Drogenboss FitoDer Mann, der Ecuador ins Chaos stürzt
Er führt ein berüchtigtes Kartell an – bis vor kurzem vom Gefängnis aus. Seit seiner Flucht erschüttert eine Gewaltwelle das Land. Wer ist José Adolfo Macías Villamar?
José Adolfo Macías Villamar genügt es nicht, den Drogenhandel zu kontrollieren, die Bevölkerung zu terrorisieren und Politiker ermorden zu lassen. Der Kartellchef, bekannt als Fito, will den ecuadorianischen Staat demütigen.
Das zeigte sich im vergangenen September, als zwei ältere Herren zusammen mit Fitos Tochter Michelle die Ballade «Corrido del León» über den Drogenboss veröffentlichten. Akkordeon, Gitarre, schmissiger Rhythmus – und ein lobhudelnder Text. Fito sei der «Boss der Bosse» und ein «guter Mensch». Der Skandal: Im Video spielt der Drogenboss selber mit, obwohl er damals in einem Gefängnis der Hafenstadt Guayaquil eingesperrt war, verurteilt zu 34 Jahren Haft wegen Drogenhandels.
Das aufwendig produzierte Musikvideo zeigt Fito, wie er im Gefängnishof mit Kollegen spasst, einen Hahn herzt und vor riesigen Wandmalereien posiert. Für Fito war es offensichtlich ein Leichtes, Hahn, Videoteam und Equipment ins Gefängnis zu schmuggeln. Für den Staat Ecuador war das Video eine Blamage, für den Kriminellen eine Machtdemonstration. Alle konnten sehen, dass die Kartelle in vielen Gefängnissen die Kontrolle an sich gerissen haben.
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So gesehen, war es auch nicht mehr überraschend, dass der Kartellchef am vorvergangenen Sonntag den ecuadorianischen Staat nochmals blossstellte. Wenige Stunden vor einer geplanten Inspektion flüchtete Fito aus dem Gefängnis. Niemand will gesehen haben, wie der Anführer des gefürchteten Chonero-Kartells verschwand. Wahrscheinlich hatten ihm korrupte Gefängniswärter einfach die Zellentür geöffnet und ihn in die Freiheit begleitet.
Seit Fitos Flucht hat eine Gewaltwelle das südamerikanische Land erschüttert (lesen Sie hier ein Q & A zur Lage in Ecuador). Der ecuadorianische Staat unternimmt alles, um den breitschultrigen Gangster mit dem Zottelbart zu fangen. Von 3000 Polizisten und Soldaten wird er gesucht, sogar in der Kanalisation unterhalb des Gefängnisses.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Schwerkriminelle ausgebrochen ist. Im Februar 2013 floh er bereits einmal aus einem Hochsicherheitsgefängnis und fuhr mit einem Boot davon. Drei Monate später wurde er wieder festgenommen.
Spätestens seit dem vergangenen August gilt Fito als gefährlichster Mann Ecuadors. Damals wurde der Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio auf offener Strasse von ausländischen Söldnern erschossen. Die Ermittler vermuten in Fito den Auftraggeber des Mordes an Villavicencio, der den Drogenkartellen den Kampf angesagt hatte (lesen Sie hier, wieso Villavicencio getötet wurde).
Über das Leben des Drogenbosses ist wenig bekannt. Fito (44) wurde in Manta, einer mittelgrossen Stadt an der Pazifikküste, geboren. Bereits früh wurde er kriminell. Nach Angaben der ecuadorianischen Justiz wurde er mindestens 30-mal angeklagt, unter anderem wegen Raub, Mord und Totschlag.
Mitstreiter wurden erschossen
Rasch machte er Karriere bei den Choneros, Ecuadors berüchtigtstem Drogenkartell. Nachdem dessen Anführer 2020 ermordet worden war, übernahm Fito zunächst mit einem gewissen Junior Roldán die Leitung der Bande. Auch Roldán wurde im Mai des vergangenen Jahres erschossen, seitdem ist Fito der alleinige Anführer, der besungene «Boss der Bosse».
Die Geschäfte hat er vor seiner Flucht vom Gefängnis aus organisiert, was ihn kaum gestört hat. Zum einen ist er hinter Gittern relativ sicher vor verfeindeten Drogenkartellen. Zum anderen leisten sich die wichtigen Köpfe der Choneros im Gefängnis ein schönes Leben mit Drogen, Partys und komfortabel eingerichteten Aufenthaltsräumen.
Möglich macht das der florierende Gefängnisschmuggel. Fehlt etwas, wird es auch mal mit einer Drohne eingeflogen. «Gefängnisse sind Städte, in denen die Gefangenen das Sagen haben», sagt ein Polizist, der unter anderem in Fitos Gefängnis gearbeitet hat, gegenüber «El País».
Der Grossteil der Bevölkerung kann es kaum erwarten, dass Fito gefasst wird – tot oder lebendig. «Bereitet schon mal das Lied für seine Beerdigung vor», kommentiert einer auf Youtube das Video «Corrido del León».
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