Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Lohnpanne in Zürich
«Geld zurückgeben löst eine Art physischen Schmerz aus»

Wie reagieren wir auf einen unverhofften Geldsegen?
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Angestellten der Stadt Zürich hatten plötzlich den doppelten Lohn auf dem Konto. Wie reagieren sie auf diese Neuigkeit?

Die erste Reaktion ist, natürlich, automatisch positiv: Man ist zunächst erstaunt, dass der Kontostand eine so schöne Zahl anzeigt. Wie konnte das geschehen? Man beginnt zu hinterfragen, aber auch zu rechtfertigen. Ist das Geld eine Art Bonus für unsere geleistete Arbeit?

Wir freuen uns, obwohl wir ahnen, dass es sich um einen Fehler handelt?

Ja, der Körper reagiert mit einer Art Endorphindusche, ein Fluten des Gehirns mit positiven Gefühlen.

Verhaltenspsychologe Kurt Ackermann.

Die Stadt bittet die Leute, das Geld nicht anzurühren und nach einer Aufforderung der ZKB wieder zurückzuzahlen. Wie ärgerlich ist diese Rückgabe nun?

Es ist schmerzhaft. Und das hat psychologisch mit einer Abneigung gegenüber Verlusten zu tun. Ab dem Moment, wenn man den neuen Kontostand sieht, setzt ein neuer Status quo ein.

Wir glauben entgegen den Fakten, wir seien die rechtmässigen Besitzer?

Der Status quo, so nennen wir das in der Verhaltensökonomie, ist der neue Referenzpunkt. Man vergleicht von nun an nicht mehr mit dem Betrag, wie er eigentlich sein sollte, sondern mit dem, der tatsächlich vorhanden ist. Eine Rückgabe erlebt man als Verlust. Die Forschung zeigt, dass im Gehirn ähnliche Reaktionen ablaufen, wenn man Geld verliert, wie wenn man physischen Schmerz erleidet.

Kann man davon ausgehen, dass viele diesen Schmerz vermeiden wollen und das Geld deshalb einfach behalten?

Ich glaube, dass das meiste wieder zurückkommt. Dies nicht nur, weil es rechtlich bindend ist. In der Schweiz werden die meisten Leute auch verstehen, dass ein einfacher Fehler zu diesem neuen Kontostand führte. Es tut weh, aber man kann damit leben. Man kann zudem davon ausgehen, dass man bestraft wird, wenn man sich weigern würde, das Geld zurückzuzahlen.

Bei 30’000 Personen gibt es zumindest eine Wahrscheinlichkeit, dass einige nicht zahlen werden. Welche Personen sind anfällig, sich zu verweigern?

Wie eine Person handelt, ist immer von der Situation und von den Persönlichkeitsmerkmalen abhängig. Ein Beispiel: Bei einer impulsiven Person, die sehr im Moment lebt und die gleichzeitig Schulden hat, kann es natürlich schon sein, dass sie alles versucht, das Geld zu behalten. Aber, wie gesagt, das dürften Einzelfälle sein.

Was erstaunt: Unsere Gehirne nehmen Gewinn automatisch als Verdienst wahr?

Wir gelangen über Umwege zu dem Gedanken, dass das Geld mir gehört. Dies, weil wir eine positive Überraschung lieber nicht rückgängig machen wollen. Es entsteht eine kognitive Dissonanz zwischen Denken und Handeln. Auflösen können wir sie zum Beispiel, indem wir uns einreden, wir hätten diesen Betrag verdient. Sehr reiche Leute zum Beispiel rechtfertigen ihren immensen Reichtum gerne ausschliesslich durch ihre Leistung. Das ist bequem und stützt gleichzeitig den Selbstwert.