Ticker zu Corona-Lockerungen«Wir müssen uns auf eine dritte Welle einstellen», sagt Berset – und macht Hoffnung
Private Treffen mit 10 Leuten, offene Terrassen und Fitnesscenter: Der Bundesrat schlägt Lockerungen erstmals bei steigenden Infektionszahlen vor.
Das Wichtigste zu den Lockerungen
Der Bundesrat schlägt heute mögliche Öffnungsschritte ab 22. März vor. Der definitive Entscheid fällt am 19. März.
Die Lockerungen umfassen zahlreiche Bereiche – unter anderem Private Treffen, Veranstaltungen, Fitnesscenter. Details dazu: Ticker-Eintrag von 14.30 Uhr
Kein Vorschlag ist die Öffnung von Restaurants, Terrassen sollen hingegen geöffnet werden können. Hintergrund dazu: So gross ist das Risiko sich anzustecken
Über die Aufhebung der Home-Office-Pflicht hat der Bundesrat nicht diskutiert.
Der 22. März ist allerdings fraglich. Seit zwei Wochen steigen die Fallzahlen leicht an.
Nur eines der Öffnungskriterien ist derzeit erfüllt.
So reagieren die Parteien: Terrassen-Öffnung nur «Zückerchen für die Bevölkerung»
Weitere Entscheide in der Übersicht
Wer sich in der Schweiz gegen Corona testen lässt, tut dies ab dem 15. März gratis – mit oder ohne Symptome | Was Sie über die neue Teststrategie wissen müssen
Maturitäts- und Lehrabschlussprüfungen sollen regulär stattfinden. Für den Fall, dass die Lage dies nicht zulässt, hat der Bundesrat am Freitag vorsorglich die nötigen Ausnahmeregelungen erlassen | Details dazu: Ticker-Eintrag von 14.49 Uhr
Zum Corona-Dashbord mit den aktuellen Zahlen
Die Impfquoten in der Übersicht
Kauf einer Impf-Produktionsstrasse
Berset sagt, dass es zur Impfstrategie Diskussionen gegeben habe. Man habe schon früh mit Moderna Gespräche geführt. Zu Lonza sagt er Folgendes: Vor einem Jahr habe sich Lonza beim Bund gemeldet mit Informationen zur Produktion der Impfstoffe von Moderna in der Schweiz. Es sei nie die Rede vom Kauf einer eigenen Produktionsstrasse gewesen. Man sei im Kontakt mit Moderna und Lonza gewesen und habe verhandelt. Man habe Impfdosen reserviert und schliesslich gekauft.
Was der Hintergrund dieser Stellungnahme ist, lesen Sie hier: Ärger über die abgelehnte Impfherstellung des Bundes wächst sowie in unserer Recherche: Der Bund wollte keine eigene Impfstoffproduktion haben
Modelle zur Entwicklung
Der Bundesrat hat Modelle zur weiteren Entwicklung erstellen lassen. «Diese ist stark davon abhängig, wie wir uns verhalten», sagt Berset.
Bund zahlt alle Tests
Der Bundesrat hat definitiv entschieden, die Kosten für alle Corona-Tests zu übernehmen, auch bei symptonlosen Personen. Die Offensive soll am 15. März starten. Es soll in Schulen und Unternehmen und überall, wo möglich, getestet werden.
Der Entscheid im Detail: Ab dem 15. März übernimmt der Bund nach den Kosten für die PCR-Tests auch jene für Schnelltests in allen bis anhin zugelassenen Testinstitutionen. Sobald das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Selbsttests für den Markt freigibt, kann jede Person in der Schweiz pro Monat fünf solcher Selbsttests kostenlos in einer Apotheke beziehen. Unternehmen und Schulen sollen zudem kostenlos Pooltests durchführen.
Dritter Lockerungsschritt
Über den dritten Lockerungsschritt hat der Bundesrat noch nicht diskutiert, weil man noch nicht weit genug vorausschauen könne. Die Lage sei noch zu unsicher.
