Angriff im TessinDoris Leuthard in ihrem Ferienhaus bedroht
Eine «private Notsituation» löste im Tessin am Donnerstag einen Polizeieinsatz aus. Das Opfer war offenbar Alt-Bundesrätin Doris Leuthard.
Die Nachricht machte erst im Tessin die Runde und verbreitete sich am Freitag dann rasend schnell im ganzen Land: Doris Leuthard, CVP-Bundesrätin von 2006 bis 2018, soll in ihrem Ferienhaus hoch über dem Lago Maggiore von einem Mann bedroht worden sein. Gemäss dem Newsportal Tio.ch verwendete der Täter dabei einen «spitzen Gegenstand», möglicherweise ein Messer. Leuthard habe um Hilfe gerufen und damit einen Polizeieinsatz ausgelöst. Der Täter sei festgenommen und anschliessend in die psychiatrische Klinik Mendrisio verbracht worden. Er sei in verwirrtem Zustand gewesen, als die Polizei ihn angetroffen habe.
Die Behörden geben sich offiziell zugeknöpft. «Wir können nur bestätigen, dass am 14. Juli aufgrund einer kurz vor 10.30 Uhr eingegangenen Meldung über eine private Notsituation ein Einsatz der Kantonspolizei in einem Haus in Vairano erforderlich war», teilt Giovanni Mariconda, Sprecher der Tessiner Staatsanwaltschaft, auf Anfrage mit. «Der Einsatz endete kurz nach 12 Uhr mittags. Die Ermittlungen sind im Gange, und es werden keine weiteren Informationen veröffentlicht», so Mariconda weiter.
Dass Leuthard das Opfer war, wird von ihm nicht explizit bestätigt – allerdings auch nicht dementiert. Zur Person des Täters und zu den Hintergründen der Tat kursierten am Freitag Gerüchte in den Tessiner Medien. Polizei und Staatsanwaltschaft machten hierzu keine Angaben. Leuthard selber reagierte nicht auf Kontaktversuche dieser Redaktion.
Seit langem bekannt ist, dass Leuthard ein Ferienhaus in Vairano besitzt. Sie erwarb es vor einem guten Jahrzehnt, während ihrer Amtszeit als Bundesrätin. Tio.ch und andere Tessiner Nachrichtenportale berufen sich in ihren Angaben über den Vorfall auf Personen aus Leuthards Nachbarschaft in Vairano sowie auf ungenannte Quellen. Ihren Hauptwohnsitz hat die 59-jährige Politikerin in Merenschwand AG.
Personenschutz nur im Ausnahmefall
Dass Bundesrätinnen und Bundesräte Opfer von Gewalttaten werden, kommt sehr selten vor – oder wird jedenfalls selten bekannt. Das gilt auch für die Ehemaligen, die im Unterschied zu den Amtierenden normalerweise keinen Personenschutz geniessen. Gemäss Auskunft des Bundesamts für Polizei (Fedpol) werden die Magistratinnen und Magistraten nach ihrem Rücktritt noch ein Jahr lang geschützt. Danach sind sie für das Fedpol grundsätzlich keine «Schutzpersonen» mehr. Sie können es freilich wieder werden, wenn es aufgrund ihrer früheren Amtstätigkeit zu Bedrohungen kommen sollte.
Von Doris Leuthard ist bisher nicht bekannt, dass sie solche Schutzmassnahmen beansprucht hätte. Auch deuten die bisherigen Nachrichten nicht darauf hin, dass der Vorfall vom Donnerstag in Zusammenhang mit Leuthards vormaliger Amtstätigkeit steht. Seit ihrem Rücktritt als Bundesrätin hat die Aargauerin am gesellschaftlichen Leben regen Anteil genommen und sich auch mehrere Wirtschaftsmandate übertragen lassen. So sitzt sie insbesondere in den Verwaltungsräten von Coop und Stadler Rail.
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