Skurrile Dopingfälle im EishockeyGras in Davos – und zwei Diabetiker geraten unfreiwillig ins Kreuzfeuer
Nun ist klar: Miro Aaltonen hat Kokain konsumiert. Auch wenn im Eishockey Doping weniger verbreitet ist – der Finne kann sich zu einer illustren Runde zählen.
![Eishockeyspieler der EHC Kloten mit gelbem Helm und Trikot. Aufnahme vom Spiel zwischen Lausanne HC und EHC Kloten in der National League.](https://cdn.unitycms.io/images/7mLy2ttAKD4AJ0mLKwbiG6.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=bNhv7pKHRns)
- Miro Aaltonen wird wegen Kokainkonsums nur für einen Monat gesperrt.
- Bisher sorgte im Schweizer Eishockey vorab Cannabiskonsum für Aufsehen.
- Bezüglich Cannabis fielen Spieler des HC Davos gleich mehrfach auf.
- Skurril ist die Sperre gegen die Diabetiker Cory Conacher und Aleksi Peltonen.
Vermutet wurde es längst. Nun ist klar: Miro Aaltonen wurde am 18. Dezember positiv auf Kokain getestet. Aber der Finne kommt mit einem blauen Auge davon, weil er die Substanz ausserhalb des Wettkampfs und nicht zur Leistungssteigerung konsumierte. Und weil er sich bereits reuig zeigte, mit Swiss Sport Integrity ohne Umschweife kooperierte und ein Rehabilitationsprogramm auf eigene Kosten absolviert. Nach nur einem Monat Sperre darf Aaltonen ab dem 17. Februar also bereits wieder spielen.
Dopingfälle sind im Schweizer Eishockey selten. Umso mehr sorgt es für Aufsehen, wenn doch einmal ein Spieler in der Probe hängen bleibt – wie der Blick zurück zeigt.
Ein Joint in der Olympia-Pause und ein Päckli mit «Gschmäckli»
![Ein Eishockeyspieler im blauen Trikot des HC Davos mit der Nummer 78 während eines Spiels, umgeben von Sponsorenlogos.](https://cdn.unitycms.io/images/77ze_rFpKch8GTBhVNZPxn.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=FoholLLL2iQ)
Der HC Davos ist mit vier Meistertiteln das Mass aller Dinge in den 2000er-Jahren. Doch auf einen Schlag gerät all das im Juni 2006 in den Hintergrund. «Ja, ich habe gekifft!», titelt der «Blick» in grossen Lettern. Die Aussage stammt von Jan von Arx und sorgt für reichlich Aufruhr.
Während der Olympia-Pause im Februar gönnte sich der HCD-Verteidiger an einer Party einen Joint. Nach dem Spiel gegen Rapperswil am 3. März blieb er dann prompt in der Dopingprobe hängen. Der Emmentaler war fälschlicherweise davon ausgegangen, dass das im Cannabis enthaltene THC nach einer Woche nicht mehr nachgewiesen werden kann. Doch THC lagert sich im Fettgewebe ab und kann durch einen heftigen Aufprall wieder freigesetzt werden – was in Form eines Checks von Rapperswils Christian Berglund geschah. Im «Blick» gibt von Arx zu: «Es kam vor, dass ich ab und zu einen Joint rauchte. Aber nicht regelmässig und schon gar nicht während des Spielbetriebs.»
Als erster Cannabiskonsument im Schweizer Profi-Eishockey überführt, wird von Arx für sechs Monate gesperrt. Damit verpasst er 17 von 44 Qualifikationsspielen. Hinzu kommen ein Lohnabzug vonseiten des HCD und die 767 Franken an Verfahrenskosten, die Swiss Olympic dem Spieler auferlegt.
Doch das ist nicht der einzige Aufreger in jenem Jahr. Denn da ist auch noch das ganz besondere Päckli, das Peter Guggisberg – ein Emmentaler in Davoser Diensten – seinem ehemaligen Teamkollegen Fabian Sutter zukommen lassen will. Nur wird die aufmerksame Postangestellte in Langnau misstrauisch, als ihr der strenge Duft in die Nase steigt, weshalb sie das Paket der Polizei übergibt. Diese findet 40 Gramm Marihuana – genug, um rund 80 Joints zu drehen.
Guggisberg, damals einer der talentiertesten Schweizer Stürmer, wird vom Langnauer Amtsgericht wegen Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz zu fünf Tagen Gefängnis bedingt auf fünf Jahre sowie einer Busse von 3500 Franken verurteilt und er muss die Verfahrenskosten von 1200 Franken tragen. Sein Copain Sutter kommt ungeschoren davon, er ist allerdings bereits früher wegen Kiffens zu einer Busse von 100 Franken verdonnert worden.
Kiffen im Final – wieder sorgt ein Davoser für Aufsehen
![Die Davoser Eishockeyspieler Marc und Dino Wieser feiern mit einem Pokal in der Umkleidekabine.](https://cdn.unitycms.io/images/C6EH39V4quUBSzf0brRERT.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=xWil3Wbi58k)
Drei Jahre später gibt es wieder Rauchzeichen aus dem Bündnerland. Nach dem vierten Playoff-Finalspiel gegen Kloten (0:4) muss Dino Wieser zur Dopingprobe antreten. Dumm nur, dass er drei Tage zuvor nach dem Sieg in Spiel 3 an einer «Guga» gezogen hat. Als Wieser vom Kontrolleur zur Seite genommen wird, weiss Trainer Arno Del Curto bereits Bescheid. Er habe an dessen Gesichtsausdruck bemerkt, dass etwas nicht stimme, und ihn zur Rede gestellt, hält er gegenüber «20 Minuten» fest. Brisant: Der Stürmer erzielt im siebten Spiel das Führungstor, Davos gewinnt 2:1 und wird Meister.
