Neue AuflageDiese Wörter fallen aus dem Duden
Mit jeder neuen Ausgabe des Lexikons verabschieden sich auch ein paar Einträge. Welche sind es diesmal – und warum?
Sie haben Mühe mit sich ständig wandelnder Sprache? Dann probieren Sie mal, ein Wörterbuch aktuell zu halten. Die Duden-Redaktion in Berlin versucht sich zumindest daran: Am Dienstag ist der Rechtschreib-Duden, das Standardwerk der deutschen Rechtschreibung, in der 29. Auflage erschienen, wie gewohnt mit einer ganzen Reihe von neuen Einträgen.
Doch mit jeder Auflage verabschieden sich auch Wörter aus dem Band. Diesmal sind es immerhin 200, etwa die Begriffe «UMTS-Handy» oder «Wellensalat». Natürlich hängt das vorab mit der Entwicklung unserer Gesellschaft zusammen: Wer heute noch über UMTS kommunizieren will, funkt schnell ins Leere und am Radio sucht eben kaum noch jemand wirklich auf der Welle nach der Frequenz von DRS 1.
Sprache bildet die politische Lage ab
Daneben gibt es weitere Gründe, ein Wort aus dem Duden zu nehmen. «Gewisse Wörter der deutschen Sprache entwickeln neue morphologische Varianten», erklärt Kathrin Kunkel-Razum, Chefredaktorin der Dudenredaktion. Aus «Massreglung» etwa ist die geläufigere «Massregelung» geworden.
Natürlich bildet der Bestand im Rechtschreib-Duden ein Stück weit immer auch die politische Lage ab. Ein «Rationalisator» war in der früheren DDR jemand, der in den Produktionsstätten für die Rationalisierung, also die Steigerung der Effizienz, zuständig war. Das gibt es nicht mehr – heute spricht man dafür in allen möglichen Zusammenhängen vom «Consultant».
Ein Wort gleich aus dem Bestand zu streichen, widerspreche jedoch der Auffassung der Dudenredaktion, sagt Kunkel-Razum. Wörter, die politisch in Misskredit geraten seien, wie zum Beispiel «Neger», würden dann mit dem entsprechenden Verweis als schwer diskriminierend aufgeführt. «Wichtig ist uns immer auch die Definition, die wir einem Wort mitgeben, sowie die pragmatische Markierung», sagt Kunkel-Razum.
Computerlinguistisches Verfahren
Und doch gerät man ins Staunen, was bis anhin noch im Duden stand: «Tunfisch» erlaubte er uns etwa ganz offiziell zu schreiben sowie «Majonäse» oder «Jogurt». Die Empfehlungen über die veränderten Schreibweisen kommen vom Rat für deutsche Rechtschreibung. Die Entscheidung, welche Wörter als neu oder eben als veraltet anzusehen sind, trifft jedoch die Dudenredaktion für sich.
Dafür bedient sie sich des Dudenkorpus, einer Textsammlung mit über sechs Milliarden Wortformen aus Zeitungen, Zeitschriften, Songtexten, Bedienungsanleitungen, Romanen oder Politikerreden, die abbilden soll, wie man im deutschen Sprachraum so schreibt und spricht. «Wenn wir ein Wort aufnehmen oder eben streichen», sagt Kunkel-Razum, «so ist das zunächst einmal ein computerlinguistisches Verfahren: Was wird von wem und wie oft benutzt.»
So kam es diesmal auch zum Kuriosum, dass das Wort «Hackenporsche» (umgangssprachlich für die zweirädrigen Einkaufswagen, die etwa ältere Menschen gern benutzen) vor vier Jahren aus dem Bestand gestrichen wurde – und diesmal wieder Eingang fand, weil es in der Umgangssprache noch immer präsent ist.
Ganz verloren gehen die Wörter, die aus dem Duden verbannt werden, dann doch nicht. Seit 2018 gibt die Dudenredaktion das Buch «Was nicht mehr im Duden steht» heraus, für die aktuellen Bewegungen ist zwar für einmal keine Neuauflage geplant, für die nächste Duden-Auflage, die 30., kann man aber damit rechnen, wie Chefredaktorin Kunkel-Razum sagt.
Und gestrichen wird stets nur im Buch: In der Online-Ausgabe bleiben die Wörter bestehen, ebenso gehören dort die Einträge der ergänzenden Duden-Bände «Die deutsche Grammatik», «Richtiges und gutes Deutsch» und «Deutsches Universalwörterbuch» dazu. Beim Rechtschreib-Duden hingegen gelte es, ihn auch so gut es noch geht, handlich zu halten, wie Kunkel-Razum erklärt – zurzeit umfasst er 151'000 Stichwörter. Bereits gibt es wieder erste Einsendungen für Aufnahmevorschläge – und solche, die ein Wort verbannt haben wollen. Eben: Versuchen Sie mal, ein Wörterbuch aktuell zu halten.
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