Restaurant-Terrassen
Die Öffnung von Restaurant-Terrassen sei möglich, allerdings müsse man sitzen und es sind nur vier Personen pro Tisch erlaubt, erklärt Berset. «Wir müssen einfach auf die Kontakte achten und unser Verhalten anpassen», sagt Berset dazu. Es sei wichtig, möglichst viel draussen zu machen. Ein Chor könne beispielsweise draussen üben.
Öffnungsschritte trotz labiler Lage
Trotz der labilen Lage wolle der Bundesrat gewisse Lockerungsschritte in Angriff nehmen. «Wir schauen was realistisch und möglich ist», sagt Berset. Je höher eine dritte Welle werde, desto schwieriger werde die Lage.
Schlechte Lage auch im Ausland
Die Lage sei auch in den Nachbarländern Deutschland, Österreich und Italien unsicher, sagt Berset weiter. Ob das an der ansteckenderen Virusvariante liege oder an den Öffnungen ab 1. März, sei noch unklar. «Wir müssen uns auf eine dritte Welle einstellen», sagt Berset.
Lesen Sie dazu auch: Länder mit dritter Welle
Berset beginnt die PK
Die epidemiologische Lage sei leider nicht so, wie es sich der Bundesrat gewünscht habe, sagt Gesundheitsminister Alain Berset. Die Fallzahlen hätten stagniert, teilweise stiegen sie sogar wieder. Zudem seien drei Richtwerte für eine Öffnung nicht gegeben.
Lesen Sie dazu: Die Analyse der Öffnungskriterien
Die Vorschläge im Detail
Ob die epidemiologische Lage eine Lockerung der Massnahmen am 22. März erlaube, ist für den Bundesrat noch offen. Entschieden werden soll in einer Woche – am 19. März. Folgende Lockerungen schickt er bei den Kantonen in die Vernehmlassung:
Restaurants sollen Terrassen öffnen
Restaurants und Bars sollen ihre Terrassen bewirtschaften können. Anders als vom Gastronomieverband gefordert, bleibt der Innenbereich bei einem zweiten Öffnungsschritt geschlossen. Pro Tisch wären draussen vier Personen erlaubt, und alle Gäste müssten ihre Kontaktdaten angeben. Bars und Diskotheken sollen geschlossen bleiben.
Fünf-Personen-Regel
Der Bundesrat will die Fünf-Personen-Regel für private Treffen in Innenräumen aufheben. Neu dürften sich zehn Personen treffen. Es wird weiterhin empfohlen, Zusammenkünfte auf wenige Haushalte zu beschränken.
Fitnesscenter, Chor, Zoos
Nachdem in einem ersten Öffnungsschritt Kinder und Jugendliche wieder am Breitensport teilnehmen konnten, sollen auch die Auflagen für Erwachsene gelockert werden. Sportliche und kulturelle Aktivitäten sollen auf 15 Personen beschränkt werden. Draussen gälte eine Maskenpflicht oder die Abstandsregel – in Innenräumen beides. Sportarten mit Körperkontakt und Wettkämpfe blieben verboten. Bei der Maskenpflicht wären Ausnahmen vorgesehen: Im Fitnesscenter dürfte das Ausdauertraining ohne Maske absolviert werden, und auch das Singen im Chor soll wieder möglich sein. Geschlossen blieben hingegen die Schwimmbäder und Wellnesscenter. Analog zu den Läden und Museen dürften auch Zoos, botanische Gärten und andere Freizeit- und Unterhaltungsbetriebe vollständig öffnen.
Veranstaltungen mit bis zu 150 Personen
Neu sollen auch Veranstaltungen mit Publikum wieder möglich sein. Es gälte jedoch für alle Veranstaltungen eine Masken- und Sitzpflicht. Im Freien wäre die Besucherzahl auf maximal 150 Personen beschränkt – so könnten wieder Fussballspiele oder Open-Air-Konzerte stattfinden. In Innenräumen dürfen höchstens fünfzig Personen anwesend sein, das gilt für Kinos, Theater oder Konzerte.
Präsenzunterricht an Hochschulen
Schliesslich kommt der Bundesrat eine Forderung der Studierenden und Hochschulen nach und sieht in dem zweiten Öffnungsschritt die Wiedereinführung des Präsenzunterrichts vor – allerdings in sehr kleinem Rahmen. Die Obergrenze von 15 Personen müsste auch bei den Lehrveranstaltungen eingehalten werden.
Wer tritt auf?
Bundespräsident Guy Parmelin und Gesundheitsminister Alain Berset informieren ab 14:30 über ihren Öffnungsplan.
Ausgangslage
Der Bundesrat legt heute seinen Vorschlag für weitere Öffnungsschritte aus dem Teil-Lockdown ab 22. März vor. Die Kantone können dazu Stellung nehmen, der definitive Entscheid fällt in einer Woche. Die Hoffnung auf Lockerungen ist gross. Doch die Fallzahlen stagnieren seit zwei Wochen auf relativ hohem Niveau. Seit einigen Tagen steigen sie wieder leicht an und nur drei der vier Richtwerte für weitere Öffnungsschritte liegen über dem kritischen Wert.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zur epidemiologischen Lage in der Schweiz:
Sind die Kriterien für eine weitere Öffnung erfüllt?
Erfüllt ist das Ziel nur bei den Intensivstationen. Hingegen übersteigen der R-Wert, die 14-Tages-Inzidenz und die Rate positiver Tests die festgelegten Werte. Die Details zu den Richtwerten lesen Sie hier.
Welche Lockerungen schlägt der Bundesrat vor?
Zur Diskussion steht die Öffnung von Restaurantterrassen. Als weitere Option gilt die Zulassung von Sportaktivitäten ohne Körperkontakt in Innenräumen. Dazu zählen etwa Fitness- oder auch Tenniscenter. Ausserdem könnte die 5er-Regel für Privattreffen gelockert werden. Die Erlaubnis für Kultur- und Sportveranstaltungen mit wenig Zuschauern steht auf der Kippe. Auch die Homeoffice-Pflicht dürfte kaum jetzt schon fallen (der Artikel zum Thema)
Was sagt die Wissenschaft?
Experten warnen vor zu schnellen und zu weitgehenden Lockerungsschritten. Sie schlagen vor, «vorsichtige, kleine Schritte zu machen». Zur Analyse der Situation aus wissenschaftlicher Sicht. BAG-Chefin Anne Lévy erklärt im Interview, weshalb sie zuversichtlich ist.
Was ist mit den Restaurants?
Vermutlich wird die Bewirtung im Aussenbereich ab 22. März erlaubt. Eine Öffnung der Restaurants auch in Innenräumen ist eher unwahrscheinlich. Eine aktuelle Untersuchung zeigt, wie gross das Risiko ist, sich bei einem Restaurantbesuch anzustecken.
Was wünscht sich die Bevölkerung?
Der Wunsch nach der Öffnung der Restaurantterrassen steht an erster Stelle. 68 Prozent befürworten diesen Schritt auf den 22. März, wie eine im Auftrag von 20 Minuten und Tamedia durchgeführte Onlineumfrage zeigt. 55 Prozent möchten dann auch gleich die Restaurants öffnen. Eine knappe Mehrheit will zudem die 5er-Regel für private Treffen aufheben.
Wo steht die Schweiz beim Impfen?
Gemäss BAG-Zahlen wurden in der Schweiz bis zum 9. März 948’678 Dosen gegen das Coronavirus verabreicht. Knapp 330’000 Menschen in der Schweiz respektive 3,9 Prozent der Bevölkerung sind doppelt geimpft (zum Impfmonitor). Die Impfkampagne zeigt erste Erfolge: Bei den über 80-Jährigen geht die Zahl der Infektionen, Spitaleintritte und Todesfälle deutlich stärker zurück als in allen anderen Altersgruppen (mehr dazu: Drei Grafiken zum Impf-Erfolg).
Wie sieht die Situation im Ausland aus?
Nach einem Rückgang der Corona-Fallzahlen steigt die Zahl der Neuinfektionen in vielen Ländern. Teilweise lockern sie wie Österreich dennoch die Massnahmen, Tschechien hingegen hat verschärft. «Wenn wir das nicht tun, sieht die ganze Welt ein zweites Bergamo in Tschechien», sagte Ministerpräsident Andrej Babis. Die Übersicht: Länder mit dritter Welle
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