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Kochen lernen in Frankreich
Drecksarbeit in der Küche

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Als ich zum ersten Mal las, worum es in Ihrem neusten Buch geht – um Ihre Abenteuer als Kochlehrling in Lyon –, dachte ich: Dieser Mann ist verrückt.

In meinem Fall war es eher schlechtes Urteilsvermögen. Klar, es gab Phasen, die waren crazy. Zum Beispiel fand ich in Lyon lange keine Praktikumsstelle, und die Sache mit dem Visum oder dem Kindergartenplatz für meine Buben war auch furchtbar mühsam. Aber als Journalist und als Sachbuchautor muss ich Storys finden, die überraschen. Derselbe Wunsch hat mich dazu getrieben, über englische Hooligans zu schreiben oder als italienischer Metzger zu arbeiten.

Warum heisst Ihr Buch «Dreck»?

Ehrlich gesagt: Mir fiel nichts anderes ein. Der Hintergrund war folgender: Die Basis der französischen Küche sind für mich Brot und Käse, ich arbeitete in Lyon ja auch zuerst als Bäcker – bei meinem Freund Bob. Das Geheimnis seiner fantastischen Brote war nicht Technik, sondern die Erde, in der sein Getreide gewachsen war. Dasselbe gilt für den Käse. In Frankreich gibt es Hunderte von Käsesorten – grossartiger Käse, der von Milch von Tieren stammt, die auf guter Erde gegrast haben. Ich hätte das Buch auch «Terroir» nennen können. Aber das war mir zu schwammig.

Woran denken Sie, wenn Sie heute das Wort «Lyon» hören?

Licht. Wasser. Spiegelungen. Schönheit. Flüsse in der Nacht.

Das klingt nach einem Paradies.

Das ist es ja auch. Ein exquisiter Ort zum Leben! Pariser hassen es. Aber in Paris gibt es ja auch nichts, zumindest keine Natur. Nicht wie in Lyon, wo man umgeben ist von Bergen, von Wein, von wunderbaren Düften und frischem Wasser.

Weshalb sind Sie denn überhaupt in die USA zurückgekehrt?

Die ehrliche Antwort? Uns ging das Geld aus.

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Sie arbeiten jetzt wieder als Journalist. Kochen Sie noch?

Ja, natürlich. Ausser an Schultagen, da darf ich meistens nicht, meine Nachtessen sind zu elaboriert, meine Söhne würden dann zu spät zu Bett gehen. Aber ich schreibe eine Food-Kolumne für den «New Yorker» und experimentiere viel. In Frankreich habe ich auch gelernt, saisonal zu kochen. Auf dem Markt verhalte ich mich jetzt deshalb wie ein französischer Chef, rieche an den Dingen, diskutiere mit den Marktleuten, solche Sachen.

Bill Buford ist zurück in New York – wo er sich aber schon manchmal wie ein französischer Chef benimmt. Zum Beispiel auf dem Markt. 

Und Ihre Essgewohnheiten?

Ich habe seit Frankreich immer Essig in grossen Mengen vorrätig – im Moment wohl etwa 20 Flaschen verschiedener Sorten. Vorher habe ich diesen Extraspritzer Essig, zum Beispiel in den Reis, also diese Säure, nicht zu schätzen gewusst. Auch wegen meiner Kinder, die fanden, Essig stinke. Auch sie haben ihn schätzen gelernt. Sie filmen mich jetzt sogar dabei, wie ich mit Essig das Essen aufwerte.

Wir müssen noch über Kartoffeln reden. Wie es scheint, habe ich – und mein kochendes Umfeld – ein Leben lang falsch Kartoffeln geschält.

Sie meinen, Sie haben den Schäler gebraucht?

«In der französischen Küche gibt es für alles eine Regel. Und deshalb ist jede und jeder ersetzbar.»

Genau. Sie selber mussten sich ja auch belehren lassen. Von «Ansel, dem Arschloch», wie Sie in Ihrem Buch einen Arbeitskollegen nennen. Man schält mit einem Messer. Könnten Sie uns das noch einmal erklären?

Es ist ganz einfach: Mit einem Schäler setzt man im Schnitt 25-mal an – pro Knolle. Ansel, der den Lyoner Kartoffelschälwettbewerb zweimal gewonnen hatte, zeigte mir, wie viel schneller es mit einem Messer geht.

Was heisst das genau – schneller?

Man setzt das Messer jeweils an einem Ende an und schneidet so die Schale ab, in sieben Arbeitsschritten. Ansel riet mir, mit einem Ei zu üben. Ich befolgte seinen Rat nicht, ich kaufte einen ganzen Sack Kartoffeln und schälte einen Sonntagmorgen lang.

Mit Erfolg?

Ja. Ich brauchte den Schäler, mit dem man übrigens besser Äpfel bearbeitet, zwar später noch einmal in der Restaurantküche, schnitt mir aber so oft in die Hände, dass ich endgültig auf das Messer umstieg. Ansel, der gut mit Messern umgehen konnte, zeigte mir auch einen Trick, den ich eigentlich kannte, aber nicht wirklich anwendete: dass man die Klinge gegen den Knöchel drückt beim Schneiden. So verhindert man Verletzungen.

Die klassische französische Küche hat ja den Ruf, ziemlich elitär zu sein. Was raten Sie jemandem, der sich trotzdem damit beschäftigen möchte?

Die Idee von Georges Auguste Escoffier, der die Haute Cuisine prägte wie kein anderer, war: In der Küche ist jede und jeder austauschbar. Weil es für alles eine Regel gibt. Das ermutigt zwar die eigene Kreativität nicht direkt. Und doch löst es etwas aus im Kopf, im besten Falle werden neue Ideen angeregt. Starten Sie mit der Anschaffung von Messern. Zwei reichen – ein Küchen- und ein Gemüsemesser. Ein grosses, ein kleines. Und schleifen Sie sie regelmässig.

Das machen doch nur Filmköche.

Nein, das ist wichtig! Ich kannte einen Metzger, der alle fünf Minuten seine Messer schliff.

Was hat Sie denn nun geschmacklich am meisten fasziniert an der französischen Küche?

Der Umgang mit Blätterteig – dass man ihn sowohl mit Süssem wie auch Pikantem kombiniert. Und ich mag die Art der Franzosen, wie sie sich der Ente annähern. Ente hat so viel Geschmack, und es gibt so viele Arten, sie toll zuzubereiten. Kurz, es ist einfach great rich food.