Fotografie-WettbewerbDiese prämierten Bilder zeigen die Welt
Im April werden in London an den World Photography Awards die wichtigsten Fotografen und ihre Werke ausgezeichnet. Wir stellen ein paar Hingucker aus der Shortlist vor.
Blick in den Krieg
Häuser haben Fenster, damit die Menschen drinnen etwas von draussen mitbekommen. Doch nie würde man sich der Realität vor der Tür lieber verschliessen als im Krieg – und nie ist der Blick aus dem Fenster gefährlicher. Der texanische Fotograf Miguel Gutierrez hat in den ersten Kriegsmonaten in der Ukraine sein Augenmerk auf die Welt vor der Tür gerichtet und durch Fenster geblickt, von denen nur noch Reste übrig sind: Glassplitter, Holzbalken, die Spuren der Bomben. Was einst Schlaf- und Wohnzimmer waren, sind heute Orte des Zerfalls; die Fenster dienen nur noch als Rahmen für ein Bild der Zerstörung. Die Serie von Gutierrez ist nominiert in der Kategorie Architektur und Design.
Klimaveränderung sichtbar machen
Was ist später? Was ist in 20, 50, 80 Jahren? Und: Wie kann Fotografie überhaupt die Zukunft abbilden? Diesen Fragen stellten sich die italienischen Fotografen Edoardo Delille und Giulia Piermartiri. In Moçambique, einem der klimatisch verwundbarsten Länder der Erde, arrangierten sie Bilder, die zeigen, wie sich die Landschaft bereits in ein paar Jahrzehnten verändert haben könnte. Mit einem speziellen Projektor skizzierten sie eine mögliche Zukunft auf die Landschaften der Gegenwart. Nominiert sind Delille und Piermartiri mit ihrer Arbeit in der Kreativ-Kategorie.
Linien ziehen im Geröll
Der Fläche ein Gesicht geben, eine Linie in den Berg zeichnen, frei von Vorgespurtem, «Freeride» eben: Was wir aus dem Schnee kennen, machen die Mountainbiker in den Talkeetna Mountains in Alaska auch im Sommer. Der kanadische Fotograf Anthony Smith hat sie begleitet – entstanden sind spektakuläre Bilder in einer kargen, riesigen, unwirtlichen Landschaft. Smith ist selber Mountainbiker, reist mit den Profis um die Welt. Vor seiner Linse hat er die Top-Exponenten der Szene, etwa die Schweizerin Sina Frei.
Essen in seiner ursprünglichsten Form
Der amerikanische Naturfotograf George Steinmetz ist bekannt für seine Luftaufnahmen, die er lange vor der Zeit der Drohnen jeweils am Gleitschirm hängend machte. Für die Bilderserie «Foodscapes» über die Nahrungsmittelknappheit ist Steinmetz wieder in die Luft – diesmal mit den Hilfsmitteln der modernen Technik. Mit 10 Milliarden Menschen auf der Erde bis etwa 2050 muss weltweit doppelt so viel Essen bereitgestellt werden wie zurzeit. Die Bilder von Steinmetz machen klar, wie gross diese Herausforderung in einer schon jetzt durch landwirtschaftlichen Anbau geprägten Landschaft ist, wie unsere Nahrungsmittelkette funktioniert, wie anfällig sie ist und wie viele Menschen von ihr abhängig sind.
Warten auf den grossen Moment
Auch Naturfotografen sind nur Menschen. 2010 musste Jim Brandenburg, Wildtierfotograf mit jahrelanger Erfahrung, seine zuvor erhaltene Auszeichnung als «Wildlife Photographer of the Year» zurückgeben, nachdem bekannt geworden war, dass sein Bild eines springenden Fuchses inszeniert gewesen war. Seither glaubt etwa auch der Schweizer Unterwasserfotograf Michel Roggo, der schon viele Tiere vor der Kamera hatte, dass in der Szene immer mal wieder ein Bild gestellt wird.
Der Schnappschuss von Zhu Zhu hat auf jeden Fall eine lange Vorgeschichte. Während drei Jahren war die Kanadierin in Ostafrika unterwegs, begleitete grosse Tierwanderungen mit der Kamera, wollte dabei insbesondere erfahren, welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Tiere in diesem Teil der Erde hat. Einen Effekt auf die Tierwelt habe auch Corona gehabt – sie sei durch deutlich weniger Tourismus gestört worden. Entsprechend habe Zhu Zhu etwa mehr Gnus gesehen. Offensichtlich auch solche, die ihre Wanderung nicht überlebten.
Bald ist nichts mehr im Fluss
Einst erstreckte sich der Colorado River über mehr als 2000 Kilometer, von den Rocky Mountains bis zum Golf von Kalifornien, durch den amerikanischen Westen. Der Fluss und seine Zulieferer haben ganze Landwirtschaften versorgt und den Durst immer wachsender Städte gestillt. Mit immer mehr Mitteln versucht man alles aus dem Fluss herauszuholen: Dämme, Kanalsysteme, richtige Wasserschlösser in der Wüste prägen das Bild entlang des Colorado River. Doch sein Pegel erholt sich nicht mehr richtig, und noch immer sind 44 Millionen Menschen von seinem Wasser abhängig. Dazu gehören auch die Cucupá, die «river people», ein indigener Stamm, der an der Stelle im kalifornischen Delta lebt, wo der Colorado River in den Ozean mündet. Der deutsche Fotograf Jonas Kakó hat sie besucht und erzählt mit seinen Bildern ihre Geschichte.
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