Doch auf die Feier folgt der Kater: Im Juli wird der Stürmer rückwirkend auf den 9. Mai für fünf Monate gesperrt. Er verpasst somit neben der gesamten Vorbereitung auch die ersten elf Spiele der neuen Saison. Der Club bestraft ihn mit einem Lohnabzug, was allerdings Trainer Del Curto zu wenig weit geht: Er will, dass Wieser darüber hinaus 50 Stunden Sozialdienst leisten muss. Und weil der Trainer endgültig genug von der Kifferei hat, kündigt er teamintern unangemeldete Kontrollen an: «Wer von nun an erwischt wird, muss 20’000 Franken zahlen.»
Antidoping Schweiz hat in jenen Jahren alle Hände voll zu tun mit kiffenden Amateur- und Profisportlern. Rund die Hälfte aller Proben entfallen auf sie. Es scheiden sich deshalb die Geister, ob das nicht leistungssteigernde Cannabis überhaupt auf eine Dopingliste gehören soll.
Die milde Busse von Swiss Olympic (100 Franken) an Wieser und der Beginn der Sperre in der spielfreien Zeit sind jedenfalls als Zeichen zu werten. Nur ist der Konsum von Cannabinoiden im Wettkampf nach wie vor verboten. Konkret: Der Nachweis der Substanz oder ihrer Abbauprodukte im Zeitraum ab 23.59 Uhr am Tag vor und bis zum Ende eines Wettkampfes und der Probenahme in Verbindung mit diesem Wettkampf wird geahndet.
Wie aus Diabetikern Doper wurden
![Eishockeyspieler Cory Conacher vom SC Bern im gelben Trikot während eines Spiels gegen die SCL Tigers in Langnau.](https://cdn.unitycms.io/images/DH0XUlra4Ql9Jm3YcKVwkI.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=L4-96cWsF9w)
Der Titel der Mitteilung tönt dramatisch: «Eishockey-Profi für drei Monate gesperrt», vermeldet Antidoping Schweiz im August 2021. Erwischt hat es Berns Cory Conacher. Doch die Sache hat einen Haken: Conacher hat an sich nichts Verbotenes getan. Weil er an Diabetes leidet, ist er auf Insulin angewiesen – nur steht das auf der Dopingliste. Der Spieler, Lausanne und der SCB, zu dem Conacher während der Saison 2020/21 wechselte, haben es jedoch verpasst, eine Ausnahmebewilligung zu therapeutischen Zwecken (ATZ) einzuholen.
Neben der dreimonatigen Sperre muss Conacher eine Busse von 2500 Franken wegen Verstössen gegen Anti-Doping-Bestimmungen bezahlen. Allerdings wird der Zeitpunkt der Sperre (5. Mai bis 5. August) so gesetzt, dass sie ihn kaum tangiert.
Selbiges lässt sich bei Aleksi Peltonen – wie Conacher ist auch er Diabetiker – nicht behaupten. Der Finne wird unmittelbar nach dem Start in die Saison 2023/24 mit Davos wegen des gleichen Vergehens aus dem Verkehr gezogen. Peltonen verpasst fast einen Monat, ehe Swiss Sport Integrity nach einem langen und komplizierten Verfahren in Absprache mit der World Anti-Doping Agency die Erteilung der nachträglich eingereichten ATZ bewilligt und die Sperre wieder aufhebt.
Neun Monate Sperre – und dennoch etwas Milde
![Eishockeyspieler von EHC Kloten in Aktion während eines Spiels gegen EVZ Academy in der Swiss League, Dezember 2020.](https://cdn.unitycms.io/images/AamzPybYqS0AMEAWoKYVZY.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=baSR4-mqbDs)
Im vorletzten Doping-Fall im Schweizer Eishockey ist wie jetzt mit Aaltonen ein Spieler des EHC Kloten betroffen. Jeffrey Füglister wird im September 2021 für neun Monate gesperrt, nachdem er im April nach einem Spiel in der Swiss League positiv auf Methylphenidat getestet worden ist. Der Wirkstoff ist in Ritalin enthalten, das unter anderem ADHS-Patienten zur Konzentrationsförderung einnehmen. Füglister setzte im Hinblick auf eine Abschlussprüfung als Versicherungsfachmann auf das Medikament. Im Wettkampf ist Ritalin jedoch nicht erlaubt – und der Kloten-Stürmer verfügt weder über eine Ausnahmebewilligung zu therapeutischen Zwecken noch kann er die Einnahme mit einer medizinischen Dokumentation begründen.
Weil Füglister die Substanz aber nicht zur Leistungssteigerung anwendete und mit den Anti-Doping-Behörden kooperiert, kommt er mit einem blauen Auge davon. Die neunmonatige Sperre beginnt bereits rückwirkend mit dem Zeitpunkt der Probenahme am 18. April. So kann der Stürmer im Januar 2022 bereits wieder für Kloten auflaufen und ein paar Monate später mit dem Club den Aufstieg feiern. Zusätzlich zur Sperre muss er rund 2000 Franken für Kontroll-, Analyse- und Verfahrenskosten sowie eine Parteientschädigung bezahlen.
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