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Tierisches Hilfsmittel
Dieser Wurm beschäftigt sogar die Dopingjäger

Den Wattwurm sieht man bei Ebbe im Sand.
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Vielleicht waren Sie schon einmal am Wattenmeer. In dieser beliebten Region an der Nordseeküste, die sich über die drei Länder Niederlande, Deutschland und Dänemark erstreckt. Zweimal am Tag steigt und sinkt das Wasser dort durch Ebbe und Flut. Spazieren Sie bei Ebbe am Strand entlang, sehen Sie ganz viele Kothaufen. Diese stammen vom Wattwurm, der dort in 20 bis 30 Zentimetern Tiefe lebt.

Dieses kleine Tier ist für die meisten Menschen kaum anmächelig. Aber interessant für die Medizin. Und allenfalls für Sportler, die ihre Leistung verbessern möchten.

Der französische Meeresbiologe Franck Zal erforscht die Eigenschaften dieses Sauerstoffträgers seit den 1990er-Jahren. Er fand heraus, dass die kleinen Würmer bei Ebbe aufhören zu atmen und die Luft für mehrere Stunden anhalten. Das Hämoglobin des Wattwurms kann rund 40-mal mehr Sauerstoff transportieren als jenes der Menschen. Und es ist 250-mal kleiner, weshalb es auch den Hämatokritwert nicht erhöht, der angibt, wie viele rote Blutkörperchen im Blut sind.

Radprofi erkundigte sich bei Meeresbiologe

Auf dem medizinischen Markt gibt es Produkte mit dem Wurm-Hämoglobin, die vielseitig einsetzbar sind. Sie werden intravenös verabreicht, und die Nachweisbarkeit im Körper ist kurz. Die Rede ist von vier bis acht Stunden. Deshalb sind sie auch für potenzielle Dopinganwendungen interessant. Damit ist zwar nur eine kurze leistungssteigernde Wirkung durch den verbesserten Sauerstofftransport möglich, aber die Handhabung ist praktisch: Die Produkte müssen nicht gekühlt werden, können also bei Raumtemperatur gelagert und damit auch gut transportiert werden.

Bereits vor rund vier Jahren wurde ein Radprofi auf das Hämoglobin des Wattwurms aufmerksam. Er kontaktierte Zal, wie dieser Ende 2023 der «L’Équipe» verriet. «Sein Team fuhr an der Tour de France mit, weshalb er das Produkt haben wollte», sagte der Meeresbiologe der französischen Sportzeitung. Er nahm Kontakt auf mit der Polizei, die ihn aufforderte, den Fahrer zum Reden zu bringen, um ein allfälliges Netzwerk auffliegen zu lassen. Zal brach den Kontakt zur Polizei kurze Zeit später ab, weil das nicht seine Aufgabe sei.

Weiter gab der Meeresbiologe bekannt, dass er auch bei der «Operation Aderlass» mit der Polizei zusammengearbeitet hatte. 2019 flog ein Dopingnetzwerk um den Thüringer Sportarzt Mark Schmidt auf, nachdem bei den Nordischen Skiweltmeisterschaften im Tiroler Seefeld eine gross angelegte Dopingkontrolle stattgefunden hatte.

Das Wattwurm-Hämoglobin ist auch bei der Welt-Antidoping-Agentur Wada präsent. Sie testet Blutproben darauf. Allerdings hat man bis jetzt keine Fälle von Doping entdeckt. Auch die Proben von der «Operation Aderlass» wurden untersucht – ohne positives Ergebnis. Das muss aber nicht heissen, dass es nie positive Fälle mit Wattwurm-Hämoglobin geben wird. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, sind Dopingsünder den Kontrollmechanismen oft einen Schritt voraus.