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Radikale neue Initiative
Diese junge Frau will Berlin das Auto austreiben

Sie hält das Auto in Städten wie Berlin für ein Relikt aus vergangener Zeit: Nina Noblé (29), Sprecherin der Initiative «Berlin autofrei».  
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Berlin ist schon lange ein Labor für radikale Ideen. Zurzeit werden gerade Unterschriften gesammelt, um die grössten Immobilienbesitzer zu enteignen und deren Wohnungen zu verstaatlichen. Das Vorhaben ist sehr beliebt, trotz des rabiaten Eingriffs in die Eigentumsfreiheit. Und jetzt macht sich eine Initiative daran, die Autos aus der Innenstadt zu verbannen – gleichfalls mit dem politischen Vorschlaghammer.

Nina Noblé ist 29 Jahre alt, Stadtplanerin von Beruf, in Berlin aufgewachsen und Sprecherin der vor eineinhalb Jahren gegründeten Gruppe «Berlin autofrei». Aus ihrer Sicht sind Autos ein Relikt aus vergangenen Zeiten: Sie brauchen zu viel Platz, gefährden Fussgänger und Radfahrerinnen, verpesten die Luft, gefährden das Klima.

Verkehrswende wo?

75 Prozent der Wege in der Innenstadt würden heute mit dem Velo, zu Fuss oder im öffentlichen Verkehr zurückgelegt, sagt Noblé. Die Autos besetzten aber 60 Prozent der Strassenfläche. Der öffentliche Raum sei knapp, deswegen sei das weder effizient noch gerecht. Um Städte lebenswerter zu machen, brauche es einen radikalen Wandel.

Anders als die links-grüne Stadtregierung will sich Noblés Initiative nicht mehr mit Appellen begnügen. Stattdessen hat sie ein 48-seitiges Gesetz für «gemeinwohlorientierte Strassennutzung» entworfen. Es verbietet zwar, grob gesagt, nicht das Auto, aber die private Autofahrt auf Berlins landeseigenen Strassen.

Innerhalb des sogenannten S-Bahn-Rings – er ist so gross wie die Stadt Zürich – dürfte künftig nur noch fahren, wer eine Sondergenehmigung besitzt: Behinderte etwa, Lieferanten, Taxis, Busse, Polizei oder Feuerwehr. Private dürften noch maximal 12-mal im Jahr mit ihrem Auto in der Innenstadt fahren – aber nur für Transporte oder Reisen. Und auch nur, wenn sie sich zuvor online dafür angemeldet hätten. Um 65 Prozent liesse sich der Verkehr so reduzieren, schätzt «Berlin autofrei».

«Arm, sexy und doof»

Ausserhalb der links-grünen Blasen Berlins haben die Pläne bisher vorwiegend Empörung und Spott geerntet. «Arm, sexy und doof» sei die Stadt, meinte ein bekannter Autoexperte. Wenn man ein Auto zwar besitzen, aber nicht mehr benutzen dürfe, würden bürgerliche Freiheitsrechte abgeschafft, klagte der Automobilverband. Selbst die Stadtregierung aus SPD, Grünen und Linken hält das Vorhaben für unrealistisch.

«Die Verkehrswende und die Umverteilung des öffentlichen Raums kommen viel zu langsam voran», begründet Noblé die Radikalität. Im beginnenden Wahlkampf wolle man deswegen der Regierung von links mal ein bisschen Dampf machen. Im Unterschied zu den Grünen glaube man auch nicht, dass Elektroautos die Lösung für lebenswertere Städte seien: «Wir wollen nicht andere Autos, sondern weniger.»

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Seit Sonntag sammelt «Berlin autofrei» Unterschriften. 20’000 davon benötigen die Initianten bis September, das schaffen sie mit links. Falls die neue Stadtregierung danach ihr Vorhaben nicht zu ihrem eigenen macht, müssen sie nächstes Jahr nochmals 170’000 Unterschriften sammeln, damit dieses 2023 zur Abstimmung vorgelegt wird. Auf «50 Prozent Ja, 50 Prozent Nein» schätzt Noblé die Meinungslage in ihrer Stadt. Schliesslich habe schon jetzt mehr als jeder zweite Haushalt kein Auto mehr.