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Dörfchen protestiert gegen Massentourismus
Die Bewohner von Hallstatt sind mit ihren Nerven am Ende

Sehnsuchtsort für viele Touristen und Instagram-Influencerinnen: Hallstatt am Hallstätter See.
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«Very instagrammable» – Hunderttausende Beiträge zu Hallstatt gibt es inzwischen auf Instagram. Dank des digital-globalen Fotoalbums machte die kleine Gemeinde im Salzkammergut in Österreich in den letzten Jahren viel Reibach. Zu Tausenden kamen Touristen aus aller Welt, um das zu fotografieren, was sie bereits von Fotos kannten. Doch der Ansturm brachte auch das Problem des Massentourismus mit sich.

So kamen in Hallstatt beispielsweise 2018 auf einen Einheimischen gut 124 Feriengäste – Tagestouristen exklusive. Damit war in dem kleinen Dorf die Belastung pro Einwohner fast dreimal so stark wie in Dubrovnik (45,4) oder mehr als sechsmal so stark wie in Venedig (19,3), wie aus einer damaligen Aufstellung zur Tourismusintensität in europäischen Städten des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo hervorging.

Nicht mehr als ein Zwischenstopp 

Das pittoreske Dorf am Hallstätter See mit 734 Einwohnern (Stand 1. Januar 2023) gilt für asiatische und amerikanische Europa-Reisende als fixer Zwischenstopp, weil es genau auf der Route nach Venedig liegt. Allein in diesem Jahr wurde es bereits von über einer Million Tagesausflüglern überrannt. Die Belastungsgrenze der Bewohner sei längst überschritten, sagt Bürgermeister Alexander Scheutz von der SPÖ.

In Hallstatt führt der Ansturm nicht nur zu Geldeinnahmen, sondern zu unangenehmem «Overtourism».

Untätig blieb Hallstatt nicht: Seit 2020 gilt eine Neuordnung für Busreiseveranstalter. Diese müssen sich anmelden und vorab Slots für den Busterminal buchen. Veranstalter, die auch noch Geld im Ort ausgeben, zum Beispiel in einem Restaurant, im Salzbergwerk oder Museum, werden bei der Vergabe der Slots bevorzugt. Denn zu oft enervierten sich die Hallstätter über die Besucher, die nur für ein paar Fotos ins Dorf strömten und nicht einmal Geld für ein Essen im Ort gelassen hatten.

Bürgermeister ärgert sich über Kritik aus Wien

Dennoch gab es Kritik aus Wien. So warf Tourismus-Staatssekretärin Susanna Kraus-Winkler von der ÖVP der Gemeinde vor, die Lenkung der Touristenmassen verschlafen zu haben. «Hallstatt hätte die ruhige Coronavirus-Zeit nutzen sollen, sich ein Konzept gegen ‹Overtourism›, also den überbordenden Touristenansturm, zu überlegen. Jedes Thermenhotel und jedes Einkaufszentrum wisse mittlerweile, wie man das managt. Hallstatt dagegen habe seine Hausaufgaben nicht gemacht», sagte sie jüngst in einem Interview mit der «Kleinen Zeitung».

«Es kann nicht sein, dass uns eine Staatssekretärin Vorwürfe macht, anstatt dass sie uns unterstützt oder Hilfsmassnahmen anbietet», zeigte sich Bürgermeister Scheutz empört und verärgert in einem Interview mit Ö1. Denn dass das Problem mit dem Massentourismus in Hallstatt gross ist, hat eine Bürgerinitiative am Sonntag aufgezeigt, als sich die Gemeinderatsfraktion «Bürger für Hallstatt» zu einer Protestaktion entschloss.

Protest gegen Massentourismus: Die Hallstätterinnen und Hallstätter wehren sich nicht zum ersten Mal dagegen.

Mit Slogans wie «Denkt an unsere Kinder», «Jetzt eine Notbremsung. Oder wir werden überrollt» und «Wir müssen unseren Lebensraum schützen» auf Plakaten haben rund 100 Bewohnerinnen und Bewohner die Tunneleinfahrt zu ihrem Dorf für 15 Minuten blockiert. Dabei forderten sie eine Reduktion der PW, die tagtäglich in dem Ort haltmachen, ebenso wie eine Erhöhung der Parkgebühr sowie Ruhephasen in der Nebensaison und nachts.

Die Forderungen richten sich sowohl an Bürgermeister Scheutz, der ebenfalls anwesend war, als auch an das Land Oberösterreich, welches die Verantwortung für die Landesstrasse hat. Die Bürgerinitiative möchte die Hauptroute in den kleinen Ort selbst verantworten und verwalten. Vorstellbar sei auch hier ein Slot-System. Zudem wurde das Innenministerium aufgefordert, die Polizeiposten personell aufzustocken.

«Das wurde leider schon abgelehnt», sagte Friedrich Idam von der Bürgerliste gegenüber der Tageszeitung «Die Presse». Wie nachhaltig die Protestaktion vom Sonntag sein wird, weiss auch er nicht. Er habe eigentlich damit gerechnet, «verprügelt zu werden». Stattdessen seien die Demonstranten auf Verständnis und Wohlwollen gestossen. Auch der Nachrichtenagentur APA sind keine Zwischenfälle bekannt; lediglich ein Stau hatte sich an der Ortseinfahrt gebildet. Die Lenker sollen den Protest grösstenteils mit Fassung getragen haben.

nag