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Briefwahl in den US-Wahlen 2020
Donald Trump, der Wahlsaboteur in Chief

Kämpft mit allen Mitteln um seine Wiederwahl im November: Donald Trump an einer Pressekonferenz am 13. August 2020.
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Früher, in den guten alten Zeiten, da hätten Saboteure einfach ein Briefzentrum in die Luft gejagt, um die Post zu treffen. Oder die Reifen von Postautos zerstochen. So was in der Art jedenfalls. Aber das waren auch noch Zeiten, als die Saboteure nicht unbedingt an der Spitze der für die Post zuständigen Regierung standen. So wie jetzt in den USA.

US-Präsident Donald Trump versucht nicht einmal mehr, seine Sabotage am staatlichen Postunternehmen United States Postal Service (USPS) zu verheimlichen. Er offenbarte seine Absichten am Donnerstagmorgen frank und frei seinem Lieblingssender Fox News.

Dort begründete er, warum er ein überparteiliches Corona-Hilfspaket des Kongresses für den USPS im Umfang von 25 Milliarden Dollar blockiert. Plus 3,6 Milliarden Dollar, die allein dafür gedacht sind, den erwarteten Ansturm auf Briefwahlunterlagen zur Präsidentschaftswahl am 3. November zu bewältigen.

«Jetzt brauchen sie dieses Geld, damit die Post funktioniert, damit sie Millionen und Abermillionen von Briefwahlunterlagen verarbeiten kann. Aber wenn sie das Geld nicht bekommen, dann bedeutet dies, dass es keine universelle Briefwahl geben kann.» Es wäre ein Traum – für Trump. Seit Monaten wettert er, dass Briefwahl automatisch Wahlbetrug in ungeheurem Ausmass bedeute.

Belegen lässt sich das nicht. Briefwahl ist auch in den USA eine der sichersten Wahlmethoden. In Oregon etwa, wo es fast nur Briefwahl gibt, gab es nach Zahlen des Brennan Center for Justice unter den über 100 Millionen Stimmen, die seit dem Jahr 2000 abgegeben wurden, nur etwa ein Dutzend Betrugsfälle.

Trump warnt vor Konsequenzen

Dennoch empfiehlt Trump seinen Republikanern, sie sollen «sehr hart kämpfen», wenn es darum gehe, landesweit Briefwahl zu verhindern. Briefwahl berge ein «enormes Potenzial für Wahlbetrug und aus irgendeinem Grund funktioniert das nicht gut für Republikaner», sagte er im April. Wenn alle ihre Stimme per Briefwahl abgäben, dann könne es sein, dass «in diesem Land nie wieder ein Republikaner gewählt wird».

Für die demokratischen Prozesse in den USA aber wäre es wohl ein Albtraum, sollte der USPS nicht in der Lage sein, die Unmengen von Briefwahlunterlagen zuzustellen, die zur Wahl erwartet werden.

Im November werden sich die USA wie auch der Rest der Welt noch im Klammergriff der Corona-Pandemie befinden. Es ist inzwischen eine Binse, dass der sicherste Weg, eine Wahl durchzuführen, die Briefwahl ist. Zumal fast überall im Land die meist älteren freiwilligen Wahlhelfer fehlen, die in Corona-freien Zeiten in den Wahllokalen dem Wahlvolk bei der Stimmabgabe assistieren.

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Ob die US-Wahl 2020 reibungslos funktioniert, hängt ganz besonders von einer funktionierenden Post ab. Der USPS ist mit mehr als 630’000 Mitarbeitern der drittgrösste zivile Arbeitgeber in den USA und der wohl grösste Postdienstleister der Welt. Fast 50 Prozent der weltweiten Post werden über den USPS abgewickelt.

Er gilt allerdings auch als chronisch unterfinanziert. Der USPS schiebt einen Schuldenberg von bald 150 Milliarden Dollar vor sich her. Das Doppelte der jährlichen Einnahmen. Direkte Zuschüsse vom Staat bekommt das Unternehmen nicht, sondern nur immer neue Kredite.

Ungedeckte Verbindlichkeiten und Schulden des USPS in Prozent der USPS-Einnahmen, Geschäftsjahre 2007 bis 2018.

Die einen wollen das Unternehmen deshalb endlich privatisieren. Die anderen sehen im USPS einen wichtigen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Anders als private Postunternehmen bringt er Briefe und Pakete in wirklich jeden noch so einsamen Winkel der USA.

Dazu kommen eine Reihe von Sonderaufgaben. Wer etwa einen Reisepass beantragen will, der muss das in einer Postfiliale tun. Schlicht, weil keine andere Bundesbehörde in praktisch jedem Dorf eine Vertretung hat.

Von Trump kann der USPS keine Hilfe erwarten

Die Pandemie hat alles noch schlimmer gemacht. Der USPS selbst geht davon aus, dass ihm unter den gegebenen Umständen spätestens im Mai 2021 die Zahlungsunfähigkeit droht.

Von Trump ist keine Hilfe zu erwarten. Der US-Präsident attackiert den USPS seit Jahren schon. Das hatte bisher aber eher etwas mit dem Kleinkrieg zu tun, den er sich mit Amazon-Chef Jeff Bezos liefert. Bezos gehört auch die äusserst Trump-kritische «Washington Post». Trump scheint über die Berichterstattung derart verärgert zu sein, dass er vom USPS verlangt, die Preise für den Transport von Amazon-Paketen zu vervierfachen. Was der USPS schon rechtlich nicht einfach machen dürfte. Im April nannte er den USPS «einen Witz», weil der sich von Amazon angeblich die Preise diktieren lasse.

Jetzt hat er noch einen anderen Grund erkannt, gegen den USPS vorzugehen. Ein schwacher USPS könnte ihm helfen, die Wahl zu gewinnen. Trump glaubt zum einen, dass Briefwahl für ihn und die Republikaner existenzgefährdend sei. Also schädigt er die Organisation, ohne die es eine Briefwahl nicht geben kann: die Post. Zum anderen baut er vor für den Fall einer knappen Wahlniederlage. Kommt es zu dem von ihm erhofften Wahlchaos, kann er die ganze Wahl seinen Anhängern als von den Demokraten manipuliert verkaufen. (Lesen Sie hier, wieso Trump die Wahlen verschieben will.)

Rosemary King (rechts) hält ein Schild in der Hand, während sich einige Dutzend Menschen vor dem Postamt der Vereinigten Staaten versammeln, um gegen die jüngsten Änderungen des USPS unter dem neuen Postminister Louis DeJoy zu protestieren, am Dienstag, 11. August 2020 in Midland, Michigan.

Sein wichtigster Erfüllungsgehilfe in diesem Unterfangen ist Louis DeJoy, ein loyaler Spender, der bisher über 1,2 Millionen Dollar an Trumps Wahlkampagnen 2016 und 2020 gegeben haben soll. Und Millionen weitere Dollar an die Republikaner und deren Kandidaten. Seit Ende Juni ist DeJoy Chef des USPS.

Die ersten Amtshandlungen von DeJoy: Einstellungsstopp. Und Überstunden werden nicht mehr bezahlt. Was an einem Tag nicht ausgeliefert wird, soll eben am nächsten oder übernächsten Tag zugestellt werden. Die Entscheidung hatte umgehend Konsequenzen. Im ganzen Land mehrten sich die Beschwerde über verspätete Post.

In einem nächsten Schritt hat DeJoy am 7. August in einem sogenannten «Freitagnacht-Massaker» 23 Direktorenposten neu besetzt. Offenbar mit dem Ziel, die Macht im USPS auf seine eigene Person zu konzentrieren. Beobachter sehen darin einen weiteren Versuch, die Post für die anstehenden Wochen bis zur Präsidentschaftswahl zu schwächen. Neue Chefs bedeuten Unsicherheit und für eine gewisse Zeit auch Chaos.

Etwas, was sich der USPS in den kommen Wochen eigentlich kaum leisten kann.

Mehr Leute werden per Brief wählen

In der Wahl 2016 haben bereits ein Viertel der Wählerinnen und Wähler ihre Stimme per Post abgegeben. Etwa 33,6 Millionen Menschen. Diesmal dürfte die Zahl um einiges höher liegen. Das zeigen gerade abgeschlossene Vorwahlen: In Kentucky etwa, wo im Juni gewählt wurde, sind 85 Prozent aller Stimmen per Brief eingegangen. In Michigan wurden Anfang August 1,6 Millionen der 2,5 Millionen Stimmen per Post abgegeben. Dreimal mehr als 2016. Michigan gehört zu den Bundesstaaten, die wieder hart umkämpft sein werden.

In Vermont haben am 1. August fast 160’000 Menschen ihre Stimmen abgegeben. Über 100’000 davon per Briefwahl, zehnmal mehr als 2016. Ähnliche Zuwächse werden auch für die Präsidentschaftswahl am 3. November erwartet.

Viele Demokraten befürchten, dass DeJoy noch weitergehen könnte und neue Richtlinien im Umgang mit Wahlunterlagen herausgibt. Bisher ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass der staatliche USPS Wahlunterlagen eine Vorzugsbehandlung gibt.

Die Kombination zu vieler Briefwahlumschläge und einer überforderten Post könnte verheerende Folgen für die Wahl im November haben: Postbote in den USA.

Sie müssen nur mit 20 Cent statt der üblichen 55 Cent frankiert werden, werden aber dennoch wie Expresspost behandelt. Damit dauert es statt bis zu zehn nur bis zu fünf Tage, bis die Post beim Empfänger ankommt. Es gibt Hinweise, dass DeJoy diese Sonderbehandlung noch vor der Wahl beenden will. Die Demokraten im Kongress haben ihn in einem Brief eindringlich vor so einem Schritt gewarnt.

Wie es aussehen kann, wenn zu viele Briefwahlumschläge auf eine überforderte Post treffen, hat gerade New York gezeigt. Die Vorwahlen dort sind zu einem Warnsignal für die Präsidentschaftswahl am 3. November geworden. Gewählt wurde am 23. Juni. Aber erst am 6. August hat die Wahlkommission des Bundesstaates ein halbwegs verlässliches Endergebnis für die Dutzenden von Einzelwahlen präsentieren können. Zehnmal mehr Menschen als üblich hatten Briefwahl beantragt.

Allein in New York City sind 400’000 Briefwahlzettel aufgelaufen. Das hat für erhebliche Verspätungen gesorgt. Fast 90’000 Stimmzettel wurden für ungültig erklärt. Viele davon, weil sie zu spät oder gar ohne Poststempel eintrafen.

Ein Desaster. Das Trump mit Genugtuung zur Kenntnis genommen hat. «Das war eine totale Katastrophe», sagte Trump vorvergangene Woche im Weissen Haus. «Ich denke, die Wahl sollte wiederholt werden, weil es so ein Chaos war.» Ein Chaos, an dem er wohl einen nicht unerheblichen Anteil hat.

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