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Drogenkriminalität in Lateinamerika
Ein politischer Mord erschüttert Ecuador

Handout picture released by the Mayor's Office of San Vicente taken on February 20, 2024 of the then mayoress of San Vicente Brigitte Garcia speaking during the delivery of agricultural implements in San Vicente, Manabi, Ecuador. The 27-year-old mayoress of coastal San Vicente was found shot to death on March 24, 2024, police said, as the South American country approaches its third month of a state of emergency decreed by the government to crack down on soaring gang violence. (Photo by Handout / MAYOR'S OFFICE OF SAN VICENTE / AFP) / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / Mayor's Office of San Vicente" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS
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Ecuadors jüngste Bürgermeisterin wurde nur 27 Jahre alt. Am Wochenende wurden Brigitte Garcia und ihr Kommunikationsberater erschossen, als sie in einem Mietauto unterwegs waren. Die tödlichen Schüsse wurden gemäss lokalen Medien vom Innern des Wagens abgefeuert. Alles deutet auf einen gezielten Mord hin. Ob dieser von einem Einzeltäter oder einer Bande verübt wurde, ist unklar. Die Polizei hat noch niemanden festgenommen.

Brigitte Garcia wurde im vergangenen Jahr als Bürgermeisterin in der kleinen Pazifikstadt San Vicente gewählt. Die ausgebildete Krankenschwester galt als unkorrumpierbar, als eine Politikerin, die sich nicht von den Gangs schmieren liess. Ihr politisch wichtigstes Projekt war die Trinkwasserversorgung für die 25’000 Einwohnerinnen und Einwohner von San Vicente. Die Jungpolitikerin brachte einen modernen Politikstil in die verarmte Gegend. Sie war laufend mit der Bevölkerung im Kontakt, dokumentiere ihre Aktivitäten mit professionell produzierten Videos auf den sozialen Medien.

Für viele ein Vorbild

Vor allem für die junge Generation war Garcia ein Vorbild. Sie war eine, die zeigte, dass man auch als junge Frau in der von Machismo geprägten Politik erfolgreich sein kann. «Ich wünsche mir, dass viele junge Menschen in meine Fussstapfen treten und sich schon in jungen Jahren in der Politik engagieren. Dass junge Leute sagen: ‹Ich kann die nächste Gouverneurin sein›», sagte Garcia in ihrer Wahlkampagne. 

Der Mord an der einst hoffnungsvollen Nachwuchspolitikerin hat grosse Teile der Bevölkerung verunsichert. Denn die Regierung des konservativen Präsidenten Daniel Noboa hat zuletzt verkündet, das Kriminalitätsproblem in den Griff bekommen zu haben. Die Mordrate gehe zurück, weil man seit Januar hart gegen Kriminelle vorgehe, so Noboa.

Kriminelle terrorisieren ein Land

Damals stürzte die Drogenkriminalität das Land ins Chaos. Den beiden Drogenbossen José Adolfo Macías Villamar alias Fito (lesen Sie hier ein Porträt von Fito) vom Chonero-Kartell und Fabricio Colón Pico alias Captain Pico vom Kartell Los Lobos gelang die Flucht aus dem Gefängnis. Daraufhin stürmten Gangmitglieder vor laufenden Kameras mit gezückten Waffen ein Fernsehstudio.Die Polizei reagierte mit einem massiven Aufgebot auf die beiden Ausbrüche. Und die kriminellen Drogenbanden nutzten das Chaos für eine Gewaltwelle: Sie verübten bewaffnete Angriffe und Bombenanschläge an mehreren Orten.

Damals hatte Noboa verkündet, Ecuador befinde sich in einem «internen bewaffneten Konflikt». Der Präsident liess kriminelle Banden zu Terroristen erklären und setzte auf das Militär. Seither patrouillieren Soldaten in den Strassen der grossen Städte.

Ecuador's President Daniel Noboa (C) wears a bulletproof vest and a helmet verifies the results of a police and military operation at the Socio Vivienda neighbourhood in Guayaquil, Ecuador on march 26, 2024. (Photo by Gerardo MENOSCAL / AFP)

Für das harte Vorgehen gab es eine klare Mehrheit. Ecuador hatte sich nach der Pandemie von einem der sichersten Länder Lateinamerikas zu einem der gefährlichsten entwickelt. Die Pro-Kopf-Mordrate des Landes im Jahr 2023 – 46,5 pro 100’000 Einwohner – hat sich seit 2018 verachtfacht.

Im vergangenen August wurde auch der Weltöffentlichkeit bewusst, wie dramatisch die Lage ist. Ausländische Söldner erschossen den Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio auf offener Strasse, während dessen Wahlkampagne.

Ecuador liegt zwischen Peru und Kolumbien, wo Kokain in Massen produziert wird. Von den Häfen Ecuadors aus wird das weisse Pulver exportiert. Um die lukrativen Handelswege kämpfen auch Kartelle aus Mexiko und Kolumbien, die gute Beziehungen zu den Gangs in Ecuador wie den Choneros haben.

«Niemand ist sicher in Ecuador»

Die Region Manabi, in der Brigitte Garcia politisierte, ist Stammgebiet der Choneros. Wegen der Nähe zum Pazifik ist sie für den internationalen Drogenhandel von strategischer Bedeutung. Lokale Medien befürchten, dass die kriminellen Banden aufgrund der Militärpräsenz in den grossen Städten vermehrt in die Küstenregion abwandern, um von dort aus zu operieren.

Der Mord an Brigitte Garcia zeigt, dass sich die Situation nicht so leicht beruhigen lässt. «Ich bin am Boden zerstört. Ich kann es nicht glauben, mein Gott! Brigitte war die jüngste Bürgermeisterin des Landes. Es reicht!», schrieb Ecuadors ehemaliger Präsident Rafael Correa auf X. Die Spitzenpolitikerin Luisa Gonzalez kam zu einem bitteren Schluss: «Niemand ist sicher in Ecuador.»