Direktorin des Louvre in ParisDie oberste Hüterin der «Mona Lisa» ist eine Alarmschlägerin
Laurence des Cars ist die erste Frau an der Spitze des grössten Museums der Welt. Seit Jahren warnt sie vor dessen Verfall – nun wird endlich renoviert.
Über sich selbst redet Laurence des Cars nicht so gern. Wenn sich Zeitungen und Magazine melden, weil sie grosse Porträts von der Präsidentin und Direktorin und Alarmschlägerin des Pariser Louvre schreiben wollen, am liebsten eine Homestory, dann verweist sie auf ihren «jardin secret», den geheimen Garten, wie die Franzosen sagen, wenn sie das Innerste und Privateste meinen, das genau das bleiben soll: privat eben. Ein paar Dinge aber liess sie sich über die Jahre entlocken, zum Beispiel, dass sie David Bowie mag, und die Filme von Stanley Kubrick. Mit 18 Jahren habe sie davon geträumt, Filmregisseurin zu werden, schreibt die Zeitung «Le Parisien».
Nun, es kam anders. Laurence de Pérusse des Cars, wie die Tochter aus adligem Geschlecht mit vollem Namen heisst, 58 Jahre alt, wurde stattdessen Kunsthistorikerin und Museumsmanagerin. Sorbonne, École du Louvre, dann die École nationale du patrimoine – ihr Studiengang liest sich wie die klassische Karriererampe für das Personal, das sich die Französische Republik für die Bewahrung und die Inszenierung ihrer Kunstschätze wünscht. Und so sollte die Tochter des Journalisten Jean des Cars, eines Experten für Königshäuser, und die Enkelin von Guy des Cars, einem seriellen Bestsellerautor, ihr Leben in den grossen Museen von Paris zubringen, mit steigender Bekanntheit.
«Das Museum ist eine Echokammer der Gesellschaft»
Als Emmanuel Macron sie vor drei Jahren an die Spitze des Louvre setzte, war sie da die erste Frau in der Geschichte – seit 1793. Schon im Musée d’Orsay, das sie davor geleitet hatte, war sie die erste Frau in der Rolle gewesen. Ihr Credo war es immer, die Jungen zu begeistern. «Das Museum ist eine Echokammer der Gesellschaft», sagt sie einmal. «Es reflektiert die Welt, die es umgibt. Der Louvre hat der Jugend viel zu sagen.»
Berühmt wurde die Spezialistin für die Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts vor allem mit Ausstellungen, die aktuelle Gesellschaftsthemen aufnahmen – etwa: «Le modèle noir, de Géricault à Matisse», 2019 im Musée d’Orsay. Sie handelte davon, wie schwarze Menschen in der Kunst abgebildet wurden. Dazu gab es ein Rahmenprogramm, Gesprächsrunden zu Rassismus und Sklaverei, Konzerte. Eine halbe Million Menschen besuchten die Ausstellung, in nur vier Monaten, sie war ein unverhofft grosser Publikumserfolg.
Überhaupt stiegen die Besucherzahlen überall da, wo Laurence des Cars arbeitete. Und das war auch nötig, als sie den Louvre übernahm: Die Pandemie hatte Löcher in die Kasse gerissen, der Tourismus war erlahmt. Ohne Touristen geht es nicht, mit zu vielen Touristen geht es allerdings auch nicht. Im vergangenen Jahr wurden im Louvre fast neun Millionen Besucher gezählt.
Das Haus leidet unter dem Andrang, es wird ihm auch nicht mehr Herr. Die Direktorin macht seit Beginn ihres Mandats auf den desolaten baulichen Zustand des Louvre aufmerksam, auf einen dringenden Bedarf nach einer Generalüberholung dieses kulturellen Leuchtturms der Republik. Und da sie zwar diskret ist, was ihren «jardin secret» angeht, aber stets sehr deutlich und sprachgewaltig im Beruflichen, lag schon bald eine Studie auf Macrons Tisch. Dann wurde es still.
Der «vertrauliche Brief» kam in die Zeitung
Vor ein paar Tagen hat sie nun einen «vertraulichen Brief» an das Kulturministerium nachgeschoben, der seinen Weg in die Presse fand – und die Welt. Es stand darin alles, was sie schon immer sagt: Es regnet rein, die Wände blättern ab, Leitungen sind leck. Die Mona Lisa? Braucht einen eigenen Saal. Die Glaspyramide? Muss entlastet werden, mit einem zweiten Museumseingang. Offenbar waren die ersten Warnrufe aber verhallt.
Und so war der Präsident jetzt genötigt, plötzlich schnell zu reagieren. Er beraumte einen Auftritt im Louvre an, trommelte alle zusammen und erzählte, mit den Augen der «Joconde» im Rücken, er arbeite schon lange an einer «neuen Renaissance» des Louvre. Die Mona Lisa? Wird verlegt und bekommt einen eigenen Saal. Die Pyramide? Wird mit einem zweiten Zugang entlastet. Bis 2031 soll alles fertig sein. Geht doch.
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