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Börsengang von Oatly-Hafermilch
Die zufällige Entdeckung ist jetzt 12 Milliarden wert

Erfolgreiche Alternative zur Kuhmilch: Oatly in einem amerikanischen Kühlregal.
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Um Milch herzustellen, braucht es längst keine Kühe mehr. Den Schaum auf dem Cappuccino, das Weisse im Milchkaffee oder die Flüssigkeit fürs Müesli liefern immer häufiger Hafer, Soja, Mandeln und andere Pflanzen. Zwar taucht der Begriff «Milch» nirgendwo auf den Verpackungen auf, auf Betreiben der Milchindustrie darf das Gebräu nicht so genannt werden.

Doch Verbraucher scheren sich um derlei Haarspalterei wenig, Begriffe wie Hafer- oder Mandelmilch sind buchstäblich in aller Munde – und neuerdings kommen sie auch Investoren mit wachsender Begeisterung über die Lippen. Grund dafür ist der erfolgreiche Börsengang des schwedischen Haferdrinkherstellers Oatly in New York vom Donnerstag: Der Wert der Aktie legte im Tagesverlauf um knapp 19 Prozent zu und kletterte vom Einstiegspreis von 17 Dollar auf 20,20 Dollar bei Börsenschluss.

Das Image der Kuh hat gelitten

Traditionelle Molkereikonzerne können von so viel Enthusiasmus an der Börse nur träumen. Was also ist da passiert? Tatsächlich hat der Hype um Pflanzendrinks wohl auch viel mit der Image-Frage zu tun. Sicher ist: Das Ansehen der Kuh hat in den vergangenen Jahren gelitten. Deren intensive Haltung ist nicht nur schlecht für Umwelt und Klima, sondern oft auch schlecht für die Tiere selbst, wie auch für viele Landwirte, die unter enormem Kostendruck stehen. Da haben es Hafer und Co. schon leichter.

Das Kalkül für die Investoren ist simpel: Sie stecken ihr Geld gern in Märkte, die gutes Wachstum versprechen. Die Nachfrage nach Milchersatzprodukten wächst stetig, während die für das Original stagniert. Immer mehr Menschen wollen sich nicht nur gesünder, sondern auch umwelt- und klimaschonend ernähren. Weltweit wird die Zahl der Veganer und Vegetarier von deren Branchenverbänden auf eine Milliarden Menschen geschätzt, Tendenz steigend.

Innerhalb Europas liegen Italien, Österreich, Deutschland und Grossbritannien vorn, mit einem Anteil von etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Global an der Spitze liegt Indien, mit einem Vegetarieranteil von knapp 40 Prozent. In den USA geht man von fünf Prozent Vegetariern und zwei Prozent Veganern aus.

Freudentag: Am Donnerstag flatterte die Flagge über den Produktionanlagen im schwedischen Landskrona auf Vollmast.

Aber das erklärt den Erfolg von Oatly an der Börse nur zum Teil. Das Unternehmen teilte seine US-Hinterlegungsscheine (ADS) in der Nacht auf Donnerstag zu je 17 Dollar zu, am oberen Ende der Zeichnungsspanne, die von 15 bis 17 Dollar reichte.

Zur Eröffnung am Donnerstag lag der Aktienkurs bei gut 22 Dollar. Oatly und einige seiner Anteilseigner nehmen mit der Emission bis zu 1,65 Milliarden Dollar ein, davon gehen 1,1 Milliarden an das Unternehmen selbst. Total hat es nun einen Börsenwert von 12 Milliarden Dollar. Organisiert wurde die Emission von der Credit Suisse, Morgan Stanley und JP Morgan.

Der Mann hinter der Erfolgsgeschichte heisst Toni Petersson, seit 2012 ist er Chef des Pflanzenmilchherstellers. Er versteht es, sich und das Unternehmen ins Rampenlicht zu rücken. Dabei hilft auch eine illustre Investorenschar, zu der etwa der frühere Starbucks-Chef Howard Schultz, die Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey, die Schauspielerin Natalie Portman und der Rapper Jay Z gehören.

Ein Professor für Lebensmittelchemie, hatte jahrelang zum Thema Laktoseintoleranz geforscht, einen Milchersatz auf Haferbasis entwickelt er dabei eher nebenbei

Petersson mischt sich zudem gern in die Politik ein, in Deutschland etwa mit einer Petition für eine CO₂-Kennzeichnung von Lebensmitteln. Die wurde so gut unterzeichnet, dass sich das dortige Parlament, der Bundestag, damit befassen muss.

Dabei war der Weg des 1994 von den Brüdern Rickard und Björn Öste gegründeten Unternehmens so nicht absehbar, die Erfindung der Hafermilch eher ein Zufallsprodukt. Rickard Öste, ein Professor für Lebensmittelchemie, hatte jahrelang zum Thema Laktoseintoleranz geforscht, einen Milchersatz auf Haferbasis entwickelt er dabei eher nebenbei. Sein älterer Bruder Björn verkaufte schliesslich seine Computersicherheitsfirma, gemeinsam stiegen sie in die Lebensmittelindustrie ein.

Ziemlich hip: Toni Petersson.

Es ist offenbar der Mix aus positivem Image, Wachstumsfantasie und geschicktem Marketing, die die Oatly-Aktie für Investoren so unwiderstehlich macht. Die Wertsteigerung ist massiv: Noch vor knapp einem Jahr, bei der letzten, 200 Millionen Dollar schweren Finanzierungsrunde, wurde das Unternehmen mit etwa zwei Milliarden Dollar bewertet.

Finanzinvestor Blackstone hatte daran massgeblichen Anteil. Grösster Aktionär bleibt auch nach dem Börsengang Verlinvest, die Beteiligungsfirma der Eigentümerfamilie des Brauereiriesen Anheuser-Busch InBev. Sie hatte über ein Gemeinschaftsunternehmen mit der staatlichen China Resources 2016 in Oatly investiert.

Auch Nestlé will dabei sein

Eine gesunde Portion Skepsis ist aus Anlegersicht dennoch angebracht. Oatly ist auf dem US-Markt erst seit 2017 präsent und verkauft weltweit in mehr als 20 Ländern. Die Konkurrenz ist inzwischen gross. So plant Nestlé die Lancierung  einer Pflanzenmilch aus gelben Erbsen.

Selbst grosse und kleine Molkereiunternehmen wie der schwedisch-dänische Arla-Konzern oder die Deutsche Schwarzwaldmilch-Gruppe springen auf den Zug auf und bieten ihrerseits Pflanzendrinks und andere Produkte wie Joghurtersatz an. Damit wächst auch das Angebot, der Druck auf die Preise und die Gewinnmargen.