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Demokraten im US-Wahlkampf
Harris rechnet bei ihrem ersten Auftritt mit Trump ab

«Alles, was uns wichtig ist, unsere Wirtschaft, unsere Gesundheit, unsere Kinder, die Art von Land, in dem wir leben, steht auf dem Spiel», sagte Kamala Harris bei ihrem ersten Auftritt.
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Es gibt natürlich spektakulärere Orte als die Turnhalle der Alexis I. DuPont High School in Wilmington, Delaware, um den USA und der Welt die womöglich künftige Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten zu präsentieren. Aber die Corona-Pandemie verlangt nun mal pragmatische Lösungen. Massenveranstaltungen sind gerade ohnehin nicht möglich. Und Biden wohnt um die Ecke – warum also nicht eine Turnhalle im Heimatort des Trump-Herausforderers?

Seine Leute haben einiges dafür getan, den schmucklosen Ort halbwegs präsidial herzurichten. Hinter dem Pult vor einer schwarzen Stoffwand fünf US-Flaggen, rechts und links davon die 55 Flaggen der 50 Bundesstaaten, der vier US-Aussengebiete und von Washington D.C.

Kurz bevor Biden und Harris von der Seite hereinkommen, kündigt eine Stimme die beiden in einer Tonlage an, als würde der Sprecher die Kontrahenten eines Schwergewichtsboxkampfs in den Ring rufen. Dabei geht es ja um den ersten gemeinsamen Auftritt des designierten demokratischen Präsidentschaftsbewerbers und seiner Running Mate, also seiner Kameradin im Kampf ums Weisse Haus. Unter Curtis Mayfields Hit «Move On Up» erscheinen die beiden dann, jeweils mit einer schwarzen Maske bekleidet. Das macht alles ein bisschen was her. Und muss auch erstmal reichen.

Joe Biden zusammen mit seiner Running Mate Kamala Harris. Beide tragen eine schwarze Maske.

Journalisten klatschen aus Prinzip nicht

Biden stellt sich hinter das Pult, entschuldigt sich für die Corona-bedingten Umstände, bedankt sich bei den anderen zehn Kandidatinnen, die er und sein Team ins Auge gefasst hatten für das Amt der Vizepräsidentin. Dann erklärt er: «Ich habe keinen Zweifel daran, dass ich die richtige Person als nächste Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika ausgewählt habe.» Gemeint ist natürlich Kamala Harris (lesen Sie hier, das Portrait zu Kamala Harris).

Das wäre jetzt ein Moment für grossen Applaus, für Gejohle, minutenlang. Aber in der Halle sind nur ein paar Journalisten und Mitarbeiter der Biden-Kampagne. Journalisten klatschen aus Prinzip nicht. Und die Mitarbeiter lieber auch nicht. Das klänge ja sehr dünn. Muss auch so gehen.

Sie solle ihn infrage stellen, wenn sie nicht seiner Meinung sei: Präsidentschaftsbewerber Joe Biden und seine Vizekandidatin Kamala Harris.

So trostlos das zu sein scheint, es ist ein historischer Moment: Harris ist die erste schwarze Frau und erste Person indischer Abstammung, die von einer der beiden grossen Partei für das Amt nominiert werden soll (lesen Sie hier, die Analyse zu Kamala Harris). Biden ist das bewusst. «Heute Morgen sind im ganzen Land kleine Mädchen aufgewacht, insbesondere kleine schwarze und braune Mädchen, die sich so oft übersehen und unterbewertet fühlen», sagte Biden. «Aber heute sehen sie sich vielleicht zum ersten Mal auf eine neue Art und Weise: dass auch sie das Zeug haben könnten, Präsidentin oder Vizepräsidentin zu werden.»

Biden und Harris hatten im vergangenen Jahr ihre Meinungsverschiedenheiten, als beide noch ins Oval Office wollten. Harris warf Biden in einer TV-Debatte vor, als frischer Senator Anfang der 70er Jahre mit Befürwortern der Rassentrennung gemeinsame Sache gemacht zu haben. Das traf Biden sehr. Ende 2019 aber musste Harris aufgegeben. Seitdem haben sie sich angenähert. Im März hat Harris Biden ihre Unterstützung zugesichert. Und jetzt steht sie da als seine Running Mate.

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Dass sich die beiden doch noch gefunden haben, hat womöglich auch mit Bidens 2015 an einem Hirntumor verstorbenen Sohn Beau zu tun. Er und Harris pflegten eine innige Freundschaft. Sie habe immer die Liebe bewundert, die zwischen Joe Biden und seinem ältesten Sohn zu spüren gewesen sei, sagt Harris. Biden sagt, er zähle Harris zum erweiterten Familienkreis. Sie sei eine Biden. «Ich weiss, wie sehr Beau Kamala und ihre Arbeit respektierte. Das war mir sehr wichtig, als ich diese Entscheidung traf.»

Biden will keine Ja-Sagerin an seiner Seite

Was er aber nicht wolle, sei eine Ja-Sagerin an seiner Seite. Er wolle es im Amt halten, wie Barack Obama es mit ihm hielt, als er dessen Vizepräsident war. Er habe Harris gebeten, «mir immer die Wahrheit zu sagen», sagt Biden. Sie solle ihn infrage stellen, wenn sie nicht seiner Meinung sei.

Harris wird vor ihrer ersten Rede als designierte Vizepräsidentschaftskandidatin eine Holzkiste hinter das Pult gestellt. Damit sie nicht so klein wirkt hinter den Mikrofonen. Mit ihrem Auftritt zeigt sie, dass sie offenbar weiss, was von ihr erwartet wird. Attacke. Dies sei ein Moment, der grosse Konsequenzen für das Land haben könne, sagt Harris. «Alles, was uns wichtig ist, unsere Wirtschaft, unsere Gesundheit, unsere Kinder, die Art von Land, in dem wir leben, steht auf dem Spiel.»

Dass es so schlimm stehe um das Land, liege allein in der Verantwortung von Trump. Der habe von Barack Obama und Joe Biden «den längsten wirtschaftlichen Aufschwung in der Geschichte der USA» geerbt. Aber wie alles, was Trump geerbt habe, habe er es in Grund und Boden gewirtschaftet. Dass Amerika von dieser Pandemie so hart getroffen werde, habe einzig damit zu tun, dass Trump die Lage «nicht von Beginn an ernst genommen hat».

Sie vergleicht die Coronakrise mit der Ebola-Pandemie von 2014. Damals seien unter der Präsidentschaft von Obama zwei Menschen in den USA an der Krankheit gestorben. «Das nennt man Führung», sagt Harris. In der jetzigen Pandemie sind bereits mehr als 165'000 mit dem Virus infizierte Menschen gestorben.

Social Distancing auch nach der Rede: Senatorin Kamala Harris und ihr Ehemann Douglas Emhoff, posieren neben dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden und seiner Frau Jill Biden.

Harris beendet ihre kurze Rede mit der wohl unvermeidlichen Floskel «Gott schütze Amerika». Wieder wäre das der Moment für grossen Applaus. Stattdessen kommt ihr Mann Douglas Emhoff dazu. Zu Biden gesellt sich dessen Frau Jill. Alle mit Maske. Und Abstand. Die beiden Paare winken sich zu. Harris und ihr Mann nehmen für ein Foto kurz die Masken herunter. «Move On Up», tönt die Stimme von Curtis Mayfield noch einmal aus den Lautsprechern. Also in etwa: Beweg dich immer weiter Richtung Ziel. Dort ist Kamala Harris noch nicht angekommen. Genauso wenig wie Joe Biden.

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