbeitet.

«Kadmium ist giftig für den Menschen», sagt Fisch. «Über den Dünger kann es in den Boden gelangen und von da in die Ernte.» Der heute gültige Grenzwert stelle sicher, dass eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit ausgeschlossen werden könne.

Michael Brügger von der Agricura-Plattform kontert: «Auf die Umwelt sind aus einer temporären Anhebung der Kadmium-Grenzwerte keine negativen Auswirkungen zu erwarten.» Der heute in der Schweiz geltende Kadmium-Grenzwert sei mehr als doppelt so streng wie der in der Europäischen Union. Im Antrag heisst es darum, dass sich die zeitlich begrenzte Erhöhung an den EU-Vorschriften orientieren soll.

Jonathan Fisch vom Bundesamt für Landwirtschaft weist dagegen darauf hin, dass auch ausserhalb von Russland Phosphor abgebaut wird, der weniger Kadmium enthält. 

Langfristig braucht es keinen Import-Phosphor

In den nächsten Jahren will die Schweiz sogar ganz auf Phosphor-Importe verzichten. Denn unser Land könnte seinen Bedarf selbst decken: Laut einer Studie des Bundesamts für Umwelt könnte der Anteil von Hof- und Recyclingdünger von rund 80 auf 100 Prozent erhöht werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, schreibt eine Verordnung vor, dass bereits ab 2026 Phosphor aus dem Abwasser, dem Klärschlamm sowie aus Tier- und Knochenmehl extrahiert wird. Aus diesem zurückgewonnenen Phosphor kann Recyclingdünger produziert werden.

Phosphor wird im Tagbau gewonnen, wie hier in dieser Mine in Senegal. Dank Recycling könnte die Schweiz aber genügend eigenen Phosphor generieren.

Die aktuelle Mangellage aber können diese Zukunftspläne nicht lindern. Die Düngemittelhändler der Agricura-Plattform hoffen auf eine speditive Behandlung des Gesuchs für eine temporäre Übernahme des EU-Grenzwerts.