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Treffsicherer Geruchsinn
Diese Hunde erschnüffeln Corona

Kann Corona erschnüffeln: Labrador Bobby schnuppert an der Fakultät für Veterinärwissenschaften der Chulalongkorn-Universität in Bangkok an Schweissproben (21. Mai 2021).
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Es ist ein grosser Erfolg: Unter kontrollierten Bedingungen können sie an Corona erkrankte Menschen zu 96,2 Prozent erkennen. Die Rede ist dabei nicht von gewöhnlichen Corona-Tests, sondern von Bobby, Angel, Bravo, Apollo, Tiger und Nasa – den Corona-Spürhunden und Stars der Chulalongkorn-Universität in Bangkok. Die sechs thailändischen Labradore sind laut «New York Times» Teil eines Forschungsprojekts, das Hunde darauf trainiert, Covid-19 bei Menschen zu erschnüffeln.

Dafür wurden den Labradoren schweissgetränkte Wattebällchen aus den Socken und Achselhöhlen von mit dem Virus infizierten Personen vorgelegt. Die thailändischen Hunde trainierten rund 600 Schnüffelvorgänge pro Tag. Mit Erfolg: Nach nur wenigen Monaten machten die Hunde jeweils gehorsam Platz, sobald sie die zellulären Nebenprodukte von Covid-19 auf den Proben wahrnahmen. Laut den Forschern ist diese Methode für die Tiere völlig ungefährlich, da das Coronavirus nicht durch Schweiss übertragen werde.

Die Chulalongkorn-Universität arbeitet bei diesem Projekt mit dem US-Ölkonzern Chevron zusammen, der zuvor bereits Hunde eingesetzt hatte, um seine Offshore-Mitarbeiter auf illegalen Drogenkonsum zu testen. Laut «New York Times» hatte sich ein thailändischer Manager die Frage gestellt, ob die Tiere dasselbe mit dem Coronavirus tun könnten. Denn die Fähigkeit eines Hundes, Covid-19 zu erschnüffeln, unterscheidet sich theoretisch nicht von seiner Fähigkeit, Rauschgift, Sprengstoff oder ein Hundeguetsli aufzuspüren. Zudem haben Forschungen ergeben, dass einige Hunde auch andere Krankheiten wie Malaria, Diabetes, Parkinson und bestimmte Krebsarten erkennen können.

Vorteile gegenüber Schnelltests

Aufgrund ihrer Fähigkeiten werden Hunde mittlerweile nicht nur in Thailand, sondern auch in Frankreich, Grossbritannien, Chile, Australien, Belgien, Deutschland und in den Vereinigten Staaten darauf ausgebildet, das Coronavirus zu erschnüffeln. Ausgebildete Hunde haben bereits Flughäfen in Finnland, im Libanon und in den Vereinigten Arabischen Emiraten patrouilliert. In Amerika wurden sie von privaten Unternehmen bei Sportveranstaltungen eingesetzt.

Corona-Spürhund Sammy trainiert in Bredene, Belgien, seine empfindliche Nase (3. März 2021).

Denn Corona-Spürhunde bringen laut Forschern gleich mehrere Vorteile gegenüber den herkömmlichen Testmethoden mit sich. Vorläufige Studien, die in mehreren Ländern durchgeführt wurden, deuteten darauf hin, dass ihre Erkennungsrate die der Antigen-Schnelltests übertreffen könnte. Doch nicht nur wegen des treffsicheren Geruchsinns der Vierbeiner hoffen Wissenschaftler, dass die Hunde an stark frequentierten öffentlichen Orten wie Flughäfen oder Fussballstadien eingesetzt werden könnten, um Menschen zu identifizieren, die das Virus in sich tragen.

Laut Befürwortern arbeiten Spürhunde nämlich auch weitaus schneller als PCR-Tests. Ein kurzes Schnüffeln mit ihrer empfindlichen Hundeschnauze reiche aus, um innerhalb einer Sekunde den Cocktail von chemischen Verbindungen zu identifizieren, die eine Person mit Covid-19 geschädigte Zellen ausscheide, so die Forscher.

Hunde können charakteristischen Geruch erkennen

«PCR-Tests sind nicht unmittelbar, und es gibt falsch negative Ergebnisse, während wir wissen, dass Hunde Covid-19 bereits in seiner Inkubationsphase erkennen können», sagte Anne-Lise Chaber, eine interdisziplinäre Gesundheitsexpertin der veterinärmedizinischen Fakultät an der Universität von Adelaide in Australien, der «New York Times». Chaber hat selbst ein halbes Jahr lang mit 15 Corona-Spürhunden gearbeitet.

Hunde sind laut Wissenschaftlern dazu in der Lage, das Coronavirus zu erkennen, weil infizierte Lungen und Luftröhren einen charakteristischen Geruch produzierten. «Für Hunde ist der Geruch offensichtlich – genau wie gegrilltes Fleisch für uns», sagt Kaywalee Chatdarong, stellvertretender Dekan für Forschung und Innovation an der Fakultät für Veterinärwissenschaften der Chulalongkorn-Universität in Bangkok. Zudem bräuchten Hunde im Vergleich zu PCR-Tests weniger Moleküle, um Covid-19 zu erkennen, so die thailändischen Forscher.

Die Corona-Spürhunde Valo (links) und E.T. werden am Flughafen Helsinki in Vantaa, Finnland, darauf trainiert, die ankommenden Passagiere auf das Coronavirus zu testen (22. September 2020).

Ein weiterer Vorteil: Von Hunden durchgeführte Tests sind auch weitaus billiger als andere Corona-Tests. Lertchai Chaumrattanakul, der einen Teil des Hundeprojekts leitet, räumte gegenüber «New York Times» zwar ein, dass Labradore teuer seien und in Thailand etwa 2000 Dollar kosteten. Doch die Kosten für die Grundausstattung für Hundetests beliefen sich lediglich auf etwa 75 Cent pro Probe. Das sei weitaus günstiger als das, was für andere Arten von Schnelltests benötigt werde.

Corona-Hotspots erkennen

Drei der ausgebildeten Corona-Spürhunde sind zurzeit im tiefen Süden des Landes, nahe der Grenze zu Malaysia, stationiert. Laut dem thailändischen Gesundheitsministerium sind dort nämlich gefährliche Covid-19-Varianten ins Land gelangt. Bobby, Angel und Bravo arbeiten hingegen in der veterinärmedizinischen Fakultät der Chulalongkorn-Universität, wo sie in ehemaligen Studentenwohnungen leben. Auf dem Dach gibt es einen Kunstrasen für schnelle Boxenstopps, und die Hunde können sich täglich auf einem Fussballfeld der Universität austoben.

Ansonsten wandern die Vierbeiner jedoch täglich ein paar Stunden lang in einem Raum auf und ab, der mit Metallarmen ausgestattet ist, an denen Schweissproben baumeln. Im Vorbeigehen schnüffeln die Hunde bis zu zehnmal pro Sekunde und trainieren ihren Geruchsinn auf das Coronavirus. Dann ziehen sie sich in ihren Wohnbereich zurück, um ein wohlverdientes Nickerchen zu machen.

Die in Bangkok stationierten Labradore untersuchen mittlerweile auch Schweissproben von älteren und bettlägerigen Menschen, die die Corona-Teststellen nicht so leicht erreichen können. Denn Thailand erlebt gerade den schlimmsten Ausbruch des Coronavirus seit Beginn der Pandemie. Impfstoffe sind knapp, und weniger als zwei Prozent der Bevölkerung sind geimpft worden. Forscher an der Chulalongkorn-Universität haben deshalb eine mobile Einheit entwickelt, mit der sie zu möglichen Corona-Hotspots fahren wollen. Dort sollen die Hunde Gebiete ausfindig machen, in denen Massentests erforderlich sind.

Weitere Forschung notwendig

Trotz des Erfolgs der Forschungsprojekte gibt noch viele offene Fragen zum Einsatz von Corona-Spürhunden. Die da wären: Wie riechen denn geimpfte Menschen? Wie einfach wird es sein, Corona-Spürhunde auf der ganzen Welt zu trainieren? Was ist, wenn die Person, die von einer Hundenase getestet wird, keine grosse Ausdünstung hat? Was ist, wenn ein Hund sich mit Covid-19 ansteckt und seinen Geruchssinn verliert?

Darüber macht sich auch Cynthia Otto, Direktorin des Penn Vet Working Dog Center an der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität von Pennsylvania, Gedanken. Sie sagte der «New York Times», dass weitere Forschung darüber notwendig sei. Bis dahin mache sie sich jedoch Sorgen, dass Menschen, die positiv seien, von den Hunden unentdeckt blieben.

Doch der am Hundeprojekt mitwirkende Lertchai Chaumrattanakul glaubt fest daran, dass die Corona-Spürhunde ein Segen sein könnten – besonders in Ländern, die keine Ressourcen für teurere Tests hätten. «Corona wird nicht verschwinden, und es wird neue Varianten geben», sagte er zur US-Zeitung. «Hunde wollen hilfsbereit sein, also sollten wir sie einsetzen.»